Oldesloer Kirchengemeinde versagt Todkranker letzten Wunsch: Bei Trauerfeier darf Nana Mouskouri nicht erklingen. Fall sorgt bundesweit für Schlagzeilen und Empörung

Bad Oldesloe. Der Fall von Heidemarie Goretzki aus Bad Oldesloe sorgt weit über die Stadtgrenzen hinaus für Schlagzeilen und für Diskussionen darüber, ob eine Kirchengemeinde einer sterbenskranken Frau ihren letzten Wunsch verweigern darf. Goretzki hat Krebs im Endstadium und plant bereits ihre Beerdigung. Die Oldesloerin wünscht sich bei der Trauerfeier das Lied "Aber die Liebe bleibt" von Nana Mouskouri - abgespielt von einer CD. Genau das aber lässt die Gemeinde in Bad Oldesloe nicht zu. Der Kirchengemeinderat der evangelisch-lutherischen Gemeinde hat bestimmt, dass es in Gottesdiensten keine Musik aus der Konserve geben darf. Ausnahmen ausgeschlossen. Über diese Haltung sind nicht nur die Goretzkis empört. Jetzt hat sich die SPD im Landtag in den CD-Streit in Bad Oldesloe eingemischt.

"Artikel 1 des Grundgesetzes lautet: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Dies ist auch die Klammer für Kirche und Gesellschaft", sagt Bernd Heinemann, kirchenpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. Menschen bräuchten eine Erinnerung an ihr Leben, und diese ließe sich oft am besten mit einem Liedtext oder einer Melodie ausdrücken. "Dass dazu eine CD - statt der Orgel - verwendet wird, sollte keine Hürde sein", meint Heinemann. Es gebe natürlich Grenzen - "Trinklieder halte auch ich bei einer Trauerfeier für nicht angemessen." Aber das Lied von Nana Mouskouri, um das es hier gehe, so fordert es der SPD-Politiker, "das muss möglich sein".

"Statt einer Fall-zu-Fall-Regelung versuchen wir, eine generelle Entscheidung zu vertreten", erklärt der Oldesloer Pastor Diethelm Schark jetzt in einer schriftlichen Stellungnahme der Gemeinde. "Es ist keine Frage, ob etwas modern sei, sondern ob es hilfreich ist", meint Schark und betont, dass die Gemeinde der Familie angeboten habe, den Wunschtitel live von einer Sängerin vortragen zu lassen."Diese Version der Lieblingsmusik steht dann auch nicht in der Gefahr, zufällig im Radio zu laufen, wenn der trauernde Mensch gerade auf die Autobahn auffährt und seine Konzentration dafür benötigt." Das CD-Verbot, so die Auffassung der Kirchengemeinde, schütze die Trauernden vor emotional besonders schwierigen Situationen.

Für die Familie Goretzki sind das keine schlüssigen Argumente. Sie wird die Trauerfeier aller Voraussicht nach in eine andere Gemeinde verlegen, damit ihr Wunsch nach der Originalversion des Schlagertitels doch noch erfüllt wird. Denn so streng wie in Bad Oldesloe halten es die meisten Kirchengemeinden nicht. Beispielsweise im nur wenige Kilometer entfernten Reinfeld ist das Abspielen von Liedern von einer CD durchaus möglich. "Wir versuchen auch, vieles mit Live-Musik zu machen", sagt Volker Bagdhan, Pastor der evangelischen Gemeinde in Reinfeld, "wenn es ausdrücklicher Wunsch ist, dass ein bestimmtes Lied im Original abgespielt wird, geben wir dem aber nach." Ganz möchte Bagdhan nicht ausschließen, dass er und seine Pastorenkollegen einmal einen bestimmten Liedwunsch ablehnen würden, "es bedarf jedes Mal wieder eines individuellen Gesprächs, aber generell gibt es schon die Möglichkeit, bei uns eine CD bei einer Trauerfeier abzuspielen." Man müsse mit der "Verschiedenheit der Wünsche der Trauernden" leben können, meint Bagdhan.

"Eigentlich gilt in der gesamten Landeskirche, dass Live-Musik vor Musik aus der Konserve geht", sagt Pastor Wolfgang Stahnke, Sprecher des Kirchenkreises Plön-Segeberg, zu dem sowohl Bad Oldesloe als auch Reinfeld gehören. "Das wird aber in den Gemeinden unterschiedlich gehandhabt."

"Unser Anliegen ist es, Menschen gut zu begleiten und ihre Wünsche sehr ernst zu nehmen", erklärt Mathias Benckert, stellvertretender Pressesprecher der Nordkirche. Die Erfahrungen der Pastorinnen und Pastoren vor Ort zeigten, dass es den Trauernden in der Regel guttue, wenn in einer Trauerfeier die Musik von Mensch zu Mensch gespielt werde. "Auf Grundlage dieser Überzeugung liegt es in der Verantwortung der örtlichen Kirchengemeinden sowie Pastorinnen und Pastoren, in seelsorgerlicher Verantwortung Ausnahmen zuzulassen, was in vielen Kirchengemeinden auch geschieht."

Eine generelle Vorschrift gebe es für diese Frage nicht, erklärt auch Wolfgang Främke, Sprecher des Kirchenkreises Hamburg-Ost. Die Entscheidung liege bei den Pastorinnen und Pastoren vor Ort. "Sie entscheiden das in den Seelsorgegesprächen." Doch auch im Kirchenkreis, zu dem beispielsweise Ahrensburg gehört, setze man auf die Vorzüge von live gespielter Musik - wenn auch nicht ausschließlich.

"Wir versuchen in unseren Gesprächen, die Trauernden dahin zu lenken, dass sie sich für Live-Musik entscheiden", sagt die Ahrensburger Pastorin Anja Botta. Auch in ihrer Gemeinde ist es allerdings möglich, Lieder von einem Tonträger abzuspielen, wenn das der ausdrückliche Wunsch der Trauernden ist. "Es gibt aber bestimmte Grenzen", sagt Botta. Nicht alle Lieder, die sich Trauernde wünschten, seien passend für einen Gottesdienst, aber grundsätzlich seien Wunschtitel durchaus möglich. "Wir versuchen dann aber, nicht die komplette Trauerfeier mit Liedern von einer CD zu bestücken."

Die Gemeinde in Bad Oldesloe will nach Aussage von Pastor Diethelm Schark nun erneut in einen Beratungsprozess eintreten. Das Ergebnis jedoch sei offen. Druck vom zuständigen Bischof wird es offiziell nicht geben. Sprecher Mathias Benckert: "Es gilt, die Entscheidungen vor Ort zu respektieren."