Heftige Diskussionen um die Zukunft der St. Johanneskirche. 130 Besucher verfolgen Gemeindeversammlung in Ahrensburg

Ahrensburg. Kirchen sind ein Ort der Ruhe, Nächstenliebe und Besinnlichkeit. Und ein Platz, an dem die gesprochenen Worte wohlüberlegt sind. Normalerweise jedenfalls. Bei der Gemeindeversammlung der evangelischen Kirchengemeinde Ahrensburg war davon nicht viel zu spüren: Anschuldigungen, hämische Zwischenrufe. Einem Kritiker des Kirchgemeinderats wurde sogar das Wort entzogen. Propst Hans-Jürgen Buhl, der die Veranstaltung in der Schlosskirche am Sonntag leitete, schüttelte mehrmals verständnislos den Kopf und bat nicht nur einmal um ein respektvolleres Verhalten. Grund für die miese Stimmung in der Kirchengemeinde ist der Streit um die Entwidmung der St. Johanneskirche an der Rudolf-Kinau-Straße, die aus finanziellen Gründen seit mehreren Monaten geschlossen ist. Der letzte Gottesdienst wurde dort am 30. Juni gefeiert.

Förderverein kritisiert mangelnde Transparenz der Verantwortlichen

Zuletzt wurde der Ton immer rauer, insbesondere zwischen dem Förderverein St. Johannes und dem Kirchengemeinderat, der bei der Nordkirche einen Antrag auf Entwidmung gestellt hat. Der Förderverein um den Vorsitzenden Hans-Peter Hansen will die Schließung nicht akzeptieren. Er sagt: „Der Kirchenvorstand ist falsch beraten worden. Hier wird nicht mit offenen Karten gespielt. Zahlen zur finanziellen Misere wurden zwar genannt, aber nichts begründet. Wir müssen einen neuen Weg finden. Der Haushalt muss modifiziert werden, dann gibt es andere Lösungen.“

Die sieht der Kirchengemeinderat nicht. Er hält an der Schließung des Gotteshauses fest, das machte Pastorin Anja Botta am Sonntag noch einmal deutlich. „Aufgabe bedeutet immer emotionaler Schmerz. Aber nicht alles lässt sich erhalten, dafür wird Neues entstehen“, sagte sie. Kostenbewusstsein statt Erhaltung von Doppelstrukturen gab sie als künftige Devise aus.

Kritiker werfen der Kirchenführung vor, sie lasse es an Transparenz mangeln. „Sie haben sich jeglicher Diskussion verweigert. Wenn das so bleibt, werden Sie noch viel Ärger mit uns bekommen“, drohte Manfred Kloevekorn der Pastorin. So wie Klaus Tuch vom Förderverein wollten viele Besucher wissen, ob auch alle Maßnahmen geprüft worden seien, um die Schließung zu verhindern. „Denn Kirchen sind öffentliche Orte, die man nicht so ohne Weiteres schließt“, kritisierte er. Laut Propst Buhl ist das nicht der Fall gewesen. „Wir haben mehr als eineinhalb Jahre beraten. Und es war gewiss nicht einfach, die Personen im Kirchengemeinderat zu überzeugen. Die Durchsetzung der Überlegung hat lange gedauert“, sagte Buhl.

Pastorin Angelika Weißmann setzte sich energisch zur Wehr

Immer wieder wurde deutlich, wie stark die Fronten verhärtet sind und es in der Kommunikation zwischen Förderverein und Kirchengemeinderat hakt. So beschwerte sich Imgard Hübner, dass der Seniorenkreis noch keine Bleibe gefunden habe. Daraufhin ergriff Pastorin Angelika Weißmann mit strengem Blick das Wort. „Es ist allen Gruppen ein Raum angeboten worden“, sagte sie in erhöhter Tonlage. Nur sei das nicht von jedem wahrgenommen worden. Passend dazu: Propst Buhl beklagte zudem, dass vom Förderverein zuletzt zu viele haarsträubende Dinge in die Welt gesetzt worden seien.

Der Ahrensburger Diplombetriebswirt Christian M. Werner, Vorsitzender des Finanz- und Controllingausschusses der Kirchengemeinde, verdeutlichte anhand von Zahlen, dass die Schließung der St. Johanneskirche unumgänglich sei: „Dadurch beträgt die strukturelle Entlastung 40.000 Euro. Das bezieht sich auf das Gebäude und die Energiekosten.“ Laut Anja Botta beträgt das Haushaltsdefizit für 2013 rund 80.000 Euro. Zudem belaufen sich die Schätzungen für eine Sanierung von Gemeindehaus und Kirche an der Rudolf-Kinau-Straße auf rund 600.000 Euro. Der Kirchengemeinderat beteuerte, dass alle Entscheidungen abgewogen worden sein.

Für Hermann Jochen Lange, einen Kritiker des Rats, reichten derartige Bekundungen nicht aus. Als der Architekt Werner zum Rücktritt auffordern wollte, funkte Propst Buhl dazwischen und entzog ihm das Wort.

„Die Gräben sind tief. Und es wird sicher einige Zeit dauern, bis alles wieder in geregelten Bahnen verläuft“, sagte Buhl dem Abendblatt nach der Veranstaltung.

Vorerst könnte die Lage aber weiter eskalieren. Denn der Förderverein ist wild entschlossen, alle Register zu ziehen. Zwar wurde der Antrag auf Bildung eines runden Tisches mit Fördervereins- sowie Kirchengemeinderatsmitgliedern von der Gemeindeversammlung angenommen, Hans-Peter Hansen vom Förderverein bezweifelt jedoch, dass es ein Treffen in dieser Konstellation geben wird. „Diese Situation hatten wir schon mal, dann hat der Kirchenvorstand, der über Anträge entscheidet, ihn nicht durchgewinkt.“

Hansen kündigte für den Fall der Entwidmung juristischen Widerstand an

Hansen und seine Mitstreiter bekräftigen zwar, die Ahrensburger Kirche unterstützen zu wollen. Auf der anderen Seite verstehen sie keinen Spaß, wenn es um die St. Johanneskirche geht, das wurde ebenso deutlich. „Wir wollen mit dem Kirchengemeinderat reden. Am besten wäre es, so schnell wie möglich einen Schlichtungstermin zu finden“, sagt der Vereinsvorsitzende. Drei Monate habe der Kirchenvorstand jetzt Zeit, um über die angenommenen Anträge der Gemeinde zu beraten.

Womöglich ist es dann schon zu spät. Laut Buhl ist das Prüfungsverfahren zur Entwidmung in vollem Gange. Sollte die Nordkirche dem Antrag des Kirchengemeinderates entsprechen, werde der Förderverein alle juristischen Möglichkeiten ausschöpfen, um das zu verhindern, kündigte Hansen an.