Susanne Lohmann ist schwerbehindert. Nur jede dritte Firma erfüllt Beschäftigungspflicht. Derzeit suchen 698 Schwerbehinderte im Bereich der Arbeitsagentur Bad Oldesloe einen Job.

Ahrensburg. Es ist Susanne Lohmann anzumerken, dass ihre Arbeit ihr viel bedeutet. Seit vier Jahren ist sie für die Malerei Mundt am Gänseberg in Ahrensburg als Malerin und Lackiererin im Einsatz. Die 40 Jahre alte Ahrensburgerin leidet unter Persönlichkeitsstörungen, hat seit vielen Jahren einen Schwerbehindertenausweis. Deshalb war sie lange Zeit arbeitslos, bekam Arbeitslosengeld II, obwohl sie Gesellin ist.

Aktuell sind 698 Schwerbehinderte im Bereich der Arbeitsagentur Bad Oldesloe (Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg) auf der Suche nach einem Job. Bis 31. März mussten nun alle privaten und öffentlichen Unternehmen mit mindestens 20 Mitarbeitern ihre Beschäftigtendaten bei der Agentur für Arbeit abgeben.

"Die Betriebe sind gesetzlich verpflichtet, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen. Sollten sie die Beschäftigungspflicht nicht erfüllen, müssen die Unternehmen eine Ausgleichsabgabe von bis zu 290 Euro pro Jahr für jeden nicht besetzten Pflichtplatz zahlen", sagt Heike Grote-Seifert, Chefin der Agentur für Arbeit.

Im Jahr 2011 gab es in Stormarn 661 Betriebe, die rechtlich verpflichtet waren, Menschen mit Schwerbehinderung zu beschäftigen. 225 von ihnen hatten diese Beschäftigungspflicht erfüllt. "Das sind nur 37,1 Prozent. Es sind also noch reichlich Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung zu vergeben", sagt Jens Petersen, Teamleiter Vermittlung. "In der Praxis zeigt sich, dass diese Menschen genauso leistungsfähig sind wie andere Arbeitnehmer. Oft genug zeichnen sie sich sogar durch besondere Einsatzbereitschaft und großes Engagement aus. Denkt man an die Paralympics im vergangenen Jahr, so sind dort Leistungen gezeigt worden, die viele Menschen selbst ohne Behinderung kaum hätten erbringen können."

Dieser Meinung ist man auch bei der Malerei Mundt. Neben Susanne Lohmann ist noch ein weiterer Mitarbeiter gesundheitlich eingeschränkt. Lohmanns Kollege möchte nicht namentlich genannt werden. Es kratze an seinem Ego, als behindert abgestempelt zu werden. Der Inhaber der Malerei, Thorsten Bialke, hat dafür Verständnis. Er sagt: "Es gibt Momente, in denen die gesundheitlichen Probleme der beiden erkennbar werden. Damit gehen manche Menschen gut um, andere weniger." Er sei bereits durch Höhen und Tiefen mit den Kollegen gegangen. "Ich versuche, viel mit ihnen zu reden. Manchmal ist Susanne sehr emotional, dann setzen wir uns zusammen und finden Lösungen."

Die Elbe Werkstätten Nord stellten den Kontakt zwischen der Malerei und Susanne Lohmann her. Alle Bewerbungen hatten bis zu diesem Zeitpunkt nichts genutzt. Auch eine zweijährige Umschulung zur Elektronikerin für Geräte und Systeme brachte keinen Erfolg bei der Arbeitssuche, weshalb Lohmann 2006 in Rente ging. "Ich habe schlechte Erfahrungen mit Arbeitgebern gemacht. Viele haben Angst, gesundheitlich Eingeschränkte einzustellen oder zeigen absolut keine Akzeptanz." Die Arbeit helfe ihr, mit der Krankheit umzugehen. "Ich empfehle allen kranken Menschen, die Arbeit suchen, sich an die Werkstätten zu wenden. Dort wird einem gut geholfen."

Jedes Vierteljahr kommt eine Betreuungsperson von den Elbe Werkstätten bei der Malerei vorbei und vergewissert sich, ob alles gut läuft. "Die Unterstützung der Werkstätten ist hilfreich. Wenn etwas Negatives passiert, ist immer sofort einer da", sagt Thorsten Bialke. "Susanne versucht genauso gut zu arbeiten wie jeder andere auch. Das geht nun aber nicht, da muss ich sie ab und zu etwas bremsen." Vor jedem Einsatz informiere er die Kunden über Susanne Lohmanns Erkrankung. Beschwerden habe es noch nie gegeben. Thorsten Bialke: "Grundsätzlich ist sie eine Bereicherung für unser Team. Es ist zwar manchmal anstrengend, sich um sie zu kümmern, doch sie leistet gute Arbeit. Ich würde auch noch einen weiteren Behinderten einstellen, falls sich einer mit geeigneten Qualifikationen finden ließe." Lohmann sei jetzt sogar öfter allein auf einer Baustelle. Bialke kontrolliert aber nach Abschluss der Arbeiten noch einmal ihr Werk, um volle Kundenzufriedenheit zu garantieren.

Die Städte Ahrensburg und Reinbek teilen die Meinung, dass Schwerbehinderte zuverlässige Mitarbeiter sind.

"Es ist bedauerlich, dass es so viele Arbeitssuchende mit Behinderung in Stormarn gibt. Die Stadt Ahrensburg musste noch nie die Ausgleichsabgabe zahlen", sagt Robert Link, Personalleiter in der Stadtverwaltung. "Von unseren 315 Mitarbeitern sind 21 schwerbehindert. Das sind knapp sieben Prozent." Auch die Verwaltung von Reinbek erfüllt die Beschäftigungspflicht knapp. Zehn von 239 Mitarbeitern sind schwerbehindert.

Wie viele Unternehmen sich an die gesetzlichen Vorgaben im Jahr 2012 gehalten haben, wird zurzeit untersucht. Stefan Schröder von der Arbeitsagentur: "Es gibt einige Nachzügler, die können bis Mitte April ihre Daten einreichen. Dann beginnt die Prüfung. Bis wir alles ausgewertet haben, wird es noch bis Mitte des Jahres dauern."