Quadratmeterpreise bis zu 340 Euro im Neubaugebiet. Doch unter bezahlbarem Wohnraum verstehen Stadtverordnete von Grünen, FDP und SPD etwas anderes

Ahrensburg. Wohnraum für bis zu 1000 Neubürger soll es bieten, das Ahrensburger Baugebiet Erlenhof. Doch kaum sind die ersten Preise für Baugrundstücke veröffentlicht, hagelt es schon Kritik von Stadtverordneten. Ein "Reservat für Reiche" werde an der B 75 entstehen, sagt der Grünen-Politiker Jörg Hansen. Thomas Bellizzi (FDP) spricht von einer "Umsiedlung für Besserverdienende". Auch in der SPD, die die Pläne mit beschlossen hat, werden die hohen Preise moniert. Von der Gewerkschaft Ver.di heißt es, die Planung passe nicht mit der Wohnungsnot in Ahrensburg zusammen. Einzig die CDU hält das Projekt offenbar uneingeschränkt für gelungen.

Stein des Anstoßes: Der Hauptinvestor, die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG), hat jetzt mit der Vermarktung von Bauplätzen für Einzel- und Doppelhäuser begonnen. Die Preise für den Quadratmeter liegen zwischen 290 und 340 Euro pro Quadratmeter und damit deutlich über den Durchschnittswerten in der Region.

Zum Vergleich: In Ahrensburgs Westen liegen die Durchschnittspreise bei 240 Euro, im Waldgut Hagen bei 255 Euro. Das besagt ein aktueller Bericht des Stormarner Gutachterausschusses für Grundstückswerte. Auch im Vergleich mit anderen Stormarner Kommunen ist der Erlenhof teuer. Im wohlhabenden Großhansdorf liegen die Durchschnittspreise bei 265 Euro, in Bargteheide bei 210 Euro.

Erst Ende 2012 hatten die Fraktionen von CDU und SPD für den Bebauungsplan und die städtebaulichen Verträge mit den Investoren LEG und GfG Hoch-Tief-Bau gestimmt (wir berichteten). Der Abschluss eines Erschließungsvertrags steht noch aus, die Stadtverwaltung verhandelt mit den Investoren. Doch die Weichen für das 41 Hektar große Gebiet im Norden von Ahrensburg sind gestellt. Geplant sind 365 sogenannte Wohneinheiten - vorgesehen sind ein Drittel Einzel- und Doppelhäuser, ein Drittel Reihenhäuser und ein Drittel Mehrfamilienhäuser, in denen es auch Mietwohnungen geben wird. Vorgesehen sind auch zehn bis 15 Sozialwohnungen.

Das Projekt war während der jahrelangen Planungsphase immer umstritten. Politiker, die das Vorhaben von jeher ablehnten, sehen sich nun bestätigt. So etwa Jörg Hansen, Vorsitzender des Bauausschusses: "Das Vorhaben der SPD, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist absolut gescheitert". Die Tatsache, dass auch Sozialwohnungen entstehen werden, nennt er ein "Alibi". Ähnlich sieht es Thomas Bellizzi, Fraktionsvorsitzender der FDP: "Es ist eingetreten, wovor wir gewarnt haben. Von bezahlbarem Wohnraum für Normalverdiener kann bei diesem Preisniveau keine Rede mehr sein."

Weshalb liegen die Preise so weit über dem Durchschnitt? Constanze Göttsche, Projektleiterin bei der LEG, sagt dazu nur: "Das ist eine interne Kalkulation, die nicht der Öffentlichkeit zugänglich ist." Offenbar gibt es aber, trotz des Preisniveaus, ein großes Interesse. Darauf verweist Ilka Büll, zuständig für Vertrieb und Beratung: "Wir hatten zum Verkaufsstart schon mehr als 1000 Interessenten. Darunter sind viele junge Familien." Eine Erklärung für die Preise liefert auch sie nicht. Jörg Hansen sieht politische Vorgaben als Ursache: "Die Zahl der Wohneinheiten ist während der Verhandlungen reduziert worden. Dadurch steigt natürlich automatisch der Preis."

Tatsächlich geht die Zahl von 365 Wohneinheiten auf einen Kompromiss zwischen CDU und SPD zurück. Die Sozialdemokraten hatten sich 700 Wohneinheiten gewünscht, die CDU hingegen wollte die Zahl niedrig halten. Bei den Sozialdemokraten gibt es nun Bedauern über die Entwicklung: "Ich habe solche Preise kommen sehen. Mittelstandsfamilien können sich so etwas nicht leisten", sagt Rafael Haase, Mitglied im Bauausschuss. Er betont, dass seine Partei etwas anderes wollte: "Wir haben bis zuletzt für Geschosswohnungen gekämpft und gegen einen Erlenhof mit zu wenig Wohneinheiten."

Die vorliegende Planung sei nun ein "fauler Kompromiss" - aber: "lieber diesen Erlenhof als gar keinen." Seiner Meinung nach ist eine bessere Lösung auch an den Grünen gescheitert. Die Partei, die bis zuletzt gegen die Planungen stimmte, habe eine "katastrophale Rolle" gespielt.

Hinrich Schmick (WAB) spricht auch davon, dass das Gebiet "in manchen Teilen ein fauler Kompromiss" sei. Seine Fraktion stimmte, wie FDP und Grüne, Ende 2012 gegen die Pläne. Aber Schmick sagt auch: "Die Region ist natürlich teuer. Günstiger Wohnraum ist da schwer realisierbar."

Einzig bei der CDU scheint die Zufriedenheit deutlich zu überwiegen. "Wenn die Preise überteuert wären, gäbe es auch keine Interessenten", sagt der Fraktionsvorsitzende Tobias Koch. Das rege Interesse spreche für sich. Er bekräftigt, dass die CDU nicht zu viele "Wohnungsblöcke" gewollt habe. Dennoch gebe es Wohnungen auch für Senioren und Studenten, die Mischung sei ein "guter Kompromiss".

Genau diesen erkennt Carmen Sax von der Gewerkschaft Ver.di nicht: "Die Preise sagen etwas darüber aus, welche Klientel in Ahrensburg gewünscht ist", so das Mitglied des gewerkschaftlichen Erwerbslosen-Ausschusses Südholstein. Zehn bis 15 Sozialwohnungen seien "ein Witz, gemessen an dem Wohnraum, der in Ahrensburg fehlt."

Die Gewerkschaft organisiert für Montag, 11. März, eine Mahnwache gegen Wohnungsnot. Die Teilnehmer treffen sich um 11 Uhr vor dem Ahrensburger Rathaus (Manfred-Samusch-Straße 5). Für Sonnabend, 16. März, 11 Uhr, ist eine Demonstration auf dem Ahrensburger Rondeel geplant.