Gutachten geht für Stormarn von 148 Hektar Flächenbedarf bis 2025 aus. Das ist mehr, als zurzeit möglich erscheint

Ahrensburg. Die Nachfrage nach Gewerbeflächen in Stormarn wird einem im Auftrag der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS) erstellten Gutachten zufolge in den kommenden Jahren unvermindert anhalten. Experten der Lübecker Beratungsgesellschaft CIMA beziffern den Bedarf bis zum Jahr 2025 mit knapp 148 Hektar. Gleichzeitig stellen sie fest, dass er nach dem jetzigen Stand der Dinge nicht gedeckt werden kann: In Stormarns bestehenden Gebieten sind nur noch 65 Hektar frei. 80 weitere Hektar haben die Gutachter als sogenannte Potenzialfläche ausgemacht. Dazu zählen sie nahezu jedes Stück Land im Kreis, über das schon einmal im Zusammenhang mit Gewerbe gesprochen worden ist. Aber: Ausreichen würde selbst das nicht, sollten sich die heute vorhergesagten Zahlen bewahrheiten.

„Der Markt schreit offenbar nach Gewerbeflächen“, sagt der CDU-Kreistagsabgeordnete Detlev Hinselmann, der Vorsitzender des Wirtschafts-, Planungs- und Bauausschusses ist – des Gremiums, das die Expertise jetzt erstmals vorgestellt bekommen hat. Gebiete auszuweisen liege in der Hoheit der Städte und Gemeinden, das respektiere der Kreis natürlich. „Wir werden sie aber animieren, etwas zu entwickeln, denn wir müssen aufpassen, dass Stormarn nichts flöten geht.“

Die Gutachter sprechen eine ähnliche Sprache. Von „Baulandknappheit“ ist die Rede, sie resultiere aus oft „fehlender Entwicklungs- oder Verkaufsbereitschaft beziehungsweise überzogenen Preisvorstellungen oder Unternutzung durch die jeweiligen Flächeneigentümer“. Sie empfehlen: „Zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftskraft und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Wachstum gilt es, die Flächenbedarfe durch entsprechende Angebote zeitnah zu bedienen.“

In der Praxis dürfte das nicht so leicht sein. Denn viele der bereits vorhandenen oder potenziellen Flächen finden nur eingeschränkt Gefallen bei Investoren. Ein in zunehmendem Maße bedeutsames Kriterium ist die Autobahnnähe. Der Maßstab, was eigentlich „autobahnnah“ ist, ist dabei offenbar immer enger zu fassen ist. 500 Meter bis zur nächsten Abfahrt etwa bedeutet dem Gutachten zufolge „unmittelbare Autobahnlage“, bei bis zu einem Kilometer ist immerhin noch von „höchster Qualitätsstufe“ die Rede. Während im Jahr 2009 knapp 48 Prozent der Gewerbeflächenverkäufe in eine der beiden Kategorien fielen, waren es im vergangenen Jahr bereits nahezu 70 Prozent.

Der Anteil verkaufter Gewerbeflächen, die mehr als zwei Kilometer von einer Autobahnauffahrt entfernt liegen, ist im selben Zeitraum von gut 51 auf 27 Prozent gesunken. Mehr als zwei Kilometer – laut Gutachten ist das „nicht autobahnnah im eigentlichen Sinne“.

Einstige Vorzeigestandorte wie Ahrensburg haben angesichts dieser Prioritätenverschiebung das Nachsehen. In der Erweiterung des Gewerbegebietes Beimoor-Süd erkennt die Expertise zwar eine Potenzialfläche von 20 Hektar Größe. Gleichzeitig stellen die Autoren fest, dass in der Schlossstadt im Mittel der vergangenen Jahre nur eine Nachfrage nach 2725 Quadratmetern pro Jahr bestanden hat. Das hieße: Es würde 73 Jahre dauern, bis das Gewerbegebiet gefüllt wäre.

Andere Standorte wie das gemeinsame Gewerbegebiet von Reinfeld und Stubbendorf liegen zwar unmittelbar an der Autobahn, haben aber den Nachteil, dass sie ungleich weiter von der Metropole Hamburg entfernt sind. Dort gibt es wohl auch deshalb noch 20 Hektar im Bestand, deren Vermarktung sich aber offenbar weitaus schwieriger gestaltet als im Süden des Kreises. Doch selbst im Süden unmittelbar an der Autobahn ist Gewerbeansiedelung kein Selbstgänger. Der Plan, bei Barsbüttel 15Hektar Gewerbegebiet länderübergreifend auszuweisen, droht gerade an widerstreitenden Interessen zu scheitern (wir berichteten).

Die Gutachter empfehlen insofern, dass die einzelnen Standortkommunen ihre Gewerbegebiete quasi spezialisieren, um vermeintliche Nachteile wettzumachen. In Beimoor-Süd in Ahrensburg etwa könne der Entwicklungsschwerpunkt „auch angesichts der Distanz zur BAB-Anschlussstelle auf wirtschaftsnahe Dienstleistungen und wissensintensive Produktion gelegt werden“. Dafür bietet sich nach Einschätzung der Gutachter auch eine besonders hochwertige Gestaltung an, so könnte das Gebiet etwa von Grünanlagen durchzogen werden.

Acht bei Hammoor angedachte Hektar Gewerbegebiet sollten dagegen fast ausschließlich genutzt werden, um einen Autohof zu bauen.

Ferner empfehlen die Gutachter eine Erweiterung des gemeinsamen Gewerbegebiets Stapelfeld/Braak. Bargteheide-Langenhorst solle trotz seiner eher schleppenden Vermarktung ebenso erweitert werden wie das beinahe voll gelaufene Gebiet in Trittau. Für beide Standorte lägen der WAS mehrere Anfragen vor.

Zehn Hektar Potenzialfläche im Norden des Kreises bei Mönkhagen an der A 20, sind auch aus gutachterlicher Sicht noch mit einem ganz dicken Fragezeichen versehen. Die Schnellstraße endet wenige Kilometer nordwestlich der Gemeinde und wird bis heute verhältnismäßig wenig befahren. Die Option Mönkhagen, heißt es, sei nur im Falle eines Weiterbaus der A 20 relevant.