In Glinde treffen sich Züchter, um bei einer Katzenschau ihre Tiere beurteilen zu lassen. Mehr als 200 schöne Exemplare zu bewundern.

Glinde. Dass etwas merkwürdig ist in Glinde, zeigt sich schon am Verhalten des Weihnachtsmannes. "Habt ihr Katzen", fragt er an diesem Tag, dabei heißt es doch seit Jahrhunderten "Wart ihr brav?". Aber gut, er passt sich thematisch an, und das Thema im Entrée Hotel an diesem Wochenende ist eben Katze.

Mehr als 200 besonders schöne Exemplare sind am Sonnabend und Sonntag zu der 553. internationalen Rassekatzen-Ausstellung des Ersten Deutschen Edelkatzenzüchter-Verbandes (1.DEKZV) gekommen. Sie verbringen das Wochenende im Käfig, weil Schönheit eben auch verpflichtet. "Die meisten stört das nicht, sie schlafen ohnehin die meiste Zeit", sagt Dietmar Sagurski, der Vorsitzende des Vereins. "Wenn eine Katze sehr aufgeregt ist und auch nicht im Käfig sein mag, sollte man sie zu Hause lassen." Und tatsächlich, die Katzen wirken ganz zufrieden in ihren Käfigen, vielleicht wissen sie, dass zum Schönsein auch eine gewisse Würde gehört. Oder sie empfinden ihre Käfige nicht als Käfig, sondern als Bühne. Das könnte ihnen niemand verdenken, die Käfige sind geschmückt mit Vorhängen aus Spitze, mit Stickereien oder Pailletten. Und die Katze mit der Startnummer 208 hat sogar welche aus Spitze und Leopardenplüsch.

Kurt Beinsen ist mit Mabou hier, eine Katze der Rasse Russisch Blau, die im ganzen Mabou Tabita von der Weper heißt. "Eine schöne Katze. Aber jetzt hat sie bald Pause, sie bekommt erst mal Babys", sagt Beinsen. "Von wem?", fragt Angelika Scholz. "Von Nanouk." "Ach, ja." Man kennt sich. Angelika Scholz gehört zur Ortsgruppe Lübeck, sie ist mit Ehemann da, aber ohne Katzen. "Aber wir haben vier Russen zu Hause. Das ist unser Zonk", sagt sie und zeigt ein Foto auf ihrem Handy, als wäre sie eine stolze Großmutter, die ein Bild von ihrem Enkelkind präsentiert. "Der ist zu früh gekommen und war ganz haarlos. Jetzt ist er richtig schön, schöner als sein Vater." So etwas wiederum würde eine Großmutter wohl nicht über Enkelkind und Schwiegersohn sagen.

Kommerzielles Züchten ist verboten, es soll nicht um Profit gehen

Die Konversation findet nicht an einem Kaffeetisch statt, sondern im Stehen. Kurt Beinsen wartet vor einem Richtertisch, gemeinsam mit anderen Russisch-Blau-Besitzern. Die Tiere sind in vier Kategorien eingeteilt: I. Langhaar-Katzen und Exotic Kurzhaar, II. Semilanghaar-Katzen, III. Kurzhaar-Katzen und Somali, IV. Siamesen, Orientalisch Kurz- und Langhaar-Katzen. Mabou gehört in Kategorie III, aber in jeder Kategorie ist das Gleiche wichtig: die Rassestandards. Die Richter bewerten die Fellqualität, die Kopfform, den Körperbau.

Darum sind die meisten Katzenbesitzer hier, sie wollen bestätigt schöne Tiere. Denn es gibt bei Katzenausstellungen in Deutschland kein Geld, sondern Sachpreise zu gewinnen. Aber wer einen Titelträger hat, kann nicht nur stolz sein, sondern auch seine Katzenkinder, die Kitten, besser verkaufen. Obwohl, das wird besonders betont, es geht um Hobbyzuchten. "Kommerzielles Züchten ist bei uns verboten, da achten wir mit Argusaugen drauf", sagt Dietmar Sagurski vom Katzenverband. "Es soll nicht um den Gewinn gehen, sondern darum, vernünftige, gesunde Tiere zu haben." Sagurski hat in den 80er-Jahren selbst gezüchtet, nun nicht mehr. Aber er hat noch Katzen, eine Perser-, eine Siam- und eine Hauskatze, letztere ist ihm zugelaufen. Er mag Katzen, seit er ein Kind war, besonders gefällt ihm das, was alle Katzenbesitzer mögen: die Eigenständigkeit. "Sie bestimmen selber, wann sie Zuwendung wollen. Aber sie merken auch, wenn es einem schlecht geht. Es sind sehr gute therapeutische Tiere."

Die Richtertische sind an einer Wand nebeneinander angeordnet, auf jedem steht Küchenpapier und eine Sprühflasche mit Desinfektionsmittel. Nach jeder Katze wird der Tisch desinfiziert. Zwar begutachtet ein Tierarzt alle Katzen, bevor sie auf die Ausstellung dürfen. Aber wegen der Inkubationszeit kann niemand ganz sicher sein, man will lieber nichts riskieren. Auch keinen Streit. "Die Richter geben den Besitzern direkt ein kleines Feedback, was ist gut, was könnte besser sein", sagt Dietmar Sagurski. "Dann ist die Entscheidung für die Aussteller besser nachvollziehbar. Auch, wenn es hart ist. Denn für einen Besitzer ist sein Tier immer das schönste."

Das ist auch für die Besucher erkennbar. Man ist von sich überzeugt. Auf einem Schild, das auf einem Käfig steht, ist folgendes zu lesen: "Dieser Blick!! Diese Augen!! Ein wahrer Traum in schneeweiß!!! Audiometrisch hörgetestet und voll hörfähig. Weißzucht ist eine Sache des Vertrauens." Schräg gegenüber wird Reklame für einen Staubsaugerfuß gemacht, auch er wurde getestet und beseitigt, so heißt es, Tierhaare besonders gut.

Der Kater Bruno lebt inzwischen in Deutschland, spricht aber Dialekt

Bruno Della Casa-Prima wurde heute nicht nur von seinen Besitzern gelobt, sondern auch von den Richtern. "Er ist Rassebester geworden", sagt Stefan Kirn. Bruno stammt aus Frankreich. Er hat sich zwar an seine neue Familie gewöhnt, aber den Dialekt spricht er noch. Auf seiner Internetseite stellt er sich vor: "Isch bin Brüno und bin ein Chartreux-Kater. Brüno? Naja, isch schreibe mich Bruno, aber dann sagen ier alle nur Bruno, isch eiße aber Brüünoooo."

Der Allerschönste ist der Franzose an diesem Tag allerdings nicht, meinen die Richter. Als am Ende des Tages die "Best in Show" gewählt wird, die laut einer Richterin "Crème de la Crème jeder Kategorie", wird vom internationalen Richterteam nicht Brunos Nummer hochgehalten. So bekommt er keinen Pokal, sondern nur eine Schleife, aber schlimm ist das eigentlich nicht. Das Publikum konnte trotzdem sehen, wie gut Brunos goldene Augen zu seinem blauen Fell passen. Bis zum Ende der Veranstaltung sind ohnehin fast nur die Aussteller geblieben. Und der Weihnachtsmann. Der hat übrigens auch eine Katze. Sie heißt Funky, ganz ohne vornehmen Nachnamen.