Im Ahrensburger Neubaugebiet gibt es mehr Grünanlagen als Baugrundstücke. Die Pflege kostet die Stadt mehr als 100 000 Euro pro Jahr.

Ahrensburg. Was haben der Angelner Rosenapfel, der Boikenapfel, der Altländer Pfannkuchenapfel, Röhrigs Weichsel-Kirsche und die Ontariopflaume gemein? Sie alle werden demnächst im Ahrensburger Neubaugebiet Erlenhof wachsen - zusammen mit vielen anderen Obstbäumen, die die Stadt dort anpflanzen lassen will. Die 41,4 Hektar große Fläche wird Stormarns grünstes Wohngebiet. Nur 13,9 Hektar stehen dem Wohnbau zur Verfügung, auf 20,1 Hektar erstrecken sich Wiesen, Grünanlagen, Wald und Teiche. Der Rest sind Straßen, Wege und Parkplätze. Rund 1000 Menschen sollen auf dem parkähnlichen Gelände einmal leben. Dort ist so viel Platz, dass für die voraussichtlich etwa 300 Kinder gleich drei Spielplätze und eine "mindestens 1000 Quadratmeter große Ballspielwiese" angelegt werden. Allein die Pflege der riesigen Grünflächen wird die Stadt Jahr für Jahr rund 110 000 Euro kosten.

Aber Apfelernte ist noch lange nicht im Erlenhof. Denn das Baugebiet bleibt umstritten - auch nach der öffentlichen Auslegung des Bebauungsplanentwurfs. Jetzt haben sich die Naturschutzverbände zu Wort gemeldet. BUND Stormarn, Nabu und Verein Jordsand bezeichnen den neuen Stadtteil als "Prinzessinnenquartier" und sprechen von einem "Schummelpaket". Jens-Karsten Offen vom Nabu Ahrensburg hat sich die Unterlagen angesehen und festgestellt: "Dort können viel mehr Wohneinheiten gebaut werden als die 349, die angegeben worden sind."

Die Verbände sprechen damit einen Streitpunkt an, der lange Zeit eine Bebauung der Fläche im Norden der Stadt verhindert hat. Die CDU wollte viele Einfamilienhäuser errichten, die SPD war für Geschosswohnungsbau. Heraus kam ein typischer Kompromiss. 349 Wohneinheiten sollen es laut B-Plan nun sein, davon 121 in Einfamilienhäusern, 116 in Doppel- oder Reihenhäusern und 112 in Mehrfamilienhäusern.

Das Problem ist nur: Eine Begrenzung auf eine bestimmte Zahl von Wohneinheiten ist baurechtlich nicht möglich. Stattdessen mussten sich die Verfasser des B-Plans mit der Festlegung von Grundstücksgrößen und mit Einschränkungen bei der Bebaubarkeit begnügen. Ein Hilfskonstrukt, dessen Folgen umstritten sind. Jens-Karsten Offen meint, dass im Erlenhof theoretisch 715 Wohneinheiten möglich wären. Auch Tobias Koch, der Vorsitzende der CDU-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung, gesteht ein: "Es zeichnet sich ab, dass die Zahl 349 überschritten werden könnte." Folge: "Möglicherweise müssen wir, um diese Obergrenze abzusichern, noch einen Vertrag mit dem Grundstückseigentümer abschließen." Es sei nun einmal das Ziel, im Erlenhof eine aufgelockerte Bebauung zu bekommen. "Wir wollen ja keine japanischen Verhältnisse", sagt er.

Selbst wenn man wollte - mittlerweile ist eine dichtere Bebauung wohl nahezu ausgeschlossen. Denn die Stadtverordneten haben sich zwischenzeitlich gegen den Bau einer Nordtangente entschieden. Zwar laufen noch Gespräche mit der Landesregierung, aber derzeit sieht es nicht danach aus, dass die Straße doch noch gebaut wird. Im Verkehrskonzept für das Neubaugebiet spielt sie aber eine wichtige Rolle. Ohne die Umgehung, heißt es dort, "könnten die Neuverkehre aus dem Erlenhof und die Entwicklungen in den Gewerbegebieten Beimoor Süd und Nord zu einer Spitzenbelegung auf der B 75 (Lübecker Straße) von 24 000 Kraftfahrzeugen pro Tag und auf der Straße Woldenhorn von bis zu 25 000 Kraftfahrzeugen pro Tag führen". Ergebnis: "Nicht nur an den beiden Knoten B 75/Am Weinberg und B 75/Woldenhorn, sondern eventuell bereits im Verlauf der zuführenden Straßen selbst ist eine deutlich eingeschränkte Verkehrsqualität zu erwarten." Im Klartext: Selbst bei nur 349 Wohneinheiten gibt es Probleme.

Schon allein deshalb dürfte es also bei dem bleiben, was Jörg Hansen (Grüne), der Vorsitzende des Bauausschusses, etwas zugespitzt als "parkähnlichen Stadtteil mit vereinzelter Bebauung" bezeichnet. "Das wird hochpreisiger Wohnraum werden, das ist klar", sagt er. Hartmut Möller von der SPD findet: "Das sind Baugrundstücke für Millionäre." Und die Stadt verdient keinen Cent daran. Das Areal gehört im Wesentlichen der Kronshagener Immobilienfirma LEG.

Möller ärgert sich besonders über die jährlichen Fixkosten von mehr als 100 000 Euro für die Pflege der Grünflächen. "Das ist schon bedenklich, dass wir uns das ans Bein binden." In der Tat führt allein der Erlenhof mit seinen 1000 Einwohnern für die Stadt Ahrensburg mit ihren derzeit rund 31 000 Einwohnern zu einem zehnprozentigen Anstieg bei den Kosten für Grünpflege. "Diese Zahl muss man hinterfragen", findet auch Tobias Koch, "da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen".

Auch die Naturschutzverbände hoffen, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Sie würden liebend gern auf den Boikenapfel, auf die Ontariopflaume und all die anderen Obstbäume auf den weiten Wiesen des Erlenhofs verzichten, wenn sich die Stadtverordneten dazu durchringen könnten, das Neubaugebiet zu verkleinern. "Dann wird es auch leichter, die Begrenzung bei der Zahl der Wohneinheiten einzuhalten", meint Jens-Karsten Offen vom Nabu. Die nicht bebauten Flächen könnte man dem angrenzenden Naturschutzgebiet Ammersbek-Hunnau zuschlagen, sagt Jörg Hansen von den Grünen. "Davon hätte die Natur viel mehr als von künstlich angelegten Obstwiesen."