Räumungsklage gegen rechtes Mode-Geschäft in Glinde abgewiesen. Vermieter und Bürger reagieren entsetzt

Lübeck/Glinde . Für viele Glinder ist es eine erschütternde Nachricht. Das Landgericht Lübeck hat gestern Mittag die Räumungsklage gegen den Tønsberg-Laden an der Möllner Landstraße in Glinde abgewiesen. Laut Richter Claus Fink habe der klagende Vermieter nicht beweisen können, dass der Mieter ihn bei dem Vertragsabschluss arglistig getäuscht habe.

"Wir sind einfach nur fassungslos", sagte die Ehefrau des Vermieters, Margarita Herbst, gestern nach der Verkündung im Landgericht. "Damit hätten wir nicht gerechnet." Sie könne die Entscheidung des Richters nicht nachvollziehen. "Die Frage muss doch sein: Warum ist das wichtigste Schriftstück nicht von uns unterschrieben worden?", fragt sie verärgert.

Das Schriftstück, das sie meint, ist Teil des umfangreichen Mietvertrages. Und wohl das wichtigste Schriftstück in diesem Fall überhaupt. In diesem nämlich klärt der Inhaber des Ladens, die Bestmarke Textil GmbH mit Sitz in Mittenwalde, die Vermieterseite darüber auf, dass die Bekleidungsmarke Thor Steinar in dem Geschäft verkauft werden soll. Und dass es durch den Geschäftbetrieb vor dem Laden zu Demonstrationen oder sogar Ausschreitungen kommen kann.

Laut Herbst jedoch wurde der Vermieterfamilie das Schriftstück nie vorgelegt. Sie hätten erst zu einem späteren Zeitpunkt das Schriftstück im Vertrag entdeckt und sofort versucht, den Mietvertrag rückgängig zu machen. Ihr Vorwurf: Die Mieter haben den Vertrag bei der Unterzeichnung manipuliert.

Während der Zeugenvernehmung vor dem Landgericht sagte Matthias P., der sich um die Anmietung von Geschäftsimmobilien für die Brandenburger Firma kümmert, zwar aus, dass der Mietvertrag erst bei der Unterzeichnung zusammengenietet wurde. Jedoch seien ein Vertragsentwurf, der laut Vermieterfamilie Herbst das Schriftstück nicht enthielt, und der endgültige Mietvertrag identisch gewesen. Den Vorwurf der Vermieter hatten auch die übrigen Zeugen der Beklagten vor Gericht zurückgewiesen. Damit stand Aussage gegen Aussage. Unter den Zeugen war auch der ehemalige Geschäftsführer des Unternehmens, Uwe Meusel. Welche Rolle er im Unternehmen spielt, blieb aber schleierhaft.

Die Mittenwalder Firma hatte in den vergangenen Jahren mehrfach Läden räumen müssen, weil sie Vermieter nicht aufgeklärt hatte, was in den Geschäften verkauft werde soll und welche Konsequenzen der Geschäftsbetrieb mit sich bringen kann. Laut eines Urteils des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe aus dem Jahr 2010 müssen Mieter von Gewerberäumen auch ohne Nachfrage "außergewöhnliche Umstände" mitteilen, die für den Vermieter "offensichtlich von erheblicher Bedeutung sind" - dazu zählt auch, dass es vor dem Geschäft zu Ausschreitungen kommen kann. Die Modemarke Thor Steinar wird von Anhängern der rechten Szene getragen.

Ob die Glinder Vermieter in Berufung gehen, wollen sie in der kommenden Woche mit ihrem Rechtsanwalt Christan Verstege entscheiden. "Momentan sind wir einfach nur an einem Tiefpunkt angekommen. Das müssen wir erst einmal sacken lassen", sagte Margarita Herbst. "Aber egal, wie es jetzt weitergeht, wollen wir uns bei der Glinder Bevölkerung bedanken, die uns in den vergangenen Monaten beigestanden hat. Besonderer Dank gilt unseren anderen Mietern, die uns die Treue gehalten haben und oft fragten, wie es uns geht."

Mit großem Entsetzen haben auch die Vertreter der Bürgerinitiative die Nachricht aufgenommen, dass es den Thor-Steinar-Laden möglicherweise bis Vertragsende im Jahr 2016 geben wird. "Wir sind maßlos enttäuscht", sagt Johannes Ratzek, Sprecher der Bürgerinitiative Glinde gegen rechts. "Wir hatten auf einen Kompromiss gehofft und dass die Mietzeit eventuell halbiert wird." Er hoffe, dass der Protest gegen den Laden dennoch in Glinde weiter geht, auch die tägliche Mahnwache aufrechterhalten wird. "Alles andere wäre ein falsches Signal."