Erneut wird auf Stormarns Autobahnen eine in die Kritik geratene neue Rezeptur verwendet. Das spart 600.000 Euro

Bad Oldesloe. Eine neue Methode soll diesen Winter für eisfreie Autobahnen im Kreis Stormarn sorgen. Erst sprühen, dann streuen, lautet die Devise. Doch die Taktik bleibt umstritten. Denn an dem Gemisch ändert sich nichts. Wie berichtet, setzte die Autobahnmeisterei im vergangenen Winter erstmals Natriumchlorid- statt Magnesiumchlorid-Sole ein. Beide Salzlösungen werden zusammen mit körnigem Salz auf die Fahrbahn gestreut. Doch bei der Wirkung gibt es einen großen Unterschied.

„Die Natriumchlorid-Sole wirkt bis minus sechs Grad, Magnesiumchlorid bis minus zwölf Grad Celsius“, sagt Jörg Becker, Chef der Oldesloer Autobahnmeisterei. Weil im vergangenen Winter Temperaturen von minus 16 Grad Celsius herrschten und die A1 zwischen Hamburg und Lübeck trotz des Winterdienstes spiegelglatt war, sorgte das Vorgehen insbesondere beim Kreis und bei Stormarner Firmen für Unverständnis. Eine Serie von Unfällen hatte Vollsperrungen zur Folge und der Sachschaden allein am 15. Januar summierte sich auf eine Viertelmillion Euro. „Die Verantwortlichen müssen jetzt bitte gucken, ob sie nicht etwas ändern sollten“, sagte Landrat Klaus Plöger damals.

Ein Appell, dem der Wirtschaftsausschuss im Landtag folgte und den Zusammenhang zwischen neuer Streumethode und Unfällen genauer untersuchen ließ. Das Ergebnis liegt nun vor. Offenbar sieht das Land keinen Zusammenhang. „Glätte war in erster Linie nicht die Ursache für die vielen Unfälle“, sagt Harald Haase, Sprecher des Wirtschaftsministeriums.

In einem Bericht heißt es, dass zwischen dem 11. Januar und 19. März auf der A 1 im Kreis Stormarn 22 Unfälle registriert wurden, an denen Lastwagen beteiligt waren. Die Hälfte davon ereigneten sich am 15. Januar (minus zwölf Grad Celsius) und am 11. März (mit 42Zentimeter die höchste Schneedecke des Winters). Doch laut Polizei ist in 20 der Fälle eine nicht den Straßenverhältnissen angepasste Geschwindigkeit die Unfallursache gewesen.

Somit kommt weiterhin die weniger effektive Natriumchlorid-Sole zum Einsatz. Aber es gibt dennoch eine Neuerung. „Wir wollen ab diesem Winter präventiv tätig werden“, sagt Jörg Becker. Bevor Frost einsetzt oder Schnee fällt, sollen die Fahrbahnen vorbeugend mit reiner Natriumchlorid-Sole besprüht werden. „Darin liegt der erhebliche Sicherheitsgewinn für die Verkehrsteilnehmer“, sagt Harald Haase. Denn eine Eisfläche könne sich dann nicht so schnell bilden. „Die Autobahnmeisterei in Elmshorn hat diese Methode in den vergangenen drei Jahren auf der A 23 getestet – mit einem positiven Ergebnis“, sagt Becker. Seine Mitarbeiter und er bekommen Anfang Dezember speziell für diese Sprühmethode ein neues Fahrzeug. Es hat statt einer Streuvorrichtung Düsen.

Hat sich aber erst mal eine Eisschicht gebildet, ist Sprühen nutzlos, und es muss wieder gestreut werden. Darauf sind die Mitarbeiter der Autobahnmeisterei bereits vorbereitet. Die Salzlager sind bis zur Decke gefüllt. In den Hallen an den Autobahnen lagern etwa 2050 Tonnen Natriumchlorid. „Wir haben schon angefangen zu streuen“, so Becker. Seine Mitarbeiter sind für 100 Kilometer Autobahn sowie für die Parkplätze und Zubringern zuständig. Etwa drei Stunden dauert eine „Streurunde“, wie Becker es nennt. Er hofft aber, dass es künftig schneller geht. Denn mit der Sprühmethode bilde sich zwischen Fahrbahn und Schnee- oder Eisdecke eine Schicht, die das Räumen erleichtere. „Wir können dann schneller fahren“, sagt Becker. Das wäre auf jeden Fall ein Vorteil, denn seitdem nicht mehr Magnesiumchlorid zum Einsatz kommt, muss häufiger beziehungsweise in kürzeren Abständen gestreut werden.

Für den Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr in Schleswig-Holstein rechne sich die neue Methode dennoch. „Wir sparen jährlich 600.000 Euro“, sagt Behördenleiter Torsten Conradt. Denn Magnesiumchlorid-Sole musste zuvor bestellt und an die Straßenmeistereien im Lande geliefert werden. Natriumchlorid-Sole können die Meistereien selbst herstellen. Jörg Becker: „Wir sind nicht mehr auf Lieferanten angewiesen.“ Während des harten Winters 2009/2010 waren den Straßenmeistereien die Vorräte ausgegangen.