Messingwürfel soll an Nationalsozialismus-Opfer Carl Harz (1860 – 1943) erinnern. Bürger finden das Projekt gut

Reinfeld. Es ist eine historische Entscheidung, die die Mitglieder des Reinfelder Sozialausschusses getroffen haben. Künftig soll es in der Stadt erlaubt sein, dass sogenannte Stolpersteine verlegt werden, die an Opfer der Nazi-Diktatur erinnern. Der Ausschuss sprach sich einstimmig dafür aus, die Stadtverordneten werden dieser Empfehlung voraussichtlich folgen. Dann könnte, so der Plan, schon im März der erste Stolperstein in Reinfeld verlegt werden. Er soll an den Schriftsteller Carl Harz (siehe rechts) erinnern. Viele Reinfelder Bürger finden das gut – auch solche, die bisher noch nicht viel über das Stolpersteine-Projekt und Carl Harz wussten.

Olga Ivankin und Marie Gerhold sind beide 19 Jahre alt, sie machen zurzeit Abitur an der Immanuel-Kant-Gemeinschaftsschule. Zur Verlegung des Stolpersteins sagt Olga: „Ich finde es sehr wichtig, dass an solche Personen erinnert wird. Ich glaube, im Alltag wird oft vergessen, was früher passiert ist.“ Marie pflichtet bei: „Ich finde es gut, dass daran erinnert wird, wie schwer es die Leute damals hatten.“ Die Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig, die mittlerweile in vielen deutschen Städten an Opfer des NS-Regimes erinnern, kannten sie bisher nicht. Über Carl Harz wissen sie nur, dass er ein Schriftsteller war.

Sabine Wollner, 49, wohnt zur Miete an der Carl-Harz-Straße Nummer 6 – in jenem Haus, das Harz’ letzter Wohnsitz war. Wollner findet es „klasse“, dass vor ihrer Haustür der Stein verlegt werden soll. „Er war ein couragierter Mann, hat sich nicht mundtot machen lassen.“ Ihre Nachbarn, sie wohnen im Haus Nummer 8, sehen es ähnlich: „Ich finde es gut, wenn man die Erinnerung an solche Geschehnisse bewahrt“ sagt Bärbel Seitler, die mit ihrem Ehemann Werner im Haus Nummer 8 wohnt. Bärbel Seitler sagt aber auch, dass Carl Harz „kaum ein Thema“ in der Stadt sei. Heinz Schröder, er lebt seit mehr als 60 Jahren in Reinfeld, sagt immerhin, dass Harz „einiges für die Stadt getan“ habe, schon deshalb sei er für das Projekt.

Bleibt die Frage, ob Reinfeld in der Frage einen besonderen Nachholbedarf hat. Die Stadt stand in den vergangenen Jahren bisweilen in dem Ruf, dass es dort eine besonders aktive Neonazi-Szene gebe. Im Jahr 2012 fertigten Experten des in Kiel ansässigen schleswig-holsteinischen Beratungsnetzwerks gegen Rechtsextremismus eine Studie zu Rechtsextremismus in Nordstormarn an. Im Fazit der Studie hieß es, dass das Problem „vor allem Reinfeld“ betreffe.

Auf der anderen Seite gibt es mittlerweile ein starkes bürgerschaftliches Engagement. Der sogenannte Kriminalpräventive Rat, ein städtisches Bündnis, an dem viele Akteure teilnehmen, hat mit vielen Aktionen Aufklärungsarbeit geleistet. Ist Reinfeld heute ein Ort rechter Aktivitäten? „Ich habe das Gefühl, dass das zurück gegangen ist“, sagt Marie Gerhold. Auch Heinz Schröder spricht von einem „Intervall“, das es einmal gegeben habe. Aber: „Jetzt ist es ruhig.“

Mirjam Gläser vom Kieler Beratungsnetzwerk begrüßt die Reinfelder Initiative. Aber sie sagt auch: „Die Beschäftigung mit dem historischen Nationalsozialismus ersetzt nicht die Auseinandersetzung mit aktuellen extrem rechten Gruppierungen, die sich ja konkret mit heutigen Themen wie Globalisierung, Gleichberechtigung und Umweltschutz auseinandersetzen.“