Umweltpolitiker sind alarmiert und fürchten Einsatz der umstrittenen Fracking-Technologie. Landesweit wurden 16 Anträge eingereicht.

Bad Oldesloe. Im Norden herrscht Goldgräberstimmung. Firmen zumeist nordamerikanischer Abstammung wollen ihre Claims abstecken und nach Erdgas suchen. Gleich reihenweise sind sie deshalb jüngst bei der zuständigen Behörde vorstellig geworden, dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) im niedersächsischen Clausthal-Zellerfeld. Nach Angaben der Sprecherin des Umweltministeriums in Kiel, Nicola Kabel, liegen allein für Schleswig-Holstein 16 Anträge "auf Erteilung einer Erlaubnis zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen" vor.

Einer von ihnen tangiert Stormarn. Der Süden des Kreises, das Gebiet südlich einer gedachten Linie von Stellau über Brunsbek nach Rausdorf, ist Teil des sogenannten Erlaubnisfelds Schwarzenbek. Das umfasst vor allem große Teile des Kreises Herzogtum Lauenburg und reicht bis an die Elbe heran. Eine Firma namens PRD Energy GmbH mit Adresse Potsdamer Platz, Berlin, Tochter eines kanadischen Unternehmens, möchte dort suchen.

"Suchen" heißt für den Antragsteller: Daten kaufen, auswerten, gegebenenfalls seismische Messungen durchführen. Möglicherweise ist sogar an Probebohrungen gedacht. PRD will bis zu 15,8 Millionen Euro in das "Arbeitsprogramm" investieren.

Nun ist die Aufregung in Stormarn groß, und das aus mehrerlei Gründen. Zum einen hat das Umweltministerium in Kiel glatt vergessen, im Auftrag des LBEG beim Kreis eine in solchen Fällen obligatorische Stellungnahme anzufordern; ein entsprechender Brief ist erst vor Kurzem in der Kreisverwaltung eingetroffen - mit mehrmonatiger Verspätung. Außerdem sind sich nahezu alle Experten einig, dass die Suche nach Erdgas ausschließlich auf eine spätere Förderung mittels der sogenannten Fracking-Methode abzielen kann, die hoch umstritten ist. Zu guter Letzt wird deshalb in Stormarn der Vorwurf laut, die Kreisverwaltung positioniere sich nun nicht entschieden genug.

"Wir waren schon arg überrascht, als wir kürzlich erstmals davon gehört haben", sagt etwa Gerold Rahmann (Grüne), Vorsitzender des Kreisumweltausschusses. Er wirft der Kreisverwaltung vor, sie habe sich zunächst dagegen gesträubt, das Thema auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung aufzunehmen.

Doch was ist Fracking, dem viele Menschen mit so großen Vorbehalten begegnen? LBEG-Sprecher Andreas Beuge erklärt: "Das ist eine Technik, mit der Gesteine behandelt werden, um künstliche Fließwege zu erzeugen. Dabei werden in den Gesteinen durch Einpressen einer Frack-Flüssigkeit Risse erzeugt." Die Flüssigkeit bestehe überwiegend aus Wasser, Sand und chemischen Zusätzen. Die Methode erlaubt Förderung auch aus Lagerstätten, die mit herkömmlichen Bohrungen unerreichbar sind. Doch sie ist eben nicht unumstritten. "Das Chemiegemisch bleibt im Boden", sagt etwa die SPD-Kreistagsabgeordnete Sigrid Kuhlwein.

Doch derlei Argumente sind für die Behörden zurzeit nachrangig. Zum einen geht es zu diesem Zeitpunkt noch nicht um Fracking. Nicola Kabel vom Umweltministerium: "Die Anträge zielen darauf ab, sich Rechte gegenüber Konkurrenten zu sichern und sich ein Gebiet zu reservieren." Zunächst gestatteten solche Rechte noch keinerlei technische Maßnahmen wie seismische Messungen, Explorationsbohrungen oder Fracking. "Diese müssen gesondert beantragt und genehmigt werden."

Der Spielraum für die Akteure ist da gering. "Wir müssen anhand gesetzlicher Anforderungen und Mindeststandards objektiv ermessensfehlerfrei Stellung nehmen", sagt etwa Thomas Haarhoff vom Fachdienst Wasserwirtschaft in der Kreisverwaltung.

Das sieht sogar Schleswig-Holsteins grüner Umweltminister Robert Habeck so - sehr zu seinem Leidwesen. "Wir hätten gern mehr Spielraum", sagt er, "aber hier sind wir an Recht und Gesetz gebunden." Und das Bergrecht sehe nun mal einen Rechtsanspruch auf eine Aufsuchungserlaubnis vor, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorlägen. Es bestehe kein Entscheidungsspielraum seitens der Behörden.

Insofern kritisiert Habeck die gerade von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) vereinbarten Pläne für eine neue Fracking-Verordnung als unzureichend. Habeck: "Wir brauchen bundesweit ein klares gesetzliches Verbot dieser Risikotechnologie."

Der Kreisumweltausschuss beschäftigt sich nun am Dienstag, 12. März, mit dem Thema. Unter anderem soll eine Resolution verabschiedet werden. Ein Signal in Richtung Berlin, wie der Vorsitzende Rahmann sagt: "Wir wollen mehr Einflussnahme."