Tornado zerstört Vier-Sterne-Hotel in der Türkei. Eine Oststeinbekerin und zwei Glinder erlebten die Katastrophe. Die Bilder sind immer noch im Kopf

Glinde . Seit Montagnacht sind die Oststeinbekerin Ellen Renate Sterzing, 70, sowie Harald Friedrich, 78, und Margot Brandt, 77, aus Glinde wieder zurück aus dem Türkei-Urlaub – aber in Gedanken noch oft am Ort des Schreckens. Die Erlebnisse der vergangenen Woche wird das Rentner-Trio nie vergessen. „Jeden Abend, wenn ich schlafen gehe, kommen die Bilder wieder. Diese Naturgewalten, es war einfach furchterregend“, sagt Brandt.

Es sind Bilder der Zerstörung: zersplitterte Fensterscheiben, herumfliegende Dachziegel, abgedeckte Bungalows und 20 Meter hohe Bäume, die in Bruchteilen von Sekunden einfach umkippten. Das Hotel der Stormarner wurde durch einen Tornado verwüstet und musste geschlossen werden.

Sarigerme an der Ägäis, ein beschaulicher Ort im Südwesten der Türkei mit einem kilometerlangen, flach abfallenden Sandstrand. Aneinandergereihte Hotelhochburgen sucht man hier vergebens. Ein halbes Dutzend Unterkünfte mit All-inclusive-Leistung ist liebevoll in die atemberaubende Landschaft integriert worden und verspricht puren Urlaubsgenuss. Wer einmal dort gewesen ist, kommt immer wieder gern zurück: Das schreiben viele Gäste über das Iberotel Sarigerme Park im Internet auf Deutschlands größtem Hotelbewertungsportal. Sie schätzen die Lage, kristallklares Wasser, das gute Essen und den Service in der weitläufigen Vier-Sterne-Unterkunft mit 375 Zimmern.

So auch Harald Friedrich. „Ich war in den 90er-Jahren bis 2002 bereits sechsmal dort und hatte schon seit längerer Zeit vor, erneut zu buchen“, sagt der Glinder. Als seine beiden Bekannten ebenfalls Interesse bekundeten und schließlich zusagten, schien der Traumurlaub perfekt.

Dafür mussten die Stormarner tief in den Geldbeutel greifen. 2500 Euro pro Person zahlten Sterzing und Friedrich, die ein Doppelzimmer bewohnten. Brandt war für das dreiwöchige Rundum-Sorglos-Paket wegen alleiniger Nutzung seines Zimmers sogar mit knapp 2800 Euro dabei. „Am Anfang war auch alles wunderbar“, sagt Sterzing. Das Essen habe prima geschmeckt, der Strand sei phänomenal und das Dartspielen am Pool unterhaltsam gewesen. Eben so, wie man sich die schönsten Tage des Jahres vorstellt.

Und die verlebten die Rentner zweieinhalb Wochen lang – bis zu jenem 17. Oktober. Der Tag, an dem der Tornado eine Schneise der Verwüstung hinterließ.

Für Margot Brandt sind diese Momente allgegenwärtig. Sie kann sich noch genau erinnern: „Gegen 9 Uhr haben wir gefrühstückt. Draußen hat es stark geregnet, deswegen haben wir danach die Zimmer aufgesucht. An einen Aufenthalt im Freien war gar nicht zu denken.“ Die 77-Jährige saß direkt vor dem Fenster ihres Zimmers, als sie gegen 11 Uhr eine dunkle Regenwand auf sich zukommen sah. „Plötzlich gab es einen Knall, die Scheibe zerbrach in kleine Einzelteile. Nur gut, dass zwischen dem Glas und mir noch ein Insektenschutzgitter angebracht war. Das hat die Splitter von mir ferngehalten. Ich hatte Todesangst“, sagt Brandt.

Laut Sterzing habe der Sturmwirbel gerade einmal eine Minute gedauert. „Ich konnte wegen der Regenwand schlecht sehen, dafür aber gut hören.“ Zum Beispiel, wie sich Dachziegel in Geschosse verwandelten und mit ihren spitzen Ecken in die Türen des Eingangsbereichs einschlugen. „Wenn wir zu diesem Zeitpunkt draußen gewesen wären, hätte ich den heutigen Tag nicht mehr erlebt“, sagt sie. Es sei ein Wunder, dass niemand ernsthaft zu Schaden gekommen sei. Lediglich ein Hotelangestellter habe sich den Arm gebrochen. Das bestätigt auch Anja Braun, Sprecherin beim Veranstalter TUI: „Wir hatten die Gäste gebeten, in den Zimmern zu bleiben. Auch deshalb ist kein Urlauber verletzt worden.“

Die Zerstörungswut des Tornado sahen die Stormarner erst, als sie kurz darauf die Anlage inspizierten. Was sie erblickten, war schockierend: beschädigte Häuser so weit das Auge reichte, umgekippte Laternen, die gepflegte Gartenanlage zu einer Kraterlandschaft verkommen, da der Sturm drei bis vier Meter langes Wurzelwerk der Bäume herausgerissen hatte.

„Im Eingangsbereich des Haupthauses mussten die Hotelmitarbeiter Kettensägen einsetzen“, sagt Friedrich. Umgestürzte Bäume hatten die Menschen im Gebäude eingeschlossen. Auch am Strand blieb nicht viel verschont. Das Inventar des Strandrestaurants wurde ebenso zerlegt wie diverse Liegen, Sonnenschirme und Katamarane der ansässigen Segelsportschule.

Stormarner stellen Regressansprüche wegen schlechterer Ersatzunterkunft

„Das war höhere Gewalt, da können wir dem Veranstalter keinen Vorwurf machen“, sagt Sterzing. Die Gästebetreuer hätten sich vorbildlich um die Urlauber gekümmert und organisatorisches Geschick bewiesen. Immerhin musste für mehrere Hundert Gäste binnen weniger Stunden eine neue Bleibe gefunden werden.

Und trotzdem werden die Stormarner Regressansprüche stellen. Sterzing: „Wir sind in einem schlechteren Hotel untergekommen, dass pro Nacht 34 Euro kostet, bei uns wurden dafür mindestens 93 Euro veranschlagt.“ Und was sagt die TUI? „Ziel ist es, die Gäste in gleichwertigen Hotels unterzubringen. Wir werden jede Beschwerde intensiv prüfen“, sagt Sprecherin Braun.

Trotz des Albtraums haben Friedrich und Sterzing ihren nächsten Türkei-Urlaub bereits gebucht. Über die Jahreswende geht es nach Side.