Eine Gegenrede von Martina Tabel

Das Ahrensburger Rathaus soll unter Denkmalschutz gestellt werden. Das fehlte noch, hieß es in der Sonnabend-Ausgabe an dieser Stelle. Das Argument des Kollegen: Das Rathaus ist hässlich. Viele gehen noch weiter: Das ist hässlich, das muss weg. Wie logisch das auf Anhieb klingt. Und wie bitter beim zweiten Nachdenken.

Ein Blick in die Welt der Werbung reicht, um sich die Absurdität einer Schönheitsdebatte klarzumachen. Oder schauen wir in die Kunstgeschichte. Barock bedeutet schiefrund, sonderbar, befremdlich. Es dauerte Jahrhunderte, bis sich der Begriff ins Positive wandelte. Zum Glück haben eine Reihe von Bauwerken reinsten Stils diese Jahrhunderte überstanden.

Gebäude sind Wohnstätten, Treffpunkte, Kulturdenkmale - und ein Stück Zeitgeschichte. Wir müssen sorgsam mit ihnen umgehen. Und der Denkmalschutz muss ein Auge darauf haben. Auch auf das Ahrensburger Rathaus. Es ist der Inbegriff der 70er-Jahre. Eine Architektur in Reinkultur. Und darum geht es. Sie muss nicht hübsch sein, um geschützt zu werden, sondern etwas Besonderes. Man sollte auch nicht glauben, dass ein möglicher Rathaus-Neubau in den Augen aller schön sein würde. Die bisherige Innenstadtplanung lässt eher das Gegenteil vermuten.

Der Palast der Republik hatte als Zeichen der DDR-Diktatur keine Überlebenschance. Aber haben nicht die Nazis mit einem Fackelzug durch das Brandenburger Tor ihre Machtergreifung gefeiert? Politische Argumente führen ebenso wenig weiter wie ästhetische. Denkmalschutz wertet nicht, sondern bewahrt.

Der Rathausentwurf von Karl-Heinz Scheuermann war das preisgekrönte Ergebnis eines Wettbewerbs und Ausdruck des Zeitgeistes. Den gilt es, für spätere Generationen zu dokumentieren. Nein, das blockiere die Stadtplanung, hieß es an dieser Stelle, Rathaus und Rathausplatz seien ein Gesamtkunstwerk, und das sei der spannende Punkt. Stimmt, denn Abriss und Neubau wären teuer. Und Ahrensburg ist verschuldet. Wir haben schon erlebt, wie die Stadt von Investoren vorgeführt wurde, weil B-Pläne fehlten oder schlicht das Geld lockte. Der Verkauf der Innenstadtfläche würde richtig Geld bringen - und die Gefahr, dass hier Konsum-Kästen entstehen, die sich bereits hundertfach über das Land erstrecken. Dann lieber dieses Rathaus. Meinetwegen hässlich, aber mit Charakter.