Bargteheide muss zweite Expertise in Auftrag geben, weil die erste nicht ins Internet sollte. Kritik am Projekt reißt nicht ab. Gegner befürchten unter anderem gesundheitliche Schäden.

Bargteheide. Die Wut der Windpark-Gegner wächst. Der Druck auf das Bargteheider Rathaus steigt. Und damit die Zahl der Gutachten - und der Kosten. Mehr als 100.000 Euro gibt die Stadt aus, um bei der Planung für den Windpark alle Risiken untersuchen und ausschalten zu können. Zwölf Untersuchungen sollen Sicherheit bringen. Mehr als der Gesetzgeber vorschreibt. Und sogar noch mehr als mehr: Denn jetzt wurde ein zweites Turbulenz-Gutachten in Auftrag gegeben. Nicht, weil das erste angezweifelt wurde, sondern weil das Ingenieurbüro es nicht ins Internet stellen wollte.

Die von den Bürgern vehement eingeforderte 100-prozentige Transparenz schien gefährdet. Bauamtsleiter Jürgen Engfer beauftragte daher ein zweites Gutachten zur Standfestigkeit der Anlagen - für eine Summe im vierstelligen Bereich. "Ein paar Tausend Euro kostet das schon", sagt Engfer.

Es gelte jedoch der politische Beschluss, für maximale Transparenz zu sorgen. Engfer: "Wir verstehen die Sorgen der Bürger. Deswegen wollen wir dieses Versprechen halten." Auch wenn es kostet, ließe sich hinzufügen. Engfer: "Die Stadt tritt nur in Vorleistung." Werde das Projekt genehmigt, übernehme die Bürgerwindpark-Gesellschaft die Kosten. Das sei im städtebaulichen Vertrag geregelt. Aber selbst wenn es keine Genehmigung für den Windpark gebe, wäre der eingeschlagene Weg der richtige. "Die Stadt investiert in ein Klimaschutzkonzept. Und der Windpark ist ein wichtiges Projekt", sagt Engfer. "Deswegen setzen wir auch alles dran, es zu realisieren."

Die Gegner der geplanten Windkraftanlagen am Glindfelder Weg gehen genauso konsequent an die Sache heran. Sie wollen das Projekt unbedingt verhindern. Sie befürchten gesundheitliche Schäden, negative Konsequenzen für die Natur und eine Wertminderung ihrer Grundstücke.

Wie stark der Druck der Bürger auch auf die Gutachter wirkt, zeigte die Sitzung des Ausschusses für Bauen und Bauordnung am Donnerstagabend. Die Stimmung in der Aula der Dietrich-Bonhoeffer-Schule, auf die der Ausschuss wegen des belegten Ganztagszentrums ausweichen musste, war aufgeheizt. Das Ingenieurbüro F2E Fluid & Energy Engineering hat nun auf jeden Fall zugestimmt, das zunächst für das Internet gesperrte Turbulenzgutachten nun doch zugänglich zu machen - über ein Passwort, das der Bauamtsleiter weitergibt.

Diese neue Wende macht den Wirbel um das Turbulenzgutachten noch ein bisschen pikanter. Denn die Freigabe des ersten Gutachtens macht das zusätzliche eigentlich überflüssig. Engfer: "Das war nicht vorauszusehen. Der Knoten ist erst nach der Ausschusssitzung geplatzt."

Es wird noch pikanter, wenn man die Ergebnisse der beiden Gutachter vergleicht. Denn beide kommen im Grundsatz zu demselben Ergebnis: Bei der Windkraftanlage zwei werden die Grenzwerte leicht überschritten. Die Standfestigkeit sei nicht 100-prozentig gegeben. Eine Aussage, die für Jubel bei den Gegnern sorgte. Das Aus bedeutet das aber keineswegs. Mit anderen Abständen der Windräder, mit der Reduzierung von drei auf zwei oder auch mit dem Herunterregeln der Anlagen bei Spitzen-Windgeschwindigkeiten, könnten die Werte korrigiert werden.

So ähnlich die Ergebnisse der Gutachter, so unterschiedlich die Herangehensweise. Die nachträglich beauftragte GL Garrad Hassan Deutschland GmbH ist mit sogenannten konservativen Werten und einer Näherungskurve an die Turbulenz-Untersuchung herangegangen. "Es müssen also weitere Messungen folgen", betonte Gutachter Christoph Böge. Der Nährwert dieser zusätzlichen Expertise wurde von manchem im Saal bezweifelt. Die ursprünglich beauftragte Firma F2E Fluid & Energy Engineering hatte dagegen mehr konkrete Daten erfasst und außerdem zwischen Anlagen mit einer Nennleistung von drei und 3,3 Megawatt unterschieden.

Zur Absicherung hat sich die Stadt zusätzlich an den Hersteller gewandt. Ein drittes Gutachten ist also im Spiel. Eins, das nichts kostet, dafür aber ganz klar die Standfestigkeit der Anlagen bescheinigt. Die Aussage der Firma sorgte im Saal für Erheiterung. "Typisch. Was haben Sie erwartet", kam ein Zwischenruf. "Vestas verwendet zertifizierte Berechnungsgrundlagen", entgegnete Engfer. "Im Übrigen schließen wir mit Vestas einen Vertrag ab", sagte Jürgen Teschke, der Geschäftsführer der Bürgerwindpark GmbH, nach der Sitzung. Es gebe eine Vertragssicherheit von 97 Prozent.

Den aufgebrachten Bürgern genügte das alles nicht. Auch das von Gutachter Michael Stalder zusammengefasste Ergebnis "der Infraschall ist raus. Sie müssen sich keine Sorgen machen" konnte nicht beruhigen.

Es geht weiter. Nachdem Windpotenzial-, Schall- und Schattengutachten bereits besprochen wurden, werden am 25. September die Großvogeluntersuchung, das zweite Wind- und das Landschaftsausgleich-Gutachten sowie das Landschaftsplanerische Begleitprogramm vorgestellt.