Die evangelische Kirche Ahrensburg will mit Sommerfest zurück zur Normalität finden. Motto der Veranstaltung: “Und seht: Wir leben noch!“.

Ahrensburg. Die Ahrensburger Schlosskirche umwehte gestern der Geruch von frisch gebackenem Kuchen und Würstchen vom Grill. Trotz herbstlicher Witterung fanden sich viele Besucher ein, um das Sommerfest der evangelischen Kirchengemeinde Ahrensburg zu feiern. "Und seht: Wir leben noch!", hieß in diesem Jahr das Motto der Veranstaltung.

"Dieser Leitspruch ist positiv und lebensbejahend, stimmt aber gleichzeitig auch nachdenklich" sagte Pastor Holger Weißmann. "In diesem Jahr wollen wir mit unserem Sommerfest ein klares Signal geben: Obwohl unsere Kirchengemeinde Schlimmes erlebt hat und wir nie vergessen werden, was passiert ist, sind wir eine lebendige Gemeinde, die zusammenhält und immer noch gemeinsam feiern kann."

Er spielte damit auf den Missbrauchskandal in der Kirchengemeinde Kirchsaal Hagen an, der vor zwei Jahren ans Licht gekommen war und die Kirche tief erschüttert hat. Bundesweit wurde darüber berichtet, dass ein Pastor der Gemeinde in den 70er- und 80er-Jahren mehrere Jugendliche missbraucht haben soll. "Wir möchten nicht mehr nur auf diesen Skandal reduziert werden", sagte Weißmann gestern. "Natürlich werden wir diese Ereignisse immer im Hinterkopf behalten, uns weiter um Rehabilitation und Aufklärung bemühen, aber die Gemeinde soll das nicht in ihrer Lebensfreude und Aktivität einschränken."

Auch nach außen hin wolle die Kirche beweisen, dass sie zusammenhalte. "Nach dem Bekanntwerden der Missbrauchsfälle hat sich einiges verändert. Da wir uns aber sehr um Aufklärung und Versöhnung bemüht haben, konnten wir größere Vertrauensverluste wieder auffangen. Nur wird davon nie berichtet. Schlagzeilen machen nur die negativen Nachrichten."

Seine Predigt in der voll besetzten Kirche begann Weißmann damit, die Anwesenden daran zu erinnern, was einigen Kindern und Jugendlichen der Gemeinde angetan worden ist. Dennoch stellte er aber Motive wie Hoffnung und Lebensfreude in den Mittelpunkt des Gottesdienstes. Danach tummelten sich trotz des Regens viele Besucher auf der Wiese hinter der Kirche - zum Beispiel, um sich an einem der vielen Stände mit Kaffee und Kuchen zu versorgen. Die Ahrensburgerin Susanne Winterfeldt war mit ihrem Mann Berndt zum Sommerfest gekommen. Sie singt im Gospelchor der Kirche, der zuvor den Gottesdienst musikalisch unterstützt hatte. Sie ist froh, dass die Gemeinde trotz der schweren Zeit nach Bekanntwerden des Skandals nicht zerbrochen ist. "Für Ahrensburg muss das wirklich schlimm gewesen sein", sagte sie. "Heute können wir zum Glück unbeschwert zusammenkommen." Winterfeldt findet es nicht nötig, in jedem Gottesdienst die zurückliegenden Ereignisse anzusprechen. "Andererseits muss man natürlich auch den Opfern gerecht werden. Man muss immer den Mittelweg gehen."

Alle Hände voll zu tun hatten gestern die Jungen und Mädchen, die am Stand der evangelischen Jugend Cocktails an die Besucher verkauften. Jana Dittmer ist seit fünf Jahren dabei. Auch sie hat die Diskussionen über den Missbrauchsskandal miterlebt. "Ich denke, dass auch wir in der Jugendorganisation richtig an das Thema herangegangen sind", sagte sie. "Wir haben ganz offen über alles gesprochen, was uns beschäftigt. Und wir haben Seminare besucht, in denen man lernt, wie man in solchen Fällen richtig handelt." Inzwischen könnten alle solche Feste wieder richtig genießen, sagte Jana.