Nach öffentlicher Parteienschelte reden Oststeinbeker Politiker von Martina Deneckes Abwahl. Der Ältestenrat berät über Konsequenzen.

Oststeinbek. "Bezaubernde und berührende Momente der Oper" werden am kommenden Sonnabend bei einem Konzert im Oststeinbeker Bürgerhaus zu hören sein. Nebenan, im Rathaus der Gemeinde, wird ein ganz anders Stück aufgeführt. Ein Stück ohne jegliche bezaubernden und berührenden Elemente. Ein Stück, das mit der Abwahl der Bürgermeisterin Martina Denecke enden könnte. Die hat anderthalb Jahre nach ihrer Wahl die Gemeindevertreter endgültig gegen sich aufgebracht.

"Sprachlos" sei er gewesen, als er das gelesen habe, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Hans-Joachim Vorbeck. "Das" war ein kurzer Abschnitt im gemeindlichen Mitteilungsblättchen "Oststeinbek Aktuell". "Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass einige Inserenten das Mitteilungsblatt zweckentfremden und zur kostenlosen Verbreitung ihres Dysphemismus (neudeutsch: shitstorm) missbrauchen?", heißt es dort recht unverblümt. Und weiter: "Fühlen Sie sich bei solch einer Partei gut aufgehoben oder möchten Sie Mitglied einer solchen Organisation werden, die derart agiert und mit ihren brachialen Mitteln längst die Sachebene verlassen hat?"

Anschließend ruft der Verfasser jener Zeilen zu einer Umfrage zur Zukunft des Blättchens auf - und verabschiedet sich mit den beiden Worten "Ihre Verwaltung". Nun kann nicht eine komplette Verwaltung gemeinschaftlich einen Text schreiben. Die Gemeindevertreter haben keinen Zweifel, wer hier zum Stift gegriffen hat: die Bürgermeisterin selbst. "Im Rathaus geschieht nichts ohne ihre Genehmigung, sie kontrolliert alles", sagt Irene Kastner, die SPD-Fraktionsvorsitzende. "Ich halte es für ausgeschlossen, dass das ein Verwaltungsmitarbeiter geschrieben hat."

Die vier Fraktionen der Gemeindevertretung hat die gedruckte Parteienbeschimpfung zusammengeschweißt. In einer Erklärung von CDU (zehn Sitze), SPD (6), OWG (3) und FDP (2) heißt es: "Eine oder mehrere Parteien zu diffamieren, ist ungeheuerlich und beschädigt das Ansehen der für Oststeinbek tätigen Kommunalpolitiker." Der FDP-Gemeindevertreter Michael Holtermann findet, die Bürgermeisterin habe das mit Steuergeldern finanzierte Mitteilungsblatt dazu missbraucht, um Stimmung gegen ihr offenbar missliebige Politiker zu machen. Bei allen ist eine Einsicht zu spüren, die der OWG-Fraktionschef Rudi Hametner so formuliert: "Das Maß ist voll." Und weiter: "Das Thema Abwahl steht im Raum."

Andere Fraktionen wollen sich so deutlich noch nicht äußern. Tatsache ist, dass die Parteien die Option Abwahl nicht ausschließen. Sie wollen sich zunächst darüber informieren, unter welchen Voraussetzungen ein Abwahlverfahren eingeleitet werden kann und wie es vollzogen wird (siehe rechts). In der kommenden Woche werden sich der Ältestenrat und der Hauptausschuss mit der Frage beschäftigen, welche Konsequenzen die Attacke per Mitteilungsblatt für die Bürgermeisterin hat.

Über ihre Motive kann nur spekuliert werden. Zu einem Telefongespräch mit dieser Redaktion war Martina Denecke gestern nicht bereit. Während Kommunalpolitiker selbstverständlich telefonisch gestellte Fragen beantworteten, während dies auch Minister, Landräte und Bundestagsabgeordnete tun, beharrte die Bürgermeisterin auf einer Begegnung in Oststeinbek.

Denecke ist 2011 per Direktwahl ins Bürgermeisteramt gekommen, unterstützt wurde sie von CDU und FDP. Schon bald nach ihrem Amtsantritt im Mai gab es Ärger. Sie handle stur nach Paragrafen, hieß es, ohne Gespür für die Bedürfnisse der Menschen. Im September 2011 warf der langjährige Bürgervorsteher Gerhard Bülow (CDU) hin, weil die Zusammenarbeit nicht klappte. "Ich muss es mir nicht mehr antun, mich zu ärgern", sagte er damals.

Seitdem ist der Krankenstand in der Verwaltung derart angestiegen, dass sich manch ein Politiker Sorgen um die Arbeitsfähigkeit des Rathauses macht. Seitdem waren auch die Experten des Stormarner Gemeindeprüfungsamts in dem Gebäude neben dem Bürgerhaus. Sie haben, so ist zu hören, in den Akten des Rathauses weder bezaubernde noch berührende Momente gefunden. Ende November wird sich der Hauptausschuss über den Geheimbericht der Kreisbehörde beugen.