Feuerwehr beschwert sich über nicht geräumte Strecken. Räumdienste sind im Dauereinsatz. Sie arbeiten nach einer Prioritätenliste.

Bargteheide/Lütjensee . Eine traumhafte Winterlandschaft - dies dürften so manche Menschen beim Anblick der schneebedeckten Dächer und Felder in Stormarn denken. Doch nicht jeder kann sich am Wintereinbruch erfreuen. Spiegelglatte Fahrbahnen und zugeschneite Straßen sorgen dafür, dass Autofahrer in Stormarn ins Rutschen kommen und der Winterdienst vor großen Herausforderungen steht.

"Natürlich versuchen wir, alle Straßen so schnell wie möglich zu räumen", sagt Jens Sommerburg, Leiter des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr (LBV) in Lübeck. "Jedoch können wir nicht überall zur selben Zeit sein." Damit reagiert Sommerburg auf heftige Kritik von der Feuerwehr in Lütjensee. Wie berichtet, war am Mittwoch ein 35 Jahre alter Mann von der Kreisstraße 30 mit seinem Chevrolet Matiz von der Fahrbahn abgekommen und in den Graben gerutscht. Er wurde dabei schwer verletzt. "Als wir gegen 14 Uhr am Einsatzort ankamen, war die Straße spiegelglatt", erinnert sich Reinhard Dabelstein. "Wir konnten nur langsam zur Unfallstelle fahren und sind beim Aussteigen fast ausgerutscht", fügt der Trittauer Amtswehrführer hinzu.

Ob dieser Unfall lediglich auf die glatte Fahrbahn zurückzuführen ist, ist noch unklar. "Wir müssen die genaue Unfallursache noch ermitteln", sagt Polizeisprecherin Sonja Kurz. "Vieles deutet auch daraufhin, dass es dem Mann gesundheitlich nicht gut ging."

Reinhard Dabelstein kritisiert indes dass die K 30, die Lütjensee mit Siek verbindet, fast nie geräumt werde und vor allem im Winter ein Unfallschwerpunkt sei. "Ich war am Mittwoch morgens um 8 Uhr auf der Straße unterwegs und da war die Fahrbahn spiegelglatt. Bis zum Unfall ist offenbar nicht geräumt worden", so der Feuerwehrmann. Jens Sommerburg widerspricht: "Auf der Straße ist vor dem Unfall gestreut worden", sagt der Leiter des LBV in Lübeck und erklärt, dass es in Stormarn eine Räumliste mit Prioritäten gebe.

Bundes- und Landstraßen werden zuerst geräumt

"Diese ist natürlich vom Standort der Meistereien abhängig", sagt Sommerburg. Beispielsweise sind die Mitarbeiter der Straßenmeisterei in Bargteheide für 267 Kilometer Bundes-, Landes- und Kreisstraßen zwischen Tangstedt, Steinburg, Großensee und Bad Oldesloe verantwortlich. "Wir versuchen, Leerfahrten zu verhindern und planen entsprechend", sagt Sommerburg. "Jedoch gilt, dass zuerst Bundes-, dann Landes- und zuletzt Kreisstraßen geräumt werden", so der Leiter des LBV in Lübeck. "Es gibt aber auch Ausnahmen." Beispielsweise stünde die Kreisstraße 80 zwischen Reinbek und Barsbüttel weit oben in der Prioritätenliste, weil diese stark befahren sei.

Diese Strecke sowie der gesamte Süden von Stormarn wird von der Autobahn- und Straßenmeisterei Grande geräumt. Im Norden des Kreises sind indes die Fahrzeuge der Straßenmeisterei Lübeck unterwegs. Für die A 1, Teile der A 21 und A 20 ist die Autobahnmeisterei Bad Oldesloe zuständig.

Um 3 Uhr morgens fährt ein Kontrollfahrzeug die Straßen ab

Fünf eigene und 13 von externen Firmen angemietete Räumfahrzeuge sind auf den Bundes-, Landes- und Kreisstraßen unterwegs und räumen die Straßen. "Mit den Firmen haben wir Verträge und deren Mitarbeiter und Fahrzeuge stehen auch im Winterdienstplan ", so Sommerburg.

Die Mitarbeiter sind im Zwei-Schicht-Betrieb zwischen 6 Uhr und 22 Uhr mit ihren Streufahrzeugen unterwegs. Sollte sich die Wetterlage bis dahin beruhigen, haben die Mitarbeiter der Straßenmeistereien bis zum nächsten Morgen lediglich Rufbereitschaft. Um 3 Uhr morgens fährt täglich ein Kontrollfahrzeug die wichtigsten Strecken in Stormarn ab. Sollte es glatt sein, werden die Mitarbeiter schon vor 6 Uhr alarmiert.

Neben den Kontrollfahrten können auch Sensoren in der Fahrbahn die Räum- und Streufahrzeuge auf den Plan rufen. Das Straßenzustands- und Wetterinformationssystem, kurz SWIS, sendet alle relevanten Informationen an die Meistereien im Kreis. "Die Sensoren messen die Temperatur der Fahrbahn sowie die Luftfeuchtigkeit", sagt Jörg Becker, Leiter der Autobahnmeisterei Bad Oldesloe. Zudem liefert die Betriebsdienstzentrale in Neumünster Daten über die zu erwartende Wetterlagen. Die 27 Mitarbeiter der Oldesloer Autobahnmeisterei räumen täglich etwa 100 Kilometer Autobahn zwischen Hamburg und Lübeck und streuen dort ein Salz-Laugen-Gemisch. "Seit Dienstag um 19.30 Uhr sind wir im Dauereinsatz", so Becker. Seine Mitarbeiter räumen zunächst die linke und mittlere Fahrspur, dann die rechte, den Standstreifen, sowie die Autobahnzubringen und Parkplätze. "Im Idealfall, sind wir in sechs Stunden durch", so Becker.

Bereits im Januar starb eine Frau bei einem Glätteunfall auf der K 30

Doch nur selten treffe der Idealfall zu, sagt der Chef der Autobahnmeisterei. Auch Jens Sommerburg spricht von einer Sisyphusarbeit. "Wenn es permanent schneit oder gar Eisregen gibt, können wir immer wieder von vorn anfangen", sagt er.

Trittaus Amtswehrführer Reinhard Dabelstein ist der Meinung, dass dann die gefährlichsten Stellen in Stormarn zuerst geräumt werden sollten. So wie die K 30. "Es kann nicht sein, dass eine Strecke, auf der Schulbusse fahren, erst spät geräumt wird", sagt er und erinnert sich neben den Unfall am Mittwoch an einen tödlichen Glätteunfall im Januar dieses Jahres auf derselben Strecke.

Eine 23 Jahre alte Smartfahrerin war damals in den Gegenverkehr gerutscht. Dort stieß das Auto der Frau mit einem entgegenkommenden Linienbus zusammen. Die junge Fahrerin starb noch in dem Autowrack.

Polizeisprecherin Sonja Kurz fordert alle Autofahrer indes auf, jetzt auf allen Straßen besonders vorsichtig und nicht zu schnell zu fahren. Kurz: "Für alle, die ihr Auto noch nicht winterfest gemacht haben und noch mit Sommerreifen unterwegs sind, wird es jetzt höchste Eisenbahn."