Vorreiterrolle: Die Stadt will eigene Betreibergesellschaft für Windpark in der Feldmark gründen. Beteiligen dürfen sich nur Bürger.

Bargteheide. Er könnte ein Vorzeigeprojekt in der Region werden: der Bürgerwindpark in der Bargteheider Feldmark. Denn die Stadt will für ihren Beitrag zur Klimawende einen anderen Weg gehen als die meisten Kommunen und eine eigene Betreibergesellschaft für die Erzeugung der regenerativen Energie gründen. Ziel ist die größtmögliche Bürgerbeteiligung und damit auch der größtmögliche wirtschaftliche Nutzen für Bargteheide.

"Viele Bürgerwindparks in Schleswig-Holstein verdienen den Namen nicht", sagt Kämmerer Joachim Teschke. Ein fremder Investor setze "schlüsselfertig" eine Anlage in die Landschaft. Der Bürger beteilige sich mit ein paar Euro. Teschke: "Und der Unternehmer bestimmt alles und streicht den Gewinn ein." Genau das will Bargteheide verhindern. "Die Wertschöpfung soll im Ort bleiben", sagt der Kämmerer.

Und so würde es funktionieren: Die Bürger kaufen Anteile an der Betreibergesellschaft der Anlage, der Öko-Strom wird über ein Umspannwerk in der Nähe der Feldmark ins Netz eingespeist und verkauft. Der Gewinn wird an die Bürger anteilig ausgeschüttet.

Manche Investoren hätten die Pläne schon skeptisch zur Kenntnis genommen. "Sie meinen, das wäre nicht zu schaffen. Aber wenn die Stadt pfiffig ist, müsste das klappen", sagt der Kämmerer. Er rechnet damit, dass der Bau des Windparks Anfang oder Mitte März 2014 beginnen und innerhalb von sechs Monaten hochgezogen werden könnte.

Ein erster wichtiger Schritt ist schon gemacht. Der städtebauliche Vertrag mit den fünf Eigentümern der Windpark-Fläche am Glindfelder Weg ist unter Dach und Fach, vom Projektausschuss Energie abgesegnet und wird am Donnerstag, 31. Januar, im nicht öffentlichen Teil der Stadtvertretersitzung beraten. Er sieht vor, dass nur ein Bürgerbeteiligungsmodell realisiert werden darf. Alle anderen Möglichkeiten sind ausgeschlossen. Für die Eigentümer der Flächen bedeutet das: Ein lukratives Geschäft mit fremden Investoren ist nicht mehr drin.

Stattdessen verpachten die Besitzer ihre Flächen an die Stadt. "Die Eigentümer sind uns sehr entgegengekommen", sagt Kämmerer Teschke. "Und nur deswegen kann auch die komplette Wertschöpfung in der Stadt bleiben." Und das lohne sich. Wie hoch die Rendite für die Anleger ausfallen wird, sei noch offen. Teschke: "Von zwei bis acht Prozent ist alles möglich." Anfang oder Mitte März will der Kämmerer genauere Zahlen nennen: "Ich möchte eine seriöse Wirtschaftlichkeitsberechnung vorlegen." In den ersten beiden Jahren werde es vermutlich gar keine Ausschüttungen geben. Es mache keinen Sinn, das Geld für den Anschub des Projekts gleich wieder zu verteilen.

"Wir begrüßen einen Bürgerwindpark ausdrücklich", sagt Andreas Bäuerle (SPD) vom Projektausschuss Energie. "Es gibt einen großen politischen Konsens." Die finanziellen Mittel würden im Ort generiert, die Flächen im Ort bereitgestellt. Bäuerle: "Und der Sitz der Gesellschaft wird in Bargteheide sein." So würde die Stadt selbst ökologischen Strom erzeugen, die Bürger wären die Investoren und auch die Gewerbesteuer würde in der Stadt bleiben.

Welche Gesellschaftsform gewählt werden soll, darüber werden Finanz- und Projektausschuss Energie am 13. Februar beraten. Möglich ist die Gründung einer Genossenschaft, einer GmbH oder auch einer GmbH & Co. KG. Die Auflagen sind in jedem Fall enorm. Rund 135 Vorschriften sind zu beachten. "Das wird ein dickes Heft, das die Bürger zu ihrer Information bekommen werden", sagt der Kämmerer. "Das kann die Stadt nicht selbst erstellen, das werden wir vergeben." Das Risiko für die Bürger gehe aber - egal um welche Gesellschaftsform es sich handeln werde - gegen Null. Teschke: "Die Bürger haften nicht. Und sie müssen auch keine Einbußen befürchten, denn die Anlage wird versichert."

Mehr Risiko steckt im Bauleitverfahren, das parallel zur Gründung der Betreibergesellschaft läuft. Das Verfahren ist notwendig, um einen Bebauungsplan für die Windfläche aufzustellen, der alle Details regelt. Wo dürfen die Räder stehen? Wie viele dürfen es sein? Und wie hoch dürfen sie in den Himmel ragen? Es werden Gutachten eingeholt sowie Vereine und Verbände angehört. Auch Bürger können Einwänden erheben. Wie zum Beispiel die Klein Hansdorfer um Hartmut Scheffler, der mit seinen Nachbarn Jürgen Steimle und Manfred Müller eine Initiative gegründet hat, um das Großprojekt in Bargteheide zu verhindern.

Aber selbst wenn der Bebauungs-Plan durchgehen sollte, bestünde für die Kritiker immer noch die Gelegenheit, ein Normenkontrollverfahren gegen den Plan einzuleiten. "Es könnte sogar sein, dass das Verfahren schon vorher scheitert, weil ein Gutachten zu dem Schluss kommt, dass die Windräder in der Einflugschneise von Vögeln liegen würden", sagt Teschke. Letztlich sei das Risiko aber gering. Schließlich habe das Land die Fläche in den Regionalplan aufgenommen.

Kommt der Windpark, dürften nur die Bargteheider Anteile erwerben, ebenso wie die Grundeigentümer und die Bürger aus dem angrenzenden Klein Hansdorf. Profitieren soll natürlich auch das Klima. "Die Erzeugung von erneuerbarer Energie ist ein klimapolitisches Signal", sagt Teschke. Er könne nicht verstehen, wie Menschen gegen Atomkraftwerke demonstrieren und zugleich Windkraftanlagen ablehnen. Im Übrigen gelte: Je größer die Anlagen, umso geringer die Lärmemission. Und dass man ein Windrad in 800 Meter Entfernung am Horizont sehe, sei eine Frage der Optik, aber kein Grund zur Klage - jedenfalls nicht vor Gericht.