Bargteheide und Bad Oldesloe verzichten in diesem Jahr fast gänzlich auf Vergrämungsaktionen

Bargteheide/Bad Oldesloe. Die Saatkrähe hat ein Imageproblem. "Eigentlich sind es die interessantesten Vögel, die wir hier haben. Sie sind sehr intelligent", sagt Thomas Degenhardt vom Umweltamt der Stadt Bargteheide. Trotzdem wurde bisher viel versucht, um die Vögel zu vertreiben. In diesem Jahr ist das anders. "Wir haben uns entschlossen, die Kolonie in Ruhe zu lassen", sagt Degenhardt. "Das ist der bessere Weg, auch wenn sich das den Bürgern schwer vermitteln lässt." Denn derzeit brüten die Krähen. In dieser Zeit, die im März begann, gibt es die meisten Beschwerden: Die Vögel machten Dreck und seien laut. Degenhardt: "Sonst sind sie ruhiger und verteilen sich mehr."

In den vergangenen Jahren wurden vor der Brutzeit Astgabeln aus den Bäumen geschnitten, um die Tiere am Nestbau zu hindern. In Bargteheide wurde mit Schreckschusspistolen in die Luft geschossen. In Bad Oldesloe wurden sogar Uhus ausgewildert, natürliche Feinde der Krähen. Gebracht hat all das wenig. Die Krähen lieben ihr Zuhause, das haben sie mit vielen Bargteheidern und Oldesloern gemein. Vielleicht wird es in Anbetracht von so viel Treue also Zeit, ein wenig um Sympathie für die Krähen zu werben - neben allem Verständnis für Ärger über Lärm und Kot.

In Deutschland brüten zwischen 54.000 und 64.000 Krähenpaare, ein Drittel davon in Schleswig-Holstein. In Stormarn leben viele in Bargteheide und Bad Oldesloe. "In Bargteheide gibt es etwa 250 bis 300 Brutpaare", sagt Thomas Degenhardt. "Diese Kolonie besteht ewig, ursprünglich nistete sie am Bahnhof, durch den Wegfall von Bäumen, etwa für die P+R-Anlage, sind sie ins Stadtgebiet gezogen."

Saatkrähen stehen ganzjährig unter Schutz. Sie dürfen nur mit Genehmigungen gejagt oder vertrieben werden. In Bargteheide und Oldesloe waren die Vergrämungsversuche mäßig erfolgreich. "Wenn ich sie aus einem Baum vertreibe, suchen sie sich eben eine andere Stelle. So mache ich aus einem Problem zwei neue. Ich kann ihnen ja keinen Brief schreiben und sie bitten, an einen bestimmten Platz zu ziehen", sagt Degenhardt.

Auch wenn der Saatkrähenbestand wegen des besseren Nahrungsangebotes in der Stadt zu- und auf dem Land abnimmt: Dies scheint nicht für Bargteheide zu gelten. "Durch die Zersiedelung haben viele das Gefühl, der Bestand sei gewachsen. Es gibt aber nur etwa 30 Brutpaare, die seit der ersten Zählung vor Jahrzehnten hinzugekommen sind", sagt Rathausmitarbeiter Thomas Degenhardt.

In Bad Oldesloe verhält es sich ähnlich. "Insgesamt sind es weniger Brutpaare", sagt Kurt Soeffing von der Stadt. Zwar gibt es 20 Paare mehr als im Vorjahr, also 475. Aber im Jahr 2010 wurden 584 gezählt. "Wir haben die großen Kolonien am Kurpark und am Bürgerpark in diesem Jahr in Ruhe gelassen und nur bei etwa 30 Nestern am Lindenkamp Tiere vergrämt", sagt Soeffing. Die Bevölkerung störe sich hauptsächlich an der Verschmutzung durch Kot. Aggressiv seien die Vögel nicht. "Es sind an sich scheue Tiere."

Das bestätigt Ingo Ludwichowski vom Naturschutzbund (Nabu) Schleswig-Holstein. Auf die Frage, ob Saatkrähen Menschen angreifen, sagt er: "Für Saatkrähen ist das nicht belegt, für Rabenkrähen schon. Die verteidigen dann meist ihre abgestürzten Jungvögel." Über den Kot könnten zwar Salmonellen übertragen werden. "Aber wenn man sich regelmäßig die Hände wäscht, ist das weitgehend ausgeschlossen." Schön ist viel Dreck auf dem Wochenmarkt wie in Bargteheide oder im Park wie in Oldesloe trotzdem nicht.

Auch stören sich viele an der Lautstärke. Ludwichowski: "Ich halte die Beschwerde gegen tierischen Lärm für zunehmende Natur-Unerfahrenheit. Früher war es wegen der Geräusche von Vögeln, Fröschen und Insekten mit Sicherheit viel lauter. Heute beschweren sich die Leute schon über Amseln."