Fleißarbeit für den Jahresabschluss: 121 Mitarbeiter machen Inventur beim Kaufhaus Nessler. Sie müssen alle Artikel erfassen.

Es piept. Nicht ein- oder zweimal, sondern immer wieder. Die Geräusche scheinen von überall zu kommen. Sie erinnern an das Piepen, das ertönt, wenn die Kassiererin an der Supermarktkasse die Ware einscannt. Nur dass die Kassen des Ahrensburger Kaufhauses Nessler an diesem Sonnabendnachmittag gar nicht geöffnet sind. Die letzten Kunden haben das Gebäude vor etwa einer Stunde verlassen. Die Türen wurden bereits um 14 Uhr und damit fünf Stunden früher als sonst geschlossen. Der Grund: Es ist Inventur.

"Um unseren Jahresabschluss aufzustellen, müssen wir vorher zwangsläufig einmal Inventur machen und alles zählen. Das ist gesetzlich vorgeschrieben", sagt Geschäftsführer Stefan Skowronnek. "Dadurch können wir feststellen, ob wir einen Warenverlust haben und wie hoch er ist."

In den Gängen und zwischen den Regalen herrscht dennoch Hochbetrieb. 121 Mitarbeiter sind dabei, den Warenbestand zu erfassen. "Die Piepgeräusche kommen von den mobilen Datenerfassungsgeräten, kurz MDE genannt, mit denen unsere Angestellten für die Inventur ausgestattet wurden", sagt Skowronnek. Insgesamt rund 600.000 Artikel müssen allein bei Nessler mithilfe der Geräte erfasst werden, von der Grußkarte über den Kochtopf, den Baby-Beißring, den Fußballschuh und die Jeans bis hin zum Tennisschläger. Hinzu kommen rund 30.000 Bücher, Zeitschriften, Süßigkeiten und Tabakwaren in der angrenzenden Buchhandlung Heymann und dem Geschäft "Erlesenes" im Erdgeschoss, die zeitgleich Inventur machen. Und bei jedem Artikel wird ein Piepgeräusch erzeugt.

Die Abteilungsleiter zählen in allen Fächern noch einmal nach

"Wir haben den Laden in 9500 Bereiche unterteilt und mit unterschiedlichen Fachnummern versehen", sagt Skowronnek. Die Abschnitte seien mit jeweils 50 bis 150 Teilen möglichst klein gewählt worden. "So halten wir den Aufwand gering für den Fall, dass uns ein Fehler unterläuft und wir ein Fach noch einmal neu zählen müssen."

Tina Urban arbeitet sich durch die Abteilung der Bekleidungsmarke Street One. Auch dieser Bereich ist in zahlreiche kleine Fächer unterteilt. Zunächst muss die Nessler-Mitarbeiterin jeweils die vierstellige Fachnummer mit dem Gerät erfassen, danach die Etiketten aller Hosen, Pullover und T-Shirts, die sich dort befinden. Geschäftsführer Stefan Skowronnek sagt: "Es muss wirklich jedes Teil eingescannt werden. Auch wenn beispielsweise zwei Hosen die gleiche Farbe und Größe haben, müssen sie einzeln erfasst werden."

Anschließend macht sich Tina Urban auf den Weg zu einem Rechner, um die Daten zu übermitteln. Dort hat sich bereits eine kleine Schlange an Mitarbeitern gebildet. Ganz vorn steht Mike Schicketanz. Er hat rund 700 Spielfiguren für Kinder gezählt, zum Beispiel Kühe, Schweine und Ziegen. Dementsprechend lange dauert es, bis alle Daten übermittelt sind. Lang ist auch der Zettel, den der Rechner anschließend für ihn ausdruckt. Mike Schicketanz muss ihn an das Fach kleben, in dem er die Figuren gezählt hat. Der Zettel erinnert an einen langen Kassenbon und enthält eine Liste mit allen Artikeln, die vom Mitarbeiter eingescannt wurden.

Danach sind die Abteilungsleiter an der Reihe. Sie zählen die Artikel in jedem Fach per Hand noch einmal nach und vergleichen ihr Ergebnis mit dem auf dem Zettel. Stimmt es überein, setzen sie ihre Unterschrift darunter. Haben sie jedoch einen Fehler festgestellt, muss das ganze Fach noch einmal neu erfasst werden. "Es möchte niemand von uns etwas doppelt zählen müssen", sagt Tina Urban. "Deshalb versuche ich, die ganze Zeit ruhig und konzentriert zu bleiben und mich nicht ablenken zu lassen."

Etwa fünf Prozent der Artikel müssen noch per Hand gezählt werden

Ähnlich geht es auch Antje Wachholz-Wielert. Sie ist in der Kinderabteilung für die Baby-Artikel zuständig. "Wichtig ist, den Überblick zu behalten und sich immer wieder selbst zu kontrollieren, dass man alles erfasst hat", sagt Antje Wachholz-Wielert und greift wieder zu ihrem mobilen Datenerfassungsgerät, um sich das nächste Fach vorzunehmen. Doch nicht alle Artikel im Kaufhaus Nessler können mit den mobilen Datenerfassungsgeräten eingescannt werden. "Etwa fünf Prozent müssen per Hand gezählt werden, weil sie zum Beispiel zu klein sind, um mit einem Scan-Code versehen werden zu können", sagt Skowronnek.

Dazu zählen unter anderem mehrere Tausend bunten Knöpfe in der Heimtextilienabteilung. "Wir haben sie in den vergangenen Wochen vorgezählt, weil wir sonst heute gar nicht alles schaffen würden", sagt Mitarbeiterin Renate Ingwersen, und ihre Kollegin Marion Meinecke ergänzt: "Immer, wenn wir keine Kundschaft hatten, haben wir uns an die Arbeit gemacht."

Auf den vielen kleinen Röhrchen im Regal steht deshalb bereits die Anzahl der Knöpfe, die sich jeweils darin befinden. Marion Meinecke liest die Zahlen laut vor, Kollegin Renate Ingwersen tippt sie in ihren Taschenrechner ein. Sie sind ein eingespieltes Team. "Das ist für uns schon Routine", sagt Ingwersen. "Es ist meine 30. Inventur." Nach dem Erfassen mit dem Taschenrechner und einer Notiz auf einem Zettel kommen die Röhrchen in den blauen Einkaufskorb von Lena Burmeister. Wie alle Abteilungsleiter hat sie die Aufgabe, die Artikel noch einmal nachzuzählen.

Etwa neun Stunden brauchen die Mitarbeiter, um alle Artikel im Kaufhaus Nessler zu zählen. Zur Stärkung gibt es zwischendurch Kaffee und Kuchen. Antje Wachholz-Wielert sagt: "Ich bin immer erleichtert, wenn alles vorbei ist und es gut geklappt hat."