Ehemalige Führungskraft im Oststeinbeker Rathaus zieht nach Herabstufung vor Gericht. Die Gemeinde muss jetzt dafür zahlen.

Oststeinbek/Schleswig. "Das Beste haben wir uns bis zum Schluss aufgehoben", sagt Helmut Meerjanssen - und eröffnet nach einem langen Tag voller beamtenrechtlicher Streitfälle die letzte Verhandlung im Saal 3 des Schleswiger Verwaltungsgerichts. Ein ehemals leitender Rathausmitarbeiter gegen die Gemeinde Oststeinbek, darum geht es - und das Attribut "das Beste", so viel wird schnell klar, ist irgendwie ironisch gemeint. Denn der Verwaltungsrichter Meerjanssen ist zwar humorbegabt, aber doch recht erstaunt über das, was Oststeinbek in Gestalt der Bürgermeisterin Martina Denecke da verzapft hat - und was die Gemeinde wohl rund 5000 Euro kostet.

Der Mann, um den es geht, trägt ein fliederfarbenes Hemd und helles Jackett. Er war Anfang 2011 von Reinbek nach Oststeinbek gewechselt. Deneckes Vorgänger im Bürgermeisteramt, Karl Mentzel, hatte ihn eingestellt. Ende April 2011 ging Mentzel in Ruhestand, Denecke kam. Und die war nicht zufrieden mit der Führungskraft an ihrer Seite. Dessen Probezeit lief Ende 2011 ab. Wenige Tage vor Weihnachten, am 21. Dezember, bekam er Post von seiner Chefin. Inhalt: ein Bescheid, wonach die Probezeit nicht in ein ordentliches Dienstverhältnis münden werde.

Diese Entscheidung hatte schwerwiegende Folgen für den Beamten. Er verlor den Posten und das höhere Gehalt und musste, wie zuletzt in Reinbek, als Sachbearbeiter Dienst in der Oststeinbeker Verwaltung tun. Der Mann legte Widerspruch gegen diese Herabstufung ein. Kurios: Sein Arbeitgeber rührte sich nicht. Der Widerspruch wurde nicht bearbeitet. Deshalb griff der Beamte zum Mittel der Untätigkeitsklage. Und deswegen kommt es nun im Saal 3 des Schleswiger Verwaltungsgerichts zur Verhandlung.

+++ Sorge um Oststeinbek +++

Richter Meerjanssen braucht nicht viele Sätze, um den Sachverhalt zu schildern und zu folgendem Schluss zu kommen: "Der Bescheid der Gemeinde Oststeinbek ist schon formal rechtswidrig." Grund: Die Begründung fehlt. Meerjanssen: "Das ist schon ungewöhnlich. Sinngemäß steht da nur: Sie haben nicht ordentlich gearbeitet, deswegen ist jetzt Schluss. Das reicht hinten und vorne nicht."

Dass die Gemeinde später eine Begründung nachgeschoben habe, sei unerheblich. "Sie war ans Verwaltungsgericht adressiert, sie hätte natürlich an den Betroffenen adressiert werden müssen, denn der muss ja wissen, warum er nicht Führungskraft bleiben sollte", sagt Meerjanssen. Das Fazit des Richters: "Ich hebe den Bescheid auf, das ist Ihnen doch klar, oder?"

So klar war das der Bürgermeisterin offenbar nicht. Die dreiköpfige Oststeinbeker Delegation - neben Denecke besteht sie aus dem Hamburger Rechtsanwalt Joachim Blau und aus Claudia Hörlyk, Personalleiterin der Gemeindeverwaltung - wirkt wie vom Donner gerührt. Blau protestiert nur schwach: "Dass Sie die nachgelieferte Begründung nicht akzeptieren wollen, verstehe ich nicht." Meerjanssen wiederholt geduldig seine Argumentation. Und legt nach. "In der Beurteilung, die Sie nachgeschoben haben, bekommt der Beamte die Note ,Vier'", sagt Meerjanssen. "Das ist keine gute Note, sicher, aber es ist ein Ausreichend. Wie passt das zusammen mit der Beendigung des Probeverhältnisses?" Denecke antwortet: "Er liegt eigentlich in der Benotung zwischen Fünf oder Sechs, aber ich bin da beraten worden. Wir wollten es ihm nicht zu schwer machen, deshalb das Ausreichend."

Weshalb der Beamte diese Vier bekommen hat, die eigentlich eine Fünf bis Sechs ist, wird im Gerichtssaal nicht weiter besprochen. Meerjanssen ist sichtlich erfreut darüber, nicht in die Details gehen zu müssen. "Die Positionen sind betoniert", so sein Eindruck. "Die einzelnen Vorwürfe werden bestritten. Ich werde dazu nicht in eine Beweisaufnahme eintreten. Ich glaube, ich würde da auch nicht weit kommen."

Lieber schnürt er einen Vergleich. Und der hält für beide Seiten ein paar Kröten bereit. Für den Kläger bedeutet das: Der Traum von der leitenden Position, der Traum vom damit verbundenen höheren Gehalt bleibt vorerst unerfüllt. Er muss als Sachbearbeiter weitermachen. Denn die Tatsache, dass der Bescheid vom 21. Dezember rechtswidrig war, ändert daran nichts. Führungskraft hätte er nur bleiben können, wenn ihn sein Arbeitgeber nach der Probezeit dauerhaft in dieser Funktion übernommen hätte. Aber der Vergleich hat auch positive Seiten für den Beamten. Sowohl der Bescheid als auch die dienstliche Beurteilung sind nichtig und werden aus seiner Personalakte entfernt. "Die ist jetzt wieder sauber", sagt Meerjanssen. Und auch das Portemonnaie bleibt unbelastet. Die gesamten Kosten des Verfahrens, auch die für den Beamtenanwalt Ansgar Krück, muss die Gemeinde Oststeinbek tragen.

Kurzzeitig sieht es so aus, als sollte eine Einigung wegen dieses Punktes scheitern. Denn Joachim Blau, der Anwalt der Gemeinde, möchte lieber nicht so deutlich formuliert wissen, was der Richter in einer Verhandlungspause so ausdrückt: "Natürlich muss Oststeinbek die Kosten des Verfahrens tragen, da beißt die Maus keinen Faden ab."

Aber der Richter findet auch hier eine Lösung. "Wem sind Sie Rechenschaft schuldig?", fragt er Denecke. "Dem Hauptausschuss", sagt sie. "Na gut", sagt Meerjanssen verständnisvoll, "es soll hier ja keiner sein Gesicht verlieren." Also macht er die Übernahme der Kosten - es werden wohl an die 5000 Euro sein - zum Bestandteil des Vergleichs. Nun kann Denecke dem Hauptausschuss sagen, sie habe in diesem Punkt zustimmen müssen, um die Einigung nicht zu gefährden.

Nach gut einer Stunde ist die Verhandlung beendet. Der Richter wiederholt, was er während der Sitzung gleich mehrfach gesagt hat. "Ich würde ihnen wirklich empfehlen, eine Mediation zu machen." Es gebe da in den Unterlagen ein paar Gesprächsnotizen, die seien "fast nicht mehr steigerungsfähig". Immerhin müssten die Bürgermeisterin und ihr Mitarbeiter ja noch ein paar Jahre miteinander auskommen. "Wie lange geht Ihre Amtszeit noch, Frau Bürgermeisterin?", fragt der Verwaltungsrichter. "Ich kann ja wiedergewählt werden", sagt Denecke trotzig.