Serie: Jeden Sonnabend stellen wir einen Verein und dessen Mitglieder vor. Heute: Die Holstein Borussen seit 19.09. in Reinfeld

Vier Männer sitzen an einem runden, dunkelbraunen Tisch in einer kleinen Kneipe. Die Männer trinken Bier und Cola, vor ihnen stehen Teller mit etwas zum Essen. Alle tragen Jeans und ein schwarzes Poloshirt mit einem gelben Aufnäher. Darauf ist der Schriftzug "Holstein Borussen seit 19.09." in schwarzem Garn gestickt.

Die Vier unterhalten sich angeregt. "Dass Götze zu Bayern München wechselt, hat mich sehr enttäuscht. Ich war echt schlecht gelaunt", sagt Torben Schmidt, Polizist. Stefan Meyer: "Du hast Recht. Nicht mal ein Tor kann er im Champions League Finale für Borussia Dortmund schießen." Die anderen nicken und stimmen ihm zu.

Die Männer verbindet eine Leidenschaft - der Fußballverein Borussia Dortmund (BVB). Der Fußballclub spielt in der ersten Bundesliga und steht nun im UEFA Champions League Finale gegen Bayern München. Am Sonnabend, 25. Mai, wird der Kampf um den Pokal im Wembley-Stadion in London ausgetragen. Anpfiff ist um 20.45 Uhr. Dann stehen sich die Erzrivalen gegenüber.

Jeden ersten Freitag im Monat treffe sich der Fanclub "Holstein Borussen seit 19.09." im Gasthof Lallbüdel (Mahlmannstraße 1) in Reinfeld, sagt Torben Schmidt, Vereinspräsident. Immer um 19.30 Uhr. "Dann unterhalten wir uns über die letzten Bundesligaspiele, Spielerwechsel, spektakuläre Tore und über BVB Trainer Jürgen Klopp." Es gebe sogar ein Mitglied, das ab und zu aus Berlin nach Reinfeld reise, sagt Schmidt. Am 19. September 2011 habe sich die Fangemeinschaft gegründet, sagt Meyer, der auch Kassenwart der Holstein Borussen ist. Das Datum ist kein Zufall, es wurde mit Bedacht gewählt. Denn der BVB gründete sich auch an einem 19. September, allerdings im Jahr 1909.

Die Fußballfans fahren regelmäßig zu Bundesligaspielen nach Dortmund und zu Auswärtsspielen. "Fünf bis acht Karten spendet uns der Verein Borussia Dortmund pro Spiel", sagt Schmidt. Sogar beim Champions League Halbfinale am 30. April dieses Jahres, als der BVB gegen Real Madrid spielte, verfolgten ein paar Clubmitglieder den Sieg der Borussen im Stadion.

"Jeder, der freundlich, fair und Fan von Borussia Dortmund ist, darf unserem Verein beitreten. Wir wollen keine Rowdys.", sagt Schmidt. Jeder Neuankömmling müsse 25 Euro Aufnahmegebühr bezahlen und einen Jahresbeitrag von 40 Euro. "Mein Begrüßungsgeschenk war ein schwarz-gelber Fanschal mit dem Schriftzug des Vereins drauf", sagt das Mitglied Malte Borst. Der Präsident: "Außerdem haben wir noch Kapuzenpullover, ein Funktionsshirt und unser Poloshirt im Sortiment. Überall ist unser Vereinslogo drauf."

Knapp 30 Mitglieder hat der Fanclub zurzeit. Darunter auch zwei Frauen aus Dortmund. "Unser ältestes Mitglied ist 59, unser jüngstes Ehrenmitglied ist zwei Jahre jung", sagt Schmidt. Ungefähr zehn der knapp dreißig Mitglieder seien der "harte Kern", der sich regelmäßig im Lallbüdel treffe, erzählt der Präsident.

Doch die Aktivitäten der Holstein Borussen bestehen nicht nur aus Beisammensitzen und Besuchen von Bundesligaspielen. "Als der BVB uns als offizieller Fanclub anerkannte, wurden wir von der Geschäftsstelle nach Dortmund eingeladen. Das war ein echtes Highlight", sagt Gregor Rath, ein weiteres Mitglied des Clubs. Neben einer Stadionsbesichtigung durften die Fans ihre Lieblingsmannschaft beim Training besuchen. "Da entstand auch ein Foto mit Jürgen Klopp", sagt Schmidt.

"Zwei von uns waren auf der Weihnachtsfeier 2012 eingeladen", erzählt Stefan Meyer. Dort habe es eine Autogrammstunde für alle Fans gegeben. Außerdem übernahmen die Spieler der Erstliga-Mannschaft den Tresen und zapften Bier für alle Gäste. "Ich finde, es ist nicht selbstverständlich, dass alle Fanclubs des Vereins eingeladen werden", sagt Meyer. Ihn habe Mats Hummels, Innenverteidiger beim BVB, bewirtet.

Zudem veranstaltet der Fanclub jedes Jahr ein großes Sommerfest für seine Mitglieder. "Dann wird gegrillt, getanzt und alle kommen einmal im Jahr zusammen", sagt der Präsident.

Auch sozial engagiert sich der Verein. Ein "Phrasenschwein" begleitet die Holstein Borussen zu jedem Ausflug und bei jedem Stammtisch. Fünfzig Cent muss ein Mitglied in das Sparschwein werfen, sollte er einen Satz wie "Das Runde muss ins Eckige", sagen. Aber auch das "böse Wort" wird bestraft. "FC Schalke 04 - das Wort nimmt keiner in den Mund", sagt Schmidt grinsend. Und was passiert mit dem Geld? Es wird gespendet am Ende des Jahres. "Letztes Mal haben wir das Geld einem Reinfelder Kindergarten geschenkt. Nun steht ein neues Klettergerüst im Garten der Kita", sagt Meyer.

Doch das wohl wichtigste Ereignis für den Fanclub ist natürlich das heutige UEFA Champions League Finale in London - Borussia Dortmund gegen den FC Bayern München. "Wir sind so aufgeregt", sagt Malte Borst. Allerdings können in der britischen Hauptstadt nur zwei Mitglieder das Top-Spiel verfolgen. "Lediglich die beiden Frauen aus unserem Verein haben Karten und verfolgen das Match im Wembley-Stadion", sagt der Kassenwart. Gregor Rath: "Ein Kumpel und ich haben ein Hotel in London gebucht, allerdings keine Karten für das Spiel. Trotzdem versuchen wir noch irgendwo ein Ticket zu ergattern oder werden in einem Pub mit anderen Fans mitfiebern."

Der Rest des Fanclubs wird bei einer großen Party das Finale verfolgen. "Schwenkgrill und Bierwagen sind organisiert. Wir werden das Spiel auf einer großen Leinwand gucken. Das Fest ist aber nur für Freunde und Mitglieder", sagt Schmidt. Sogar die kleinsten Ehrengäste dürfen zumindest die erste Halbzeit mitverfolgen. "Diesmal wird eine Ausnahme gemacht", sagt er.

Gregor Rath und Stefan Meyer tippen auf ein 2:1 für Dortmund. Auch Präsident Torben Schmidt glaubt an einen Sieg: "3:1 werden sie gewinnen. Und sollten sie verlieren, sind wir trotzdem stolz darauf, dass sie so weit gekommen sind." Bei diesem Satz sieht ihn Malte Borst ungläubig an und sagt: "Keiner hätte gedacht, dass es der BVB bis ins Finale schafft. Aber es besteht auch kein Zweifel daran, dass sie jetzt auch gewinnen", und lacht.

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