Neues Entgeltsystem in Planung. Ziel ist, den Anteil des Bioabfalls und anderer Wertstoffe deutlich zu erhöhen

Bad Oldesloe. Auf die rund 61.000 Kunden der Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) im Kreis Stormarn kommt ein komplett neues Entgeltsystem zu. Damit haben es die Haushalte selbst in der Hand, ob sie ab Januar 2014 viel mehr zahlen müssen oder sogar Geld sparen. Die einfache Formel: Wer seinen Müll vorbildlich trennt, wird finanziell belohnt. Wer zu bequem zum Sortieren ist, wird zur Kasse gebeten.

„Noch immer landen weit mehr als 50 Prozent verwertbare Abfälle in der Restmülltonne“, sagt Olaf Stötefalke, Sprecher der AWSH. „Unser Ziel ist es, diese Quote deutlich zu reduzieren.“ Der Großteil sind Bioabfälle wie Gemüsereste und Gartenabfälle sowie Papier und Pappe. Aber auch Altkleider und Elektroschrott finden die Entsorger immer wieder in den grauen Tonnen.

Für einen Vier-Personen-Haushalt, der bisher einzig eine 80-Liter-Restmülltonne hat (zweiwöchentlicher Abholrhythmus) und sowohl auf die blaue Altpapiertonne als auch auf die braune Biomülltonne verzichtet, kann das neue System drastische Auswirkungen haben. Zahlt die Familie jetzt 8,25 Euro im Monat, sind es im kommenden Jahr 11,22 Euro – wenn sie nichts ändert. Das ist eine Erhöhung um rund 36 Prozent. Allerdings kann dieselbe Familie auch ganz einfach zwölf Prozent sparen: Ordert sie jeweils eine 40 Liter große Restmüll- und Biotonne und stellt auch noch eine große Altpapiertonne dazu, werden monatlich nur noch 7,25 Euro abgebucht.

„Wer Müll trennt, schont die Umwelt und sein Portemonnaie“, sagt AWSH-Sprecher Olaf Stötefalke. So werden die Entgelte für viele Stormarner, die bereits das Tonnen-Trio in den Farben Grau, Braun und Blau haben, tatsächlich sinken. Eine vierköpfige Familie mit grauen und braunen 80-Liter-Behältern zahlt künftig 13,38 statt 14,08 Euro im Monat, eine Ersparnis von fünf Prozent. Ein Zwei-Personen-Haushalt, der mit 60-Liter-Tonnen auskommt, wird um elf Prozent entlastet und zahlt 9,39 statt 10,56 Euro im Monat.

Damit ist das Sparpotenzial noch nicht ausgereizt. „Wir senken die Mindestrestmüllmenge je Person und Monat von zehn auf fünf Liter“, sagt Stötefalke. Das bedeutet, dass die Kunden kleinere Tonnen als jetzt ordern können – wenn sie denn damit auskommen.

Die Stormarner Kreistagsabgeordneten stehen hinter dem neuen System. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, sagt Gerold Rahmann (Grüne), Vorsitzender des Umweltausschusses. Das Gremium will bei seiner Sitzung, die am Donnerstag, 24. Oktober, um 18 Uhr im Raum D132 der Kreisverwaltung in Bad Oldesloe (Mommsenstraße 11) beginnt, die Tarifreform beschließen.

Für Rahmann ist der wichtigste Aspekt, den immer noch hohen Biomüllanteil im Restmüll deutlich zu reduzieren. Kontrollen haben ergeben, dass organischer Abfall fast die Hälfte des Gesamtgewichts in den Restmülltonnen ausmacht. Besonders hoch ist der Anteil in Haushalten, die selbst kompostieren. Kreisweit leert die AWSH fast 71.000 Restmülltonnen, aber nur knapp 47.000 Biotonnen.

„Mit unserer neuen Vergärungsanlage am Abfall-Wirtschaftszentrum Trittau haben wir eine günstige und ökologische Möglichkeit, Biomüll zu behandeln“, sagt Rahmann. Gemüse- und Obstreste, Gras, Blätter, Strauchwerk und Co. landen im sogenannten Fermenter der im Frühjahr 2013 eingeweihten Anlage. Die Masse gärt bei 55Grad Celsius vor sich hin, durch ständiges Rühren entsteht Biogas, das in einem Blockheizkraftwerk in Strom und Wärme umgewandelt wird. So können nicht nur sämtliche Betriebe auf dem Trittauer Gelände mit rund zwei Millionen Kilowattstunden Wärme im Jahr beheizt, sondern auch noch drei Millionen Kilowattstunden ins öffentliche Stromnetz eingespeist werden: Das reicht für 1000 Haushalte. „Die übrig bleibende Masse aus dem Fermenter ist ein hochwertiger Dünger, der auch in der Landwirtschaft gefragt ist“, sagt Wolfram Gelpke, einer der Geschäftsführer in Trittau.

Für den Grünen-Kreistagsabgeordneten Rahmann ist die Reform noch nicht am Ende. „Unser Ziel ist die gelbe Tonne, in der sämtliche Wertstoffe landen, die dann sortiert werden“, sagt er. Doch bei einer so umwälzenden Veränderung müsse man in mehreren Schritten vorgehen. Schon jetzt werde es bestimmt viele Fragen geben.

Das erwartet auch AWSH-Sprecher Olaf Stötefalke. „Erfahrungsgemäß kommt es nach dem Versenden der neuen Rechnungen zu einem Ansturm auf unsere Hotline“, sagt er. Am Jahresanfang 2014 dürften dann die Auslieferer der Mülltonnen im Akkord arbeiten. Wie viele der 61.000 Kunden in Stormarn tatsächlich zusätzliche oder auch kleinere Tonnen ordern, können selbst die Experten nicht einmal schätzen.

So schreibt die AWSH in einer Analyse für den Umweltausschuss: „Es muss deutlich darauf hingewiesen werden, dass die Tarifkalkulation im Vergleich zu den Vorjahren mit deutlich mehr Planungsunsicherheiten behaftet ist. Ursächlich hierfür ist die Tatsache, dass die Reaktionen der Kunden nicht sicher vorhersehbar sind.“