Furcht vor Lärm und Schatten: Die Anwohner des Einkaufszentrums Neuschö wollen bei Neubau mitreden. 16 Familien gründen Initiative.

Reinbek. Anwohner protestieren gegen die Pläne des Lebensmitteldiscounters Netto, der im Einkaufszentrum (EKZ) Neuschö am Reinbeker Grenzweg einen 1230 Quadratmeter großen Laden errichten will. Investor Wolfgang Braydor hatte im Mai einen Vertrag mit der Edeka-Tochter unterzeichnet. Jetzt haben 16 Familien eine Anwohnerinitiative gegründet und einen Protestbrief bei Bürgermeister Axel Bärendorf abgegeben. Sie wollen an der Planung beteiligt werden und erreichen, dass der Neubau kleiner wird.

Die Anwohner des Ahornwegs am kleinen Einkaufszentrum im Stadtteil Neuschönningstedt fühlen sich von der Stadt im Stich gelassen. Viele hätten ihr Haus im Vertrauen auf eine abgeschlossene Bebauung auf dem EKZ-Gelände gekauft. Der Sprecher der Anwohner, Norbert Frischkorn, erfuhr im Reinbeker Bauamt nun, dass der Bauantrag bereits vor einigen Wochen eingereicht worden war. Er sagt: "Wir wohnen hier seit neun Jahren, und ich fühle mich um meinen ruhigen Lebensabend betrogen. Wir fühlen uns nicht vertreten von der Politik. Wir sind doch auch Investoren und zahlen unsere Steuern."

+++ Millioneninvestition für Reinfelds Zentrum +++

Der 56-Jährige fürchtet um seine Erholung am Wochenende, wenn der Netto-Markt sonnabends bis spätabends geöffnet hat. Seine Frau Angela Frischkorn sagt: "Da hätten wir auch nach Hamburg ziehen können." Das Ehepaar hat mit 24 weiteren Anwohnern jetzt eine Interessengemeinschaft gegen das Bauprojekt gegründet. Die Anlieger fürchten den Lärm und die Verkehrsbelastung durch Lieferverkehr und Kunden. Außerdem sei das geplante Gebäude viel zu groß für den ruhigen Stadtteil, der von Einfamilien-, Reihen- und Doppelhäusern geprägt ist.

Ortstermin am Reinbeker Grenzweg: Aus dem China-Restaurant Grenzkrug, dem Treffpunkt der Initiative, schallt aufgeregtes Stimmengewirr. Viele der Anwesenden wurden von der Neubaunachricht überrascht. "Dürfen die Politiker das einfach so klammheimlich beschließen?", fragt eine Frau. "In Schönningstedt und im benachbarten Glinde gibt es doch schon genügend Lebensmittelmärkte", sagt ein Mann. "Das rechnet sich hier doch gar nicht", meint Monika Wildhagen, die seit elf Jahren am EKZ lebt. Nachbar Gert Brie schätzt das anders ein: "Wenn die hier bauen, dann haben die das durchgerechnet. In Richtung Stemwarde und nach Norden gibt es nix, und das Einzugsgebiet ist riesengroß."

Dass es am Neuschö Verbesserungsbedarf gibt, darin sind sich alle einig. Mehrere Geschäfte in der kleinen Ladenzeile stehen leer. Ein Drogeriefachmarkt hatte seine Fläche zu Jahresbeginn geräumt. Ein Lebensmittelgeschäft gibt es seit Juli nicht mehr. Spar und Edeka hatten zuvor ihr Glück versucht, zuletzt scheiterte ein TopKauf-Markt. "Das Angebot war nicht gut, hier fehlt ein Frischemarkt.", sagt Angela Frischkorn. Ein Tabak- und Kurzwarenladen, eine Bäckerei, ein Spielwarengeschäft, ein Reitbedarfsladen, ein Catering-Unternehmen, ein Friseur, eine Spielhalle und das Restaurant halten sich.

Dass der Investor sich engagiert, begrüßen die Anwohner, doch die Netto-Pläne lehnen sie ab. "Ein Einkaufszentrum ist gut, aber nicht so", sagt Rüdiger Radtke. Auf dem jetzigen Parkplatz soll der neun Meter hohe Discounter gebaut werden, der Platz vor der Ladenzeile würde von der Markt- zur Parkfläche. "Der kleine Wochenmarkt würde von hier verschwinden", sagt Monika Wildhagen.

Was die Bewohner der Häuser Ahornweg 2 a bis 6 a auch ärgert: Der Neubau wirft einen langen Schatten auf ihre Terrassen und Gärten. So wohnen Angela und Norbert Frischkorn nur 15 Meter entfernt. Die Hecke, die ihr Grundstück von dem Platz trennt, auf dem der Lebensmittelmarkt entstehen könnte, soll weg. "Statt dessen bekommen wir eine Berliner Mauer an den Garten", sagt der Schiffsingenieur.

Er hat auf einem Bauplan ein Pappmodell des Netto-Marktes gebaut, um die Größenverhältnisse zu verdeutlichen. Und er ist auch nach Glinde zum Netto-Markt gefahren, um zu prüfen, wie laut nachts die Lüftungsanlage ist. "Die Lüfter sind noch in 25 Meter Entfernung zu hören", sagt er. Wer die Initiative unterstützen möchte, kann sich bei ihm unter frischko@aol.com melden.