Ausbildungsmarkt für Bewerber entspannt. Hamburger Unternehmen haben bei vielen jungen Leuten Priorität

Bad Oldesloe . Stormarns Firmen müssen künftig verstärkt um ihre Auszubildenden kämpfen. Viele junge Leute bewerben sich lieber in Hamburg oder Lübeck um eine Stelle als in Ahrensburg, Bad Oldesloe oder einer kleineren Gemeinde zu bleiben. "Wir konkurrieren zurzeit ganz heftig mit Hamburg", sagt Heike Grote-Seifert, Chefin der Agentur für Arbeit Bad Oldesloe, die die Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg betreut.

Der Agentur für Arbeit seien für ihren Bezirk bis Ende April 1791 freie Ausbildungsstellen gemeldet worden. Drauf kämen 1860 Bewerber. In Hamburg kommen dagegen auf 6140 potenzielle Auszubildende 9008 freie Stellen.

Der Ausbildungsmarkt bleibe weiterhin ein Bewerbermarkt, dieses Fazit zieht die Agentur für Arbeit Bad Oldesloe rund drei Monate vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres. "Die jungen Menschen haben ein breites Angebot an Berufen und Stellen vor Ort zur Auswahl", sagt Grote-Seifert.

Dass trotzdem viele Schulabgänger Hamburger Firmen den Vorzug geben, liege ihrer Meinung nach an dem Trugschluss, nach dem die Großstadt interessantere Unternehmen biete. Dabei gebe es in Stormarn viele "hidden champions", wie Grote-Seifert sagt. "Auf ihren Gebieten gehören viele der Firmen im Kreis zu den Marktführern."

Auch die unterschiedlich hohen Tarife, nach denen Auszubildende in Hamburg und in Stormarn bezahlt werden, seien ein Grund für die Abwanderung. Sönke Zahrt, Bereichsleiter der Agentur, appelliert allerdings an die Jugendlichen, von einer möglicherweise höheren Ausbildungsvergütung die Fahrtkosten nach Hamburg abzuziehen. "Viele Pendler bereuen ihre Entscheidung im Nachhinein", sagt Zahrt.

Die Agentur wünsche sich von den jungen Leuten, die sich um eine Ausbildung bemühen, vor allem mehr Flexibilität. Das gelte zum einen für die Berufswahl selbst. "Mehr als 40 Prozent der Bewerber konzentrieren sich auf gerade einmal zehn Berufe", sagt Zahrt. Zu diesen zählen in erster Linie kaufmännische Berufe. Beliebt ist demnach aber auch die Ausbildung zum Verkäufer. Es sei jedoch wichtig, betont Zahrt, sich bei seiner Auswahl nicht zu stark einzuschränken und stattdessen auch einmal "über den Tellerrand" zu blicken.

Grote-Seifert erklärt zudem, dass sie von Jugendlichen mehr Mobilität erwarte. Obwohl viele nach Hamburg pendelten, sei es dagegen offensichtlich häufig eine große Hürde, mit dem Bus oder Fahrrad zur Ausbildung in den Nachbarort zu fahren. "Das ist ein Charakterzug der Facebook-Generation, die daran gewöhnt ist, viele Dinge von zuhause aus zu erledigen", meint die Agenturchefin.

Um der Konkurrenz zu Hamburg entgegenzuwirken, reagierten viele Unternehmen jedoch zunehmend, sagt Grote-Seifert. "Sie übermitteln uns deutlich früher als in den Vorjahren ihre Ausbildungsangebote." Schon im November seien der Agentur mehr als 1000 freie Ausbildungsstellen gemeldet worden. Das sei normalerweise erst im Dezember oder Januar der Fall.

"Wichtig ist, dass sich die Firmen dann schnell für einen Bewerber entscheiden. Umgekehrt sollten Jugendliche, die mehrere Stellen zur Auswahl haben, auch rechtzeitig absagen, damit die Ausbildung anderweitig vergeben werden kann", sagt Grote-Seifert.

Frank Neef, Ausbildungsberater bei der Industrie- und Handelskammer zu Lübeck, hat zudem beobachtet, dass viele Firmen ihre Marketingstrategien, mit denen sie Auszubildende gewinnen wollten, verbessert hätten. "Viele zeigen mittlerweile die Bereitschaft, verstärkt in ihre Auszubildenden zu investieren, zum Beispiel, indem sie Nachhilfe finanzieren", sagt Neef. Das gelte jedoch nicht für alle Bereiche. "Insbesondere das Gastronomiegewerbe hat in den vergangenen Jahren große Einbrüche verzeichnet. Die Branche ist für viele Jugendliche nicht attraktiv und leidet auch unter dem entspannten Markt in anderen Bereichen."

Gerade in Branchen, die Probleme haben, Auszubildende zu finden, habe man eine verstärkte Nachfrage nach Kandidaten aus anderen EU-Ländern bemerkt, sagt Bereichsleiter Zahrt. Auch hier gelte: "Wenn jemand in Spanien auf diese Möglichkeit angesprochen wird, hat Hamburg als Ausbildungsort natürlich eine größere Sogwirkung als Bad Oldesloe, ganz einfach, weil die Stadt bekannter ist." Dabei verfüge insbesondere der Kreis Stormarn über ein breit gefächertes Angebot an Ausbildungsberufen und Stellen.

Mittlerweile gehen Unternehmen auch neue Wege, um Auszubildende für sich zu gewinnen. Eine Mitgliedschaft im Sportclub zu sponsern oder Verkehrsmittel wie Mofas zur Verfügung zu stellen seien etwa beliebte Mittel, die inzwischen auch im Hamburger Umland genutzt würden, sagt Klaus Faust, Geschäftsführer Operativ der Agentur für Arbeit Bad Oldesloe. Faust: "Der Wettbewerb der Regionen um die jungen Leute ist bereits im vollen Gange und wird sich auch so weiterentwickeln."