Fraktionschef Tobias Koch will Ahrensburger Stadtverwaltung und Landesamt in Kiel stoppen. Thomas Bellizzi (FDP) plädiert für Bürgerentscheid. Seit Monaten debattieren Denkmalschützer, Politiker und Bürger.

Ahrensburg. Die Denkmalschutz-Pläne für das Ahrensburger Rathaus geraten ins Wanken: Erstmals geht die CDU-Fraktion der Stadtverordnetenversammlung öffentlich auf Distanz, das 1970 gebaute Rathaus unter Denkmalschutz zu stellen. "Wir lehnen einen Antrag der Stadt zur Unterschutzstellung des Rathauses ab", sagte CDU-Fraktionschef Tobias Koch der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn. Und kündigte juristische Schritte an: Bei einer Entscheidung für den Denkmalschutz will die Fraktion alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen. "Das geht bis zur Minister-Erlaubnis - also der Möglichkeit, dass die Kultusministerin ihr Veto gegen die Unterschutzstellung einlegt", betonte Koch.

Unterdessen fordert die FDP-Fraktion mit Nachdruck, die Bürger über diese Frage entscheiden zu lassen. FDP-Fraktionschef Thomas Bellizzi sagte dem Abendblatt: "Als nächster Schritt sollte den Ahrensburgern ermöglicht werden, in einem Bürgerentscheid darüber zu urteilen, ob das Rathaus unter Denkmalschutz gestellt werden soll oder nicht."

Eigentlich sollte die Unterschutzstellung bis zur Sommerpause abgeschlossen sein. So jedenfalls hatte es das Kieler Landesamt für Denkmalpflege noch im Mai kundgetan. Zudem, erklärte eine Mitarbeiterin der Behörde unlängst im Ahrensburger Bau- und Planungsausschuss, gebe es für diese Maßnahme laut Gesetz keinen Ermessensspielraum. Inzwischen will sich das Landesamt allerdings nicht mehr auf einen konkreten Termin festlegen. "Es gibt keinen genauen Zeitpunkt. Wir lassen uns nicht treiben", sagte Schleswig-Holsteins Landeskonservator Michael Paarmann. Die interne Prüfung der Schutzwürdigkeit sei freilich abgeschlossen.

Seit Monaten debattieren Denkmalschützer, Politiker und Bürger darüber, ob das vom Ahrensburger Architekten Karl-Heinz Scheuermann gebaute Rathaus ein Denkmal werden soll. Befürworter sehen darin ein imposantes Bauwerk mit dokumentarischem Wert für die Zeit der Bonner Republik und das wirtschaftlich und demokratisch aufstrebende Nachkriegsdeutschland. Deshalb begrüßt Bürgermeister Michael Sarach (SPD) die geplante Unterschutzstellung durch das Landesamt für Denkmalpflege: "Es handelt sich um ein Gebäude von besonderer Qualität."

Ähnlich sieht das auch seine Zweite Stellvertreterin, Doris Unger (SPD): "Es geht hier nicht um die ästhetische Beurteilung, sondern um den historischen, künstlerischen und städtebaulichen Wert des Objekts." Die SPD-Fraktion habe allerdings noch nicht abschließend zum Thema Denkmalschutz beraten, betont Doris Unger.

Vor allem das Landesamt für Denkmalpflege wehrt sich gegen die grassierende "Wegwerfmentalität" in der Architektur. Das Rathaus stehe für seine Zeit und die gesellschaftlichen Hintergründe. "Es darf nicht allein hinsichtlich seiner Gestalt beurteilt werden", sagte Landeskonservator Paarmann. Von ähnlicher historischer Bedeutung seien im Übrigen die Berufliche Schule im Kreis Stormarn und der Campus der Universität Kiel, heißt es in der Behörde. Kritiker der Denkmalschutz-Pläne geißeln den Ahrensburger "Betonbrutalismus", den fehlenden Charme und die mangelnde Ästhetik dieses Gebäudes. FDP-Mann Bellizzi: "Das Rathaus wirkt auf mich wie die Aufbauten eines Flugzeugträgers." Er und etliche andere Ahrensburger bezeichnen das Rathaus sogar als "Schandfleck".

Noch schwerer als die kulturhistorischen Argumente wiegen allerdings die finanziellen Lasten. Allein für den Bau einer Feuertreppe werden voraussichtlich 2,6 Millionen Euro fällig. Insgesamt betragen die Kosten für die Sanierungs- und energetischen Maßnahmen nach vorsichtigen Schätzungen rund sechs Millionen Euro. Welche finanziellen Hilfen das Land Schleswig-Holstein leisten kann, ist noch völlig ungewiss. Zwar gibt sich Bürgermeister Michael Sarach grundsätzlich optimistisch: "Auch wenn die Ressourcen dafür zurzeit begrenzt sind, könnte sich für die Stadt die Möglichkeit eröffnen, Zuschüsse für die Sanierung zu bekommen, die es ohne den Denkmalschutz nicht gäbe." Aber aus dem Landesdenkmalamt verlautet, dass keine großen Töpfe für die Denkmalpflege zur Verfügung stehen.

Angesichts dieser Lage fordert CDU-Fraktionschef Koch mit Nachdruck, die finanziellen Folgen für die Stadt bis ins Detail zu prüfen. "Absurditäten wie den Einbau neuer Mahagoni-Brandschutztüren gilt es dabei zu verhindern." Bei der bevorstehenden Brandschutzsanierung und der anschließend geplanten Fassadensanierung würden sich die Folgen des Denkmalschutzes schon jetzt exemplarisch zeigen, prophezeit der Politiker. Derweil warnt FDP-Fraktionschef Bellizzi davor, viel Geld in den Denkmalschutz zu stecken. Nachfolgende Generationen, so seine Kritik, hätten dann nicht die Chance, in der Zukunft nachhaltig etwas zu verbessern.

Sein Gegenvorschlag: ein Neubau an gleicher Stelle. Dieser könnte die Innenstadt beleben und als Hanse-Rotkliniker das Antlitz Ahrensburgs neu prägen. Die Stadt müsste bei der Kostenaufstellung die positiven finanziellen Aspekte eines Neubaus im Vergleich zur Sanierung stärker berücksichtigen, und zwar "seriös", wie Bellizzi fordert. Bislang wurden die Neubaukosten auf elf bzw. zwölf Millionen Euro beziffert.

Doch bevor überhaupt die nächsten Schritte eingeleitet werden, sollen nach Ansicht der FDP die Ahrensburger das wichtigste Wort in einem Bürgerentscheid haben - am besten zeitgleich zur Bundestagswahl. Für den Fall, dass die Mehrheit gegen eine Unterschutzstellung votiert, das Landesamt allerdings weiterhin auf seiner Absicht beharrt, wollen auch die Liberalen die Notbremse ziehen. Am Ende, so der Vorschlag, soll ein Verwaltungsgericht das Verfahren stoppen.