Serie: Jeden Sonnabend stellen wir einen Stormarner Verein und dessen Mitglieder vor. Heute: Das Theoter ut de Möhl aus Glinde.

Das Glinder Bürgerhaus ist ein zentraler Ort der Stadt. Dass sich dort im Keller eine wahre Schatzkammer verbirgt, wissen allerdings nur wenige. "Hier lagern 600 Kostüme und mehr als 1000 Requisiten", sagt Wolfgang Pohlmann, Vorsitzender des Theoters ut de Möhl. Der Theaterverein nutzt den Keller als Fundus, Probenbühne und Treffpunkt. Das Theater hat sich den Erhalt der plattdeutschen Sprache zur Aufgabe gemacht - das steht sogar in der Vereinssatzung.

Seit 1992 ist das Theoter ut de Möhl, kurz TuM, ein eigener Verein. "Vorher gehörten wir zur Theater-AG des Heimat- und Bürgervereins Glinde", sagt Pohlmann. Die AG wiederum sei aus dem Plattdüütschen Kring entstanden. In diesem Gesprächskreis habe man sich damals Geschichten aus Glinde und Umgebung erzählt. "Die waren oftmals so unterhaltsam, dass die Idee aufkam, daraus Sketche zu machen", erzählt Pohlmann. "Charly Lange, ein echtes Glinder Urgestein, schrieb die kurzen Stücke."

Das TuM probte zunächst in der Kupfermühle, die auch den Namen des Vereins prägte: Theoter ut de Möhl, also Theater aus der Mühle. Die plattdeutschen Sketche wurden dann auf Marktfesten und Weihnachtsfeiern für Senioren vorgetragen. "Das machen wir auch heute noch", sagt Pohlmann. Sogar in Glindes ungarischer Partnerstadt Kaposvar und in Frankreich war das plattdeutsche Theater schon zu Gast.

Auf die Sketche folgte das erste große plattdeutsche Theaterstück. "Seitdem stellen wir jedes Jahr ein plattdeutsches Stück auf die Beine", sagt der Vorsitzende. Dazu kommt ein hochdeutsches Weihnachtsmärchen im Dezember, das vor Grundschülern und Kindergartenkindern vorgetragen wird. "Dort spielen auch junge Menschen vom Schulzentrum mit", so Pohlmann. Ein halbes Jahr bereitet sich die Gruppe jeweils auf die Auftritte vor. "Dann treffen wir uns einmal in der Woche zur Lese- und Sprechprobe", sagt Pohlmann. Zuerst dient dann eine Kulisse im Theaterkeller als Bühne. Pohlmann: "Wenn alles soweit sitzt und die richtige Kulisse fertig ist, ziehen wir zum Proben in den Bürgersaal um." Dort werden alle Stücke aufgeführt.

Wenn sie nicht an den eigenen Aufführungen arbeiten, unterstützen die Mitglieder des TuM eine Gruppe junger Schauspieler, die englische Theaterstücke präsentiert. "Wir versorgen sie mit Requisiten und geben ihnen das nötige Know-how", sagt Pohlmann.

Bei den Vorstellungen und den Vorbereitungen arbeiten alle 61 aktiven Vereinsmitglieder mit - egal ob vor, auf oder hinter der Bühne. Denn nur rund zehn von ihnen stehen auch als Schauspieler auf dem Parkett. "Alle anderen bauen Kulissen, stellen Kostüme zusammen und packen dort mit an, wo gerade Hilfe gebraucht wird", sagt er.

Ingeborg Stoller war von Anfang an mit dabei. Sie ist als Souffleuse zum Theater gekommen. Ihr Mann baut die Kulissen. "Bei uns ist jeder gleich viel wert. Jeder tut das, was er kann, alle werden anerkannt", sagt die 61-Jährige. Und das sei es, was den Verein ausmache. "Wir sind wie eine große Familie", sagt Stoller. "Natürlich gibt es auch mal kleine Zickereien. Aber die kommen schnell wieder in Ordnung - hier ist niemand nachtragend."

Stoller steht inzwischen auch selbst auf der Bühne. "Irgendwann juckte es mir auf der Zunge", sagt sie. Außerdem ist sie die Schriftführerin des Vereins. "Dort, wo ich gebraucht werde, packe ich mit an." Und ob Schauspieler, Souffleuse oder Kulissenbauer - vor einer Aufführung sei jeder aufgeregt. "Bevor es losgeht, bilden wir einen Kreis, sprechen uns gegenseitig Mut zu und motivieren uns", sagt Wolfgang Pohlmann. "Mit den Worten 'Wir sind gut!' geht es dann auf die Bühne." Mit Lampenfieber kennt sich auch Ingo Halberstadt gut aus. Er ist vor rund sechs Jahren ins TuM eingetreten. In der jüngsten Produktion des Theatervereins spielt der 70-Jährige den Postboten, eine der größeren Rollen.

"Ich kam aus Spaß am Schauspielern zum Verein und um geistig nicht einzurosten - das Auswendiglernen verlangt einem ja doch einiges ab", sagt er. Richtig Plattdeutsch sprechen konnte Halberstadt allerdings nicht. "Ich konnte nur das Übliche", sagt er. Einer Mitgliedschaft im TuM stand aber trotzdem nichts im Wege. "Diejenigen, die perfekt Platt sprachen, haben mit mir das Textbuch durchgearbeitet und mich bei Leseproben korrigiert", erinnert sich Halberstadt. Er ermuntert auch diejenigen, die noch kein Platt können, zum Theater zu kommen. "Es ist kein Problem, die Sprache zu lernen. Ich kann sie heute sogar fließend sprechen", sagt er. Ingeborg Stoller bestätigt lächelnd: "Bei uns wird jedes neue Mitglied sang- und klanglos integriert."

Neue Mitglieder sind beim TuM ohnehin gern gesehen. "Schön wäre es, wenn auch einige junge Leute nachkämen", sagt Pohlmann. Denn oft sei es schwierig, ein passendes Stück zu finden. "Viele Komödien sehen als Hauptrolle ein junges Pärchen zwischen 25 und 35 Jahren vor. Das können wir einfach nicht besetzen."

Beim Theoter ut de Möhl geht es aber nicht nur ums Theater spielen. "Wir wollen vor allem Spaß zusammen haben", sagt Wolfgang Pohlmann. Auch außerhalb der Probenphasen treffen sich die Vereinsmitglieder regelmäßig, um sich auszutauschen - immer am letzten Montag im Monat.

Zweimal im Jahr geht es außerdem zusammen in den Urlaub - im Mai steht eine Reise nach Flandern an. "Wir sind eine große Familie", sagt Pohlmann. "Wenn wir zusammen kommen, gibt es immer viel zu lachen."

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