Zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres hat in Stormarn jeder Schulabgänger eine Chance, der flexibel ist. 629 Ausbildungsstellen sind noch zu haben.

Ahrensburg. Noch 629 freie Ausbildungsstellen sind bei der Agentur für Arbeit in Bad Oldesloe gemeldet. "Davon entfallen etwa 60 Prozent auf Stormarn und 40 Prozent auf Lauenburg", sagt Klaus Faust von der Agentur für Arbeit in Bad Oldesloe. Auf der anderen Seite stehen 616 Bewerber, die noch eine Lehrstelle suchen. "Keiner sollte jetzt aufgeben", sagt Heike Grote-Seifert, Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur. "Wer am Ball bleibt und flexibel ist, kann in den nächsten Wochen noch einen Ausbildungsplatz finden."

Ausbildungsleiter wundert sich über das Desinteresse vieler junger Leute

Marcel Rehr konnte bereits am Donnerstag zum Beginn des neuen Ausbildungsjahres seine Ausbildung zur Fachkraft für Abwassertechnik bei der Stadtentwässerung Ahrensburg aufnehmen. Der 20-Jährige begann nach dem Abitur ein Physikstudium, brach es dann aber ab. "Das war mir zu langweilig und überhaupt zu viel Theorie", sagt er. "Von der Ausbildung erhoffe ich mir jetzt eine gute Mischung mit mehr Praxis." Olaf Grönwald ist Rehrs Ausbildungsleiter. "In den vergangenen zwei Jahren konnten wir gar keine geeigneten Jugendlichen für die Ausbildung finden", sagt Grönwald. "Auch in diesem Jahr waren es nur sieben Bewerber. Viele kommen zum Gespräch und geraten gleich bei den ersten leichten Fragen ins Stocken, wissen gar nicht, was sie im Beruf eigentlich erwarten würde."

Es wundere ihn auch, woher das Desinteresse für den Beruf überhaupt kommt. "Gerade der Bereich Umwelt wächst und wächst. Erneuerbare Energien sind doch ein topaktuelles Thema." Der Beruf habe viel Zukunft, und nach der Ausbildung könne auch noch ein Studium drangehängt werden. Die meisten würden dieses aber schon zu Anfang vorziehen.

Auch an anderen Stellen fällt es Ausbildungsbetrieben immer schwerer, geeignete Kandidaten zu finden. Laut Agentur für Arbeit gibt es die meisten freien Stellen noch für die Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann, Fachverkäufer, Friseur, Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, zahnmedizinischen Angestellten, Bäcker, Koch, Maler und Lackierer und an zehnter Stelle zur Fachkraft für Lagerlogistik. "Das sind aber auch immer die Berufe, die insgesamt am meisten Stellen zu vergeben haben", sagt Stefan Schröder von der Agentur für Arbeit in Bad Oldesloe.

Fabio Panizutti schaut sich in dem Büro um, in dem seine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten im Ahrensburger Rathhaus beginnt. Für seine Stelle sieht die Lage ganz anders aus: Außer dem 21-Jährigen gab es noch 70 andere Bewerber. "in diesem Jahr gab es außerordentlich viele Interessierte, und die Qualität in den Gesprächen war beeindruckend hoch", sagt Robert Link von der Personalabteilung. Woran das liege, wisse er nicht.

Nicht an den Wunschberuf und den Heimatort klammern

Das Hela-Gewürzwerk in Ahrensburg hat zum 1. August elf neue Auszubildende aufgenommen. Vier davon werden wie Viktor Timm in den kaufmännischen Bereich gehen. Er möchte gern nach der Ausbildungszeit noch ein BWL-Studium abschließen. "Ich glaube aber, dass es gut ist, vorher zu wissen, warum man den ganzen Theorie-Kram im Studium dann überhaupt lernt", sagt der 18-Jährige. "Wenn ich durch die verschiedenen Abteilungen gehen kann, werde ich auch schon sehen, was genau ich interessant finde und kann mich so später besser spezialisieren."

Auch seine Eltern hätten ihm dazu geraten, vor dem Studium eine Ausbildung zu machen. "Das langfristige Ziel ist natürlich, durch die Firma Hela meine Zukunft sichern zu können", sagt Timm. "Wir versuchen es, aber versichern können wir nichts", sagt Cornelia Frohwerk, Ausbilderin für den kaufmännischen Bereich. Ulrich Hoffmeister von der IHK sagt: "Ein Ausbildungsbeginn ist noch bis in den Oktober hinein möglich." Für Stormarner Jugendliche sehe es deshalb sehr positiv aus: "Es gibt mehr Stellen als Bewerber." Wer sich aber an seinen Wunschberuf und einen Platz im Heimatort klammere, für den sieht er eher schwarz.