Im Innenministerium wird ein regionales Kompetenzzentrum eingerichtet, das auch Stormarner unterstützt. Idee entstand im März.

Ratzeburg. Am Sonnabend haben sich Vertreter der Kommunen sowie Vereine und Initiativen getroffen, um Konzepte gegen Rechtsextremismus zu entwickeln. 70 Menschen aus Stormarn, dem Herzogtum Lauenburg, Lübeck und Mecklenburg-Vorpommern kamen zur zweiten Regionalkonferenz nach Ratzeburg. "Die Erkenntnisse aus der ersten Konferenz im Frühjahr sollen nun vertieft und erweitert werden", sagt Mark Sauer, Sprecher der Stadt Ratzeburg.

Auch aus Stormarn kamen Vertreter zum ganztägigen Fachaustausch in die Lauenburgische Gelehrtenschule. "Die Stimmung war sehr offen, konstruktiv und ergebnisorientiert", sagt Ute Sauerwein-Weber, Jugendbildungsreferentin der Stadt Bargteheide und Gründungsmitglied des Antirassistischen Bündnisses Stormarn (Arabues). Sie hat einen der vier Workshops am Nachmittag geleitet: über Frauen in der rechten Szene. "Früher kam Frauen eher die Mitläuferrolle zu. Das hat sich stark gewandelt. Heute gehen sie in die Öffentlichkeit", sagt sie. Häufig arbeiteten sie in sozialen Berufen, etwa als Erzieherin. So kämen sie in Kontakt mit Kindern und Eltern. In ihrem Workshop haben die Teilnehmer deshalb unter anderem darüber gesprochen, wie man etwa als Leiter eines Kindergartens in Bewerbungsgesprächen richtig fragt, um einen rechtsradikalen Hintergrund des Bewerbers zu erkennen. "Das Thema gewinnt zunehmend an Bedeutung, denn laut Studien ist inzwischen jeder fünfte Neonazi weiblich."

In den anderen Workshops konnte über Tendenzen zur Radikalisierung, Heldengedenken als rechte Aktionsform und die NPD im Norden gesprochen werden. "Zu Beginn hat David Begrich von der Arbeitsstelle Rechtsextremismus des Vereins Miteinander in Sachsen-Anhalt den Einführungsvortrag gehalten", sagt Mark Sauer. "Es gab viel Input, es ging zum Beispiel darum, wie sich Rechtsradikalismus formuliert und wie man angemessen reagiert. Manchmal reicht es schon, wenn ein Politiker der Stadt sich klar dagegen äußert. Man muss sich überlegen, welche Aktion man wählt", sagt Sauer. Da helfe es, wenn die Kommunen untereinander Erfahrungen austauschen.

Um Kontakte zu knüpfen, ist auch Harald Berndt nach Ratzeburg gekommen. Er ist beim Kreisfußballverband Stormarn für Gewaltprävention zuständig. Gibt es in Vereinen Probleme, etwa mit Rassismus, können sie sich vertraulich an ihn wenden. "Ich habe heute viele Visitenkarten ausgetauscht", sagt er. "Vernetzung ist ganz wichtig, wir bieten unsere Kompetenz gerne anderen Verbänden an. In der Prävention können Sportverbände viel tun." Derzeit gebe es noch Zurückhaltung beim Melden der Vorfälle. "Man muss sich bekennen. Es gibt auch in Stormarn Probleme mit Rechtsradikalismus. Natürlich nicht speziell in Sport- oder Fußballvereinen", sagt er. "Die Neonazis sind hier bestens vernetzt." In Ahrensburg etwa wurden t im Mai dieses Jahres an dem Gebäude einer damals noch nicht eröffneten Moschee Fensterscheiben zerstört und mehrere Hakenkreuze in die Hauswand geritzt. "In Fußballvereinen haben wir die Möglichkeit, Toleranz vorzuleben. Wir müssen sie nur für die Jugendlichen attraktiv gestalten."

Viel gesprochen wurde auch über die Frage, wie in Schleswig-Holstein ein regionales Kompetenzzentrum eingerichtet und unterstützt werden kann. Die Idee für dieses war auf der ersten Regionalkonferenz Rechtsextremismus im März entstanden. "Nun haben wir überlegt, was ein regionales Kompetenzzentrum leisten könnte, etwa Informationen bündeln und weitergeben", sagt Mark Sauer.

"Auch Wissen über Dinge, die aus rechtsextremem Hintergrund passieren, könnte dort gesammelt werden. Gerade über unterschwellige Vorgänge, die nicht in der Kriminalstatistik auftauchen." Schmierereien etwa. Ab Oktober wird es eine halbe Stelle für einen Mitarbeiter am Innenministerium geben, der das Kompetenzzentrum vorbereiten soll. So ist unter anderem die Finanzierung noch nicht geklärt.

Mark Sauer ist zufrieden mit dem Verlauf der zweiten Regionalkonferenz. Nun gehe es an die Planung der dritten. "Sie soll voraussichtlich in Lübtheen in Mecklenburg-Vorpommern stattfinden." Das Regionalzentrum für demokratische Kultur Westmecklenburg ist gemeinsamer Veranstalter mit dem Ratzeburger Bündnis und dem Beratungsnetzwerk Rechtsextremismus Schleswig-Holstein. Sauer: "Wir wollen handlungsfähiger werden. Wir brauchen gemeinsame Veranstaltungen von Großhansdorf bis Lübeck."