Die einen Monat alte Elmenhorsterin ist Stammzellenspenderin. Blut aus ihrer Nabelschnur kann vier Krebspatienten helfen.

Ahrensburg. Lilli Elise wird vielleicht vier Menschen das Leben retten. Die Voraussetzungen dafür sind getroffen. Davon weiß Lilli Elise allerdings nichts. Die Stammzellen, die Krebspatienten transplantiert werden können, wurden vor vier Wochen bei der Geburt des Babys aus dessen Nabelschnurblut entnommen.

"Als Lilli schon auf meinem Bauch lag, haben die Ärzte das Blut ganz schnell entnommen", sagt Birgit Pampuch, Mutter der wohl jüngsten Stammzellenspenderin Stormarns. Die Elmenhorsterin hat ihr Kind am 17. Januar in der Asklepios Klinik Nord Heidberg in Hamburg zur Welt gebracht. Von der Möglichkeit, Nabelschnurblut für Krebspatienten zu spenden, erfuhr sie während der Schwangerschaft durch ihre Krankenkasse. Die DAK-Gesundheit hat mit der Nabelschnurblutbank der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) eine Aufklärungskampagne ins Leben gerufen.

"Bisher wissen viel zu wenig Menschen von dieser einfachen Möglichkeit, Blutkrebspatienten zu unterstützen", sagt Hans-Werner Harmuth, Leiter der DAK-Gesundheit im Kreis Stormarn. Aus einem Präparat wie dem von Lilli Elise können bis zu vier sogenannte "Portionen" gewonnen werden. Schon eine kann einem Kranken helfen.

Die Blutentnahme geht schnell: Direkt nach dem Abklemmen der Nabelschnur wird die Nabelschnurvene punktiert. "Das Blut wird dann mit einem speziellen Set entnommen", sagt Harmuth. Das sei für Mutter und Kind vollkommen ungefährlich.

Lillis Mutter Birgit Pampuch hat von der Prozedur nicht viel mitbekommen. "Ich musste hinterher meinen Mann fragen, ob die Ärzte das Blut tatsächlich entnommen haben, weil ich es gar nicht gemerkt hatte", sagt die 32-Jährige.

Ein Kurierdienst bringt das Präparat im Anschluss direkt unter kontinuierlicher Temperaturüberwachung in die Nabelschnurblutbank der DKMS nach Dresden. In dem dortigen Labor werden die Spenden untersucht und bei minus 180 Grad Celsius in Stickstofftanks eingefroren. "Die älteste Spende, die einem Patienten erfolgreich transplantiert werden konnte, war 15 Jahre lang eingefroren", sagt Harmuth.

Die Präparate erhalten in der Dresdner Blutbank einen Code. Die darin enthaltenen und für eine Transplantation benötigten Daten werden an das zentrale Knochenmarkspenderregister Deutschland (ZKRD) übermittelt. Die Vorräte an Präparaten stehen dann den Anfragen von Patienten weltweit zur Verfügung. Der Spender bleibt anonym. "Zwei Jahre nach der Spende ist es möglich, eine Anfrage zu stellen, um zu erfahren, ob jemanden geholfen werden konnte", sagt Harmuth.

Für die Familien ist die Stammzellenspende kostenlos. Zwar entstehen bei der Typisierung im Labor pro Präparat Kosten in Höhe von etwa 50 Euro. "Dafür kommt aber zu 100 Prozent die DKMS auf, die sich selbst aus Spenden finanziert", sagt Harmuth.

Stammzellen aus Nabelschnurblut können nicht nur für die Behandlung von Leukämie-, sondern von allen Blutkrebspatienten eingesetzt werden. "Außerdem haben sie gegenüber zu einem späteren Zeitpunkt abgegebenen Knochenmarkspenden den Vorteil, dass sie mit einer geringeren Übereinstimmung zwischen Spender und Empfänger transplantiert werden können", sagt Harmuth. Die Abstoßreaktion sei geringer, weil die im Nabelschnurblut enthaltenen Stammzellen noch nicht vollkommen ausgereift seien.

Zurzeit wird das Blut aus der Nabelschnur in 97 Prozent aller Fälle nach der Geburt ungenutzt weggeworfen. Um das zu ändern, informieren zwei Mitarbeiterinnen der DAK-Gesundheit ihre Kundinnen während der Schwangerschaft über die Möglichkeit der Spende. Sie weisen auch auf Krankenhäuser hin, die die Behandlung anbieten. In Hamburg gibt es davon zurzeit vier Kliniken, in Stormarn keine.

Kreispräsidentin Christa Zeuke, die durch die DAK von der Spende der kleinen Lilli Elise gehört hat, will sich nun an die Geschäftsleitung des Reinbeker Krankenhauses St. Adolf-Stift wenden. "Es wäre toll für Stormarn, wenn sich auch hier die Möglichkeit der Stammzellenspende böte", sagt Zeuke. Es sei noch eine Menge Aufklärungsarbeit nötig, um das wichtige Thema weiter zu verbreiten.

Birgit Pampuch hat sich die Informationsunterlagen von ihrer Krankenkasse zuschicken lassen und sich danach für ein Krankenhaus entschieden, das die Nabelschnurblutspende anbietet. "Bei der Anmeldung habe ich gesagt, dass wir spenden möchten, und dann hat alles problemlos geklappt", sagt die junge Mutter. Für sie steht jetzt schon fest, dass sie auch bei einem zweiten Kind das Nabelschnurblut "auf jeden Fall" wieder spenden würde. In ihrem Geburtsvorbereitungskursus hat Birgit Pampuch mit anderen werdenden Müttern über das Thema gesprochen. "Es ist eine einfache Möglichkeit, zu helfen. Sollte Lilli selbst einmal krank werden, hoffe ich, dass sie auch von den Spenden anderer profitieren könnte."