Zahl der Übernachtungen steigt deutlich. Allerdings kommen vor allem Geschäftsleute in den Kreis. Hoteliers erwarten mehr Initiative.

Ahrensburg. Reisende machen immer öfter Halt im Kreis Stormarm. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Übernachtungen kreisweit um 8,5 Prozent, und in den ersten fünf Monaten dieses Jahres gab's noch einmal ein Plus von 7,2 Prozent (siehe Text unten). "Es bewegt sich etwas im Tourismus", sagt Axel Strehl, Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in Stormarn. Vor wenigen Jahren sei der Kreis touristisch gesehen noch ein weißer Fleck gewesen, seit 2011 ändere sich das. Strehl: "Die Ursachen dafür sind vielfältig."

Für Alexander Falk, Direktor im Hotel Schloss Tremsbüttel, spielt der persönliche Einsatz eine große Rolle. "Ich bin ständig dabei, neue Gäste dazuzugewinnen", sagt er. So habe er durchgesetzt, dass anders als früher auch Besucher, die sich das Schloss einfach nur ansehen wollen, hereinkommen dürfen. "Es ist mir egal, ob jemand eine kurze Hose trägt. Nur mit Vornehmheit verdienen wir kein Geld."

Falk führt auch Paare, die sich nach einem Ort für ihre Hochzeit umsehen, durch sein Haus: "Geheiratet wird immer." Überhaupt setzt Tremsbüttel weniger auf Urlauber als Veranstaltungen und Tagungen. Alexander Falk: "60 Prozent der Gäste sind Firmenkunden, die an Tagungen teilnehmen."

Gastronomen bekommen eine Wirtschaftskrise als Erste zu spüren

Schloss Tremsbüttel profitiere auch davon, dass die Hotelpreise in Hamburg so hoch seien. Während des Hafengeburtstags im Mai habe das Haus eine Auslastung von 82 Prozent erreicht, in der Regel sind es knapp über 50 Prozent. Auch viele Firmen schätzten die Ruhe und niedrigere Preise.

Hans-Ullrich Franke, geschäftsführender Gesellschafter im Hotel Alte Schule in Siek, blickt weniger optimistisch in die Zukunft. Er sagt: "Hamburg baut in den nächsten Jahren 5000 neue Hotelbetten, das wird die Preise dort senken." In der Alten Schule sind 85 Prozent der Gäste Außendienstler und Mitarbeiter von Unternehmen, die ihre Tagungen dort abhalten. Gerade weil er so viele Geschäftskunden hat, fürchtet sich Franke vor einer weiteren Wirtschaftskrise: "Der Hotelier ist der Erste, der das merkt. Denn die Unternehmen sparen an allem, was nicht überlebenswichtig ist - zum Beispiel an auswärtigen Tagungen."

Erfolgreich sei die Alte Schule aber auch, weil aus ihr eine "echte Marke" geworden sei. Franke: "Wir setzen auf den Aspekt Gourmetküche. Wir haben eine Schauküche, in der unser Sternekoch Kurse gibt. Gerade für Tagungsgäste schaffen wir so eine besondere Ablenkung, die der Kreis nicht leisten kann, weil das touristische Freizeitangebot hier nicht so ausgereift ist."

Beatriz Uhmeier-Dassat, Mitinhaberin des Campingplatzes am Großensee, sieht das ähnlich. "Vor 100 Jahren war in Stormarn touristisch viel mehr los als heute", sagt sie. Vor allem Hamburger seien damals vorbeigekommen und hätten den Aussichtsturm auf der Ostseite des Großensees besucht. "Jetzt sind die Menschen aber motorisiert und fahren lieber an die Ostsee, als hier zu campen", sagt Uhmeier-Dassat. Die meisten Gäste blieben nur ein paar Tage. "Dann haben sie das touristische Angebot in Hamburg ausgeschöpft. Wegen Stormarn kommt keiner."

+++ Gäste bleiben durchschnittlich 1,9 Tage +++

Dieses Jahr sei für den Campingplatz, der seit 1949 in Familienbesitz ist, besonders schwierig. "Das Wetter war bisher sehr schlecht", sagt Uhmeier-Dassat. Dennoch investiere ihre Familie weiter. "Wir wollen eine fünfstellige Summe in die Sanierung unserer Sanitäranlagen stecken. Wir machen das, weil wir an einem sehr reizvollen Standort sind. Was bisher fehlt, ist eine bessere Vernetzung. Die touristischen Anbieter, vor allem in der Stormarnschen Schweiz, kennen einander ja kaum." Das sei schade, denn die Natur sei in Zeiten eines immer schneller werdenden Alltags reizvoll für viele Menschen. Uhmeier-Dassat: "Das ist Stormarns wichtigstes touristisches Pfund."

Dieser Aussage stimmt Thorsten Viehmann, Verkaufsleiter im Ahrensburger Hotel am Schloss, nur bedingt zu. "Betrachtet man die touristischen Verlockungen im Kreis, haben wir sehr wenig", sagt er. Und so ist nicht verwunderlich, dass auch in seinem Haus vor allem Geschäftskunden unterkommen. "Bei uns beträgt der Anteil der Tagungsgäste 70 Prozent", sagt Viehmann.

Das Freizeitangebot sei eher klein. "In Ahrensburg kann man ein paar Stunden ins Schloss gehen - und sonst? Die Golfplätze der Region genügen oft nicht den Standards unserer Gäste. Also fahren sie nach Hamburg, wo mehr los ist." Gegenüber der Großstadt seien die Hotels in Stormarn klar im Nachteil. "Wir gleichen das erfolgreich durch engen Kontakt zu Geschäftskunden aus, wir haben viele Firmenverträge", sagt Viehmann. Dies sei aber das Ergebnis eigener Initiative und nicht einer Aktion, wie sie zum Beispiel ein Tourismusmanagement starten könnte.

Seit Januar 2011 gibt es so ein Büro für den Kreis Stormarn. Thorsten Viehmann hat davon aber bisher kaum etwas gemerkt. "Bei der Aktion 'Stormarn tischt auf' machen wir mit, aber die Resonanz ist bescheiden", sagt er. Kein gutes Haar lässt er an der E-Bike-Aktion, die das Tourismusmanagement angeregt hat. "Wir haben zwei E-Bikes angemietet für 170 Euro im Monat, werben für Touren damit auf unserer Homepage und haben auch Broschüren ausliegen. Gebucht wurde das aber bisher so gut wie gar nicht", sagt Viehmann. Vom Tourismusmanagement wünscht er sich mehr Initiative und vor allem Ideen.

Für die Tourismusmanagerin sind kritische Stimmen ein Ansporn

Anja Schütz ist diese Tourismusmanagerin. Sie arbeitet für die PR-Agentur Markt und Trend in Neumünster und hat den Auftrag, den Tourismus im Kreis nach vorn zu bringen. "Wenn ich kritische Stimmen höre, dann sehe ich das positiv", sagt sie, "denn das bedeutet, dass man uns vermisst und ein Bedarf für unsere Arbeit da ist." Ihr Chef Wolfhardt Bless stimmt zu und sagt: "Es kann aber keiner erwarten, dass wir bei dem Projekt, das wir im Januar 2011 gestartet haben, schnell von null auf hundert durchstarten."

Tourismusmanagerin Schütz hat die Aufgabe Anfang Juni dieses Jahres übernommen, nachdem ihre Vorgängerin sich beruflich verändern wollte. Die Expertin, die zuvor auf der Nordseeinsel Föhr gearbeitet hat, sieht großes Potenzial im Kreis: "In Stormarn gibt es schon viele gute Fahrradwege. Da setzen wir an, deswegen haben wir auch das E-Bike-Projekt vorgeschlagen", sagt sie.

Die Kritik der Gastronomen kommt bei Markt und Trend an, wird aber relativiert. "Das Projekt ist erst angelaufen. Ein genaues Bild über die Resonanz haben wir uns noch nicht gemacht, denn dafür ist es zu früh", sagt Wolfhardt Bless. Zunächst müssten Strukturen geschaffen werden, um den Tourismus auf den Weg zu bringen. "Es kannte sich ja niemand untereinander. Das wollen wir ändern. Vernetzung ist das Stichwort. Diese herzustellen gehört zu meinen Hauptaufgaben", sagt Anja Schütz.

Günther Fischer vom Fachdienst Planung und Verkehr bei der Kreisverwaltung in Bad Oldesloe hat die Einrichtung eines Tourismusmanagementbüros mit vorangetrieben. "Wir wollten schon vor einem Jahrzehnt ein Tourismusbüro eröffnen", sagt er, "das scheiterte an der Finanzierung." Über die Jahre habe man nach anderen Möglichkeiten gesucht. Fischer: "Durch die Aktivregion ergab sich nun eine neue Chance." Das EU-Förderprogramm für ländliche Räume zahle rund 37 500 Euro im Jahr, der Kreis die restlichen 40 000 Euro. Das Projekt Tourismusmanagement ist auf drei Jahre angelegt und soll bei Erfolg Ende 2013 verlängert werden. "Messbar wird der Erfolg nicht sein", sagt Günther Fischer, "wir müssen sehen, wie weit wir uns bewegt haben." Und: "Wir werden niemals einen Freizeitpark in Stormarn haben, der Hunderttausende anzieht. Darum geht es uns nicht. Denn wir wollen die Lebensqualität hier erhöhen. Die Menschen sollen kommen, um sich mal einen Tag lang zu entspannen. Für uns ist das ein wichtiger Standortfaktor."