Der rechte Modeladen in Glinde will per Anwalt die täglichen Demonstrationen unterbinden. Daher zieht die Initiative nun vorerst um.

Glinde. Seit mehr als einem Jahr demonstrieren Glinder täglich mit Mahnwachen gegen das Geschäft "Tønsberg" an der Möllner Landstraße, das die in der Neonazi-Szene beliebte Modemarke "Thor Steinar" führt. Doch die Betreiber des Ladens haben den Demonstranten jetzt Steine in den Weg gelegt. Sie wehren sich mit juristischen Mitteln dagegen, dass die Teilnehmer der Mahnwache auch Teile des Parkplatzes nutzen, der vor dem Geschäft liegt. Die Rechtslage spricht offenbar für die Firma aus Mittenwalde in Brandenburg - die Demonstranten mussten deshalb bereits auf den Gehweg umziehen. Die Mahnwachen wollen sie weiterführen, doch das Konzept wird sich ändern müssen.

Wie der Rechtsanwalt Christian Verstege bestätigt, hat der Vermieter des Geschäfts kürzlich einen Brief vonseiten der Betreiber-Firma des Tønsberg-Geschäfts erhalten. In diesem Schreiben wird der Vermieter aufgefordert, die Demonstrationen auf dem Parkplatz zu unterbinden, der dem Vermieter gehört. "Es ist eine deutliche Aufforderung mit der klaren Androhung rechtlicher Schritte", sagt Christian Verstege. Er vertritt den Vermieter, der selbst nicht Stellung zu der Sache nehmen will. Dieser ist nun aber rechtlich dazu verpflichtet, der Aufforderung seines Mieters nachzukommen. Es habe eine Frist gegeben, die am Montag abgelaufen sei. "Der Vermieter kann verlangen, dass er alles dafür tut, dass das Geschäft des Vermieters nicht beeinträchtigt wird", sagt Verstege. Und zu so einer Beeinträchtigung ist es offenbar gekommen: "In dem Schreiben ist von bereits eingetretenen Umsatzeinbußen die Rede", sagt Verstegen.

Roman Petereins, Rechtsanwalt der Betreiberfirma des Glinder Geschäfts, will sich nur kurz gegenüber dem Abendblatt äußern. "Im Rahmen des Mietverhältnisses hat die Mieterin einen Anspruch darauf, dass das vor dem Geschäft aufhört", so der Jurist aus Königs Wusterhausen bei Berlin. Zu den Umsatzeinbußen, die in dem Schreiben erwähnt sind, will er nichts sagen.

Bei der Bürgerinitiative "Glinde ist bunt", die die täglichen Mahnwachen organisiert, hat man sich bereits auf die veränderte Lage eingestellt. Die Aktivisten wollen nicht darauf warten, dass der Vermieter - der die Initiative bisher duldete - gezwungen ist, sein Hausrecht durchzusetzen. Deshalb sind sie umgezogen. "Wir haben das Grundstück verlassen. Die Mahnwache ist jetzt auf dem Gehweg. Und sie achtet natürlich darauf, dass der laufende Verkehr nicht behindert wird", sagt Johannes Ratzek, Sprecher der Initiative. Rechtlich sei der Protest auf dem Gehweg, der öffentlicher Raum ist, gedeckt.

Die Initiative hatte die Mahnwachen bis zum 31. Dezember dieses Jahres bei der Kreisverwaltung beantragt. Diese hatte daraufhin, so Johannes Ratzek, einen Demonstrationsraum definiert, der den Gehweg und auch die Hälfte des Parkplatzes umfasste. Die Initiative geht nun davon aus, dass sie zumindest bis Ende des Jahres den Gehweg nutzen kann.

Danach will die Initiative die Mahnwachen neu beantragen. Auf das Zelt, das zum Markenzeichen der Mahnwache geworden ist, wird man aber voraussichtlich verzichten müssen. Das sieht auch Bernd Mahns so, der Leiter des Glinder Amtes für Bürgerservice, das vor einer Genehmigung eine Stellungnahme abgeben müsste. "Mit dem Zelt wäre der Protest wohl nicht genehmigungsfähig. In anderer Form wahrscheinlich ja." Bürgermeister Rainhard Zug, der die Initiative stets unterstützt hat, war gestern nicht erreichbar. Der SPD-Fraktionschef Bernd Wersel, der sich an Mahnwachen beteiligt hat, sagt: "Es wäre schade, wenn die Initiative nicht weitermachen kann. Wir wollen in Glinde kein Geschäft, das solche Kleidung verkauft."

Bei den Organisatoren der Mahnwache denkt man auch darüber nach, an anderen Orten in Glinde aktiv zu werden: "Wir diskutieren zurzeit, 2013 neue Aktionen zu machen, etwa an Schulen", sagt Johannes Ratzek.

Vielleicht ist im kommenden Jahr ja auch die Rechtslage eine andere - und das umstrittene Geschäft muss weichen. Wie berichtet, hatte der Vermieter vor dem Lübecker Landgericht auf Räumung geklagt. Er fühlte sich bei Vertragsabschluss über die Art des Geschäfts getäuscht. Die Klage wies das Landgericht ab, doch Rechtsanwalt Christian Verstege legte Berufung ein. Ein Verhandlungstermin steht noch nicht fest.

Am Mittwoch, 30. Januar, 20.15 Uhr, zeigt das NDR-Fernsehen die Dokumentation "Der Norden schaut hin", in dem voraussichtlich auch Aufnahmen von den Protesten in Glinde zu sehen sein werden.