Kirchengemeinderat stellt “nach schmerzlicher Diskussion“ die Weichen zur Entwidmung des Gotteshauses St. Johannes in Ahrensburg.

Ahrensburg. Mit einem in Stormarn bisher einmaligen Vorgang reagiert die Kirchengemeinde Ahrensburg auf ihre angespannte finanzielle Situation. Der Kirchengemeinderat hat "nach langer und beschwerlicher Diskussion beschlossen, den Kirchenkreis um die Prüfung und gegebenenfalls die Einleitung der nötigen Verfahrensschritte zur Entwidmung von St. Johannes zu bitten". Das bedeutet konkret, dass die Türen der 1960 erbauten Kirche des Architekten Otto Andersen bald für Gottesdienstbesucher verschlossen bleiben.

"Es war eine Diskussion mit Blut, Schweiß und Tränen", sagt Pastorin Anja Botta über die Entscheidung des Gremiums. Diese sei jedoch angesichts eines Haushaltsdefizits von rund 80.000 Euro für 2013 unumgänglich. Auch, wenn es sich um einen "schmerzlichen Einschnitt" handele, der schwer zu vermitteln sei, sehe der Kirchengemeinderat keine Alternative. Über eine mögliche andere Nutzung des Gotteshauses oder gar Wunschvorstellungen der Gemeinde wollte sich Botta am Mittwoch nicht äußern. Sie sagt: "So weit sind wir noch nicht." Theoretisch sei aber sogar ein Abriss denkbar.

Bei einer sogenannten Außentagung wurden die Weichen für die Zukunft von St. Johannes gestellt. Hintergrund ist die Tatsache, dass die evangelische Kirche in diesem Jahr mit Steuereinnahmen von rund 435.000 Euro rechnen kann. "Doch das reicht vorn und hinten nicht", sagt Anja Botta. "Obwohl wir durch die Entscheidung zur Aufgabe des Gemeindehauses St. Johannes schon etwa 30.000 Euro einsparen, haben wir immer noch ein hohes Defizit." Die Rücklagen seien aufgebraucht, wir sind quasi pleite." Konsolidiere die Kirche den Haushalt jetzt nicht, drohe eine Haushaltssperre. Dann, so Botta, werde ein Beauftragtengremium eingesetzt, dass nach Aktenlage entscheide. "Das wäre so eine Art Insolvenzverwaltung." Der Kirchengemeinderat verlöre jede Möglichkeit zur Mitsprache.

Auch am Dienstag hätten sich die 28 Mitglieder des Kirchengemeinderates noch einmal mit dem Thema beschäftigt, auch über die Schlosskirche und den Kirchsaal am Hagen sowie das Haus der Kirche am Gartenholz sei gesprochen worden. Botta: "Abgesehen von der denkmalgeschützten Schlosskirche gibt es keine Tabu-Themen. Noch wissen wir nicht, wohin die Reise geht." Über das weitere Verfahren werden sich die Ahrensburger Geistlichen mit dem Kirchenkreis und der Landeskirche abstimmen.

Nach der teils herben Kritik von Gemeindemitgliedern an der Verfahrensweise im Hinblick auf den geplanten Verkauf des Gemeindehauses St. Johannes sei es den Pastoren wichtig, "bereits jetzt bei diesen ersten Überlegungen die Öffentlichkeit zu informieren". "Die Menschen sollen auch wissen, dass die Mitglieder des Kirchengemeinderates bei den Gesprächen über die Grenzen der Belastbarkeit hinausgegangen sind. Auch emotional", sagt Pastorin Botta. Auswirkungen auf Personal habe die Entwidmung der Kirche nicht. 15 Mitarbeiter sind bei der Ahrensburger Kirchengemeinde angestellt. Die Pastoren sind dabei nicht mitgerechnet. Sie werden von der Landeskirche bezahlt.

Der Entschluss, die St. Johanneskirche zu entwidmen, sei schweren Herzens gefallen, bestätigt auch Remmer Koch, Sprecher des Kirchenkreises Hamburg-Ost. "Aber bevor diese Entscheidung umgesetzt werden kann, wird alles gründlich geprüft, auch die finanzielle Situation." Auch welche andere Nutzung für die St. Johanneskirche infrage käme, sei daher noch unklar. Denkbar wäre, dass eine christliche, freikirchliche Gemeinde oder eine soziale Einrichtung einzieht. Auch eine Begegnungsstätte könnte entstehen. Koch: "Für all das braucht man allerdings auch einen Träger, der bezahlt."

Die Kirchengemeinde kann es offenbar nicht mehr. Koch: "Nach dem Krieg kamen Flüchtlingsströme. Die Zahl der Christen wuchs. Es wurden viele Kirchen gebaut. Aber die Situation hat sich verändert." Ahrensburg stehe jetzt vor dem Problem, zu viele Standorte zu haben. Und die Gottesdienste seien nicht mehr so besucht wie vor 50 Jahren. 30 Besucher seien es sonntags in St. Johannes im Schnitt, sagt Botta. Das kirchliche Leben habe sich auf ehrenamtliche Arbeit in Gruppen verlagert. Koch: "Umso wichtiger ist es, ein gutes Gemeindeleben zu gestalten." Auch ohne eigene Räume. Zur Not müsse man einige Kilometer in Kauf nehmen, Räume teilen und sich gegenseitig unterstützen. Ausgeschlossen sei auf jeden Fall, dass eine nicht-christliche Religionsgemeinschaft die evangelische St. Johanneskirche nutzen könnte. "Das verhindern entsprechende Richtlinien, stellt der Kirchenkreissprecher vor dem Hintergrund klar, dass die Kapernaum-Kirche in Hamburg-Horn zu einer Moschee umgebaut werden soll. Koch: "So etwas geht nicht mehr."