Drei Rücktritte und ein fehlender Jahresabschluss: Bei dem Ahrensburger Naturschutzverein kochen die Emotionen erneut hoch.

Ahrensburg. Auch ein Jahr nach dem Rücktritt des langjährigen Vorsitzenden Uwe Schneider kommt der Verein Jordsand nicht zur Ruhe. Im Februar 2012 hatten die Ahrensburger Naturschützer einen neuen Vorstand gewählt. Dessen oberstes Ziel lautete, den Verein aus der Krise zu holen. Doch jetzt, zwölf Monate später, hat fast die Hälfte der neuen Führungscrew das Vorhaben bereits wieder aufgegeben.

Bei einer Mitgliederversammlung am Sonnabend im Umweltzentrum Karlshöhe in Hamburg-Farmsen haben Schatzmeister Frank Gutzke, Schriftführer Jan Weber und Beisitzer Thorsten Meyer ihren sofortigen Rücktritt aus dem Gremium erklärt. Während Gutzke die Versammlung noch in den Reihen seiner alten Vorstandskollegen zu Ende brachte, nahmen Weber und Meyer gleich von Beginn an gemeinsam hinten im Zuschauerraum Platz.

Frank Gutzke und Jan Weber nennen private beziehungsweise berufliche Gründe als Ursache für ihren Rückzug. Bei Thorsten Meyer liegt der Fall anders. "Grund für meinen Rücktritt ist der Vertrauensverlust innerhalb des Vorstands", sagt er. "Es gibt keine Basis mehr, um gemeinsam weiterzuarbeiten." Auslöser ist ein Streit innerhalb des Vorstands um das Verfahren gegen den ehemaligen Vorsitzenden Uwe Schneider. Die Staatsanwaltschaft Lübeck stellte die Ermittlungen wegen Veruntreuung gegen den Ex-Chef im Oktober 2012 ein.

Der Vereinsvorsitzende Eckart Schrey ist der Auffassung, dass es auch deshalb dazu kam, weil der Vorstand nicht rechtzeitig eine Stellungnahme zum dem Fall abgegeben hat. Er lastet dieses Versäumnis Thorsten Meyer an. Der Rechtsanwalt aus Hamburg hatte den Verein in rechtlichen Fragen betreut. Schrey wirft dem Mann vor, die Stellungnahme verschleppt und dem Vorstand auch nicht mitgeteilt zu haben, dass das Verfahren eingestellt worden war (wir berichteten).

Thorsten Meyer weist diese Darstellung entschieden zurück. "Das ist eine Lüge", sagte er gegenüber dem Abendblatt. "Ich habe dem Vorstand nichts verschwiegen und nichts unterschlagen. Von der Einstellung des Verfahrens habe ich erst über Herrn Schrey erfahren." Auch dem Vorwurf, er habe die Stellungnahme verschleppt, widerspricht Meyer. Er sagt: "Es ist sehr viel Arbeit, so eine Stellungnahme zu erarbeiten. Das dauert lange."

Eckart Schrey sieht das anders und legt nach der Mitgliederversammlung noch einmal nach: "Was Herr Meyer in zehn Monaten nicht hinbekommen hat, das hat unser neuer Rechtsanwalt in zwei Monaten geschafft", sagt er. "Die Stellungnahme ist fast fertig. Wir werden sie in den nächsten Wochen bei der Staatsanwaltschaft abgeben." Was danach passiere, sei offen.

Die Stimmung auf der Sitzung ist angespannt - und das nicht nur wegen des Rücktritts der drei Vorstandsmitglieder. Für reichlich Wirbel sorgt auch die Bekanntgabe von Eckart Schrey, dass der Jahresabschluss für 2012 noch nicht fertig ist. "Wir haben ein neues Buchführungssystem, das uns etwas Probleme bereitet hat", sagt er. Die abschließenden Zahlen lägen dem Vorstand zwar vor, er habe sie aber aus Zeitgründen noch nicht studieren können.

"Das ist das erste Mal innerhalb von 50 Jahren, dass wir keinen Jahresabschluss haben", empört sich daraufhin ein Vereinsmitglied. "Das ist eine Blamage. Der gesamte Vorstand sollte geschlossen zurücktreten." Einige der rund 80 anwesenden Mitglieder applaudieren zustimmend. "Können wir nicht endlich mal zur Ruhe kommen?", fragt ein anderer Mann und erhält dafür deutlich mehr Unterstützung.

An Ruhe ist jedoch vorerst nicht mehr zu denken. Die Tagesordnung muss geändert werden. Mit dem Bericht der Kassenprüfer, der Genehmigung des Jahresabschlusses, der Entlastung des Vorstands, der Wahl der neuen Kassenprüfer und der Vorlage des Haushaltsplans 2013 müssen gleich fünf Punkte von der Liste gestrichen werden. Jürgen Wahl, den ehemaligen zweiten Vorsitzenden des Vereins, beschäftigt unterdessen etwas ganz anderes. "Wenn der Jahresabschluss nicht vorliegt, kann das heute nur eine einfache Mitgliederversammlung sein, aber nicht die ordentliche Jahreshauptversammlung", sagt der Ahrensburger. "Und wenn das heute keine ordentliche Versammlung ist, dann dürfen wir auch keine neuen Vorstandsmitglieder wählen. Sonst kann die Wahl hinterher angefochten werden und alles führt zu einem Desaster."

Bei den Vorstandsmitgliedern herrscht daraufhin Ratlosigkeit. Es folgt eine zehnminütige Beratungspause, bei der der Vorstand zu dem Ergebnis kommt, dass das Treffen eine ordentliche Mitgliederversammlung ist und deshalb auch neue Vorstandsmitglieder gewählt werden können. Bis Ende Mai müsse jedoch eine weitere Sitzung einberufen werden, bei der der Jahresabschluss vorgestellt wird.

Es ist inzwischen 12.22 Uhr. Die Versammlung läuft seit fast eineinhalb Stunden, viel Inhaltliches wurde noch nicht besprochen. Als Beiratsmitglied Sebastian Conradt wenig später in seinem Bericht auf das Verfahren gegen Uwe Schneider zu sprechen kommt, kochen erneut die Emotionen hoch. Schneider selbst, der auch unter den anwesenden Mitgliedern sitzt, ergreift das Wort. "Ich höre immer, dass es Fragen geben soll", sagt er. "Aber mir hat nie jemand eine Frage gestellt." Eckart Schrey erklärt daraufhin, es gehe nicht um Fragen an ihn, sondern an Juristen.

Anschließend meldet sich Jürgen Wahl erneut zu Wort. "Ich mache mir große Sorgen um den Ruf des Vereins", sagt er. "Wir müssen heraus aus der negativen Presse. Sonst hat das Folgen für die Spendenbereitschaft." Ein älterer Mann ruft daraufhin, man müsse die Presse erschießen.

Fast zur Nebensache wird bei all dem Tumult die Wahl der neuen Vorstandsmitglieder. Eckart Schrey schlägt Harro Müller, Jochen Werner und Katrin Kuhls vor. Gegenkandidaten gibt es keine, alle Drei werden mit großer Mehrheit gewählt. "Wir haben alle Sehnsucht nach sachlicher Naturschutzarbeit", sagt Eckart Schrey. Da der Veruntreuungs-Vorwurf gegen Ex-Chef Uwe Schneider den Verein noch eine Weile beschäftigen werde, geht er jedoch davon aus, dass es noch ein längerer Weg werden könnte, bis bei Jordsand wieder richtig Ruhe eingekehrt ist.