Sieben Mal musste die Feuerwehr seit 2007 zu Einsätzen im Nordosten Ahrensburgs ausrücken. Sieben Brände, die bis heute nicht aufgeklärt sind.

Ahrensburg. Dichte Rauchwolken schlagen am Abend des 4. Juni 2012 aus dem Dachgeschoss des Hochhauses am Ahrensburger Schäferweg. Dort lodert ein Feuer. Mehrere Räume brennen aus, die Dachkonstruktion wird schwer beschädigt. Die mehr als 100 Bewohner des Hauses bringen sich rechtzeitig in Sicherheit, verletzt wird glücklicherweise niemand. 115 Feuerwehrleute kämpfen gegen die Flammen, können den Brand nach eineinhalb Stunden löschen. Der Sachschaden: rund 130 000 Euro.

Der Zwischenfall am Schäferweg gehört zu einer Serie von Feuern, die sich von Januar 2007 bis Juli dieses Jahres in Ahrensburg im Bereich zwischen dem nordöstlichen Innenstadtrand und Ostring ereignet haben. Ist in der Schlossstadt ein Serienbrandstifter am Werk? Nein, sagt die Polizei. Denn die Ermittler sehen keinen Zusammenhang zwischen den Vorfällen. Fakt ist jedoch: Alle diese Brände sind bis heute nicht aufgeklärt. Und in allen schließen die Kripobeamten Brandstiftung ausdrücklich nicht aus. Das Abendblatt zeichnet die Ereignisse nach:

9. Januar 2007, 1.15 Uhr, Fannyhöh: Das Vereinshaus des Tennis- und Hockey-Clubs (THC) Ahrensburg an der Fannyhöh steht in Flammen. Im ersten Stock des Gebäudes leben Mieter in drei Wohnungen. Sie können sich rechtzeitig in Sicherheit bringen. Die Feuerwehr rückt mit 60 Leuten an, kann den Brand aber erst nach fünf Stunden löschen. Die Wohnungen werden ebenso ein Raub der Flammen wie die Gaststätte im Gebäude samt Inventar, darunter die Pokalsammlung des Vereins. Das Vereinsheim wird völlig zerstört.

9. Januar 2007, 0.15 Uhr, Königstraße: In derselben Nacht brennt es in rund 500 Metern Entfernung des Tennisclubs. In der Königstraße steht die Garage einer Villa in Flammen. Anwohner alarmieren die Polizei. Die Feuerwehrleute können gerade noch verhindern, dass die Flammen auf das Haus übergreifen.

19. Januar 2007, 0.30 Uhr, Ostring: Zwei Polizisten entdecken bei einer Streifenfahrt, dass die Schützenhalle brennt. Die Feuerwehr ist innerhalb weniger Minuten vor Ort, hat das Großfeuer aber erst nach zweieinhalb Stunden unter Kontrolle. Die Halle brennt vollständig aus. Bitter für die Schützengilde, denn einen Tag später sollte dort der Königsball stattfinden. Nun sind Gaststätte, Saal, Küche, Büro und 30 Schießstände für Luftgewehr, Kleinkaliber und Pistole vernichtet. Der Sachschaden: rund eine halbe Million Euro.

Bei all diesen Bränden geht die Kriminalpolizei bis heute von Brandstiftung aus. Im März 2008 glauben die Beamten, den Täter gefasst zu haben: Gegen den damals 19 Jahre alten Mann aus Großhansdorf besteht ein Anfangsverdacht. Er war durch ein anderes Feuer am 2. Oktober 2007 ins Visier der Ermittler geraten. An diesem Tag brennen im Parkhaus Alter Lokschuppen zwei Autos aus. Der 19-Jährige wird verdächtigt, diesen Brand mit einem gleichaltrigen Komplizen gelegt zu haben. Letzterer gesteht seine Beteiligung am Parkhausbrand.

Der Großhansdorfer als mutmaßlicher Haupttäter schweigt zu allen Vorwürfen. Angeklagt wird der junge Mann nicht, das Verfahren gegen den Verdächtigen wird später eingestellt. "Der Verdacht ließ sich trotz umfangreicher Ermittlungen nicht erhärten", berichtet Oberstaatsanwalt Günther Möller von der zuständigen Staatsanwaltschaft Lübeck auf Anfrage der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn. Möller weiter: "Es haben sich keine ausreichenden Beweise ergeben, die eine Anklage gerechtfertigt hätten." So bleiben die Brände im THC-Vereinsheim und in der Schützenhalle unaufgeklärt - bis heute.

4. Juni 2012, 20 Uhr, Schäferweg: Das Dachgeschoss des Hochhauses steht in Flammen. Es ist der dritte Brand in dem Haus innerhalb einer Woche. Zuvor hat an einem Tag eine im Keller gelagerte Matratze Feuer gefangen, am Tag darauf ist Pappe in Brand geraten. Beide Male entsteht glücklicherweise kein größerer Schaden. "Wir gehen bei den Feuern im Hochhaus von Brandstiftung aus", sagt Kriminalhauptkommissar Michael Metzler von der Kriminalpolizei in Ahrensburg, "die Ermittlungen dauern an." Nähere Angaben wolle er aus taktischen Gründen nicht machen.

17. Juli 2012, 2.30 Uhr, Schäferweg: Ein Rauchmelder schlägt Alarm. Eine Anwohnerin wird dadurch wach, entdeckt an der Straße ein brennendes Auto. Sie weckt den ihr bekannten Halter des Mercedes CLK, der ebenfalls am Schäferweg wohnt. Dieser alarmiert die Feuerwehr. Der Mercedes, der nur etwa drei Meter von einer Kindertagesstätte entfernt abgestellt war, brennt aus. Die Flammen lassen im Erdgeschoss der Kita Fensterscheiben zerspringen. In diesem Fall ermittelt die Polizei in alle Richtungen. "Ein technischer Defekt könnte die Ursache gewesen sein", berichtet Hauptkommissar Metzler, "aber auch Brandstiftung." Der Mercedes war ganz in der Nähe des Hochhauses abgestellt, in dem es bereits mehrfach gebrannt hatte.

Gibt es einen Zusammenhang? "Aus unserer Sicht nicht", sagt der Kripomann. Auch zwischen den Bränden in diesem Jahr und denen am Ostring und an der Fannyhöh seien keine Verbindungen erkennbar. Was aber waren die Ursachen für die Großfeuer, bei denen auch Menschenleben in Gefahr gerieten? Wer hat sie gelegt? Ob diese Fragen jemals geklärt werden, ist ungewiss.

"Brandermittlungen zählen zu den schwierigsten Ermittlungen überhaupt", sagt Michael Metzler. Er ist einer von 19 Kriminalbeamten in Ahrensburg und leitet das Sachgebiet 1, zu dem auch Branddelikte gehören. "Ermittlungsverfahren wegen Brandstiftung müssen oft eingestellt werden, weil es zwar Indizien gibt, aber eben keine Beweise, um einer bestimmten Person die Tat nachzuweisen." Vielfach sei es schon schwierig, nach einem Brand verwertbare Spuren zu finden, weil das Feuer diese oft vernichtet habe.

"Es gibt kein Standardverfahren", sagt Metzler über das Vorgehen der Polizei. Der Brandort wird nach Spuren untersucht, Anwohner und mögliche weitere Zeugen werden befragt. Mögliche Ursachen werden nach dem Ausschlussverfahren bewertet. Dabei spielt die Erfahrung der Beamten eine große Rolle. Um Spuren zu finden, setzen sie auch speziell dafür trainierte Hunde ein. Diese Tiere können Reste von Brandbeschleunigern aufspüren. Für Untersuchungen von Substanzen steht das Labor des Landeskriminalamts (LKA) in Kiel zur Verfügung.

Besteht der Verdacht, dass ein technischer Defekt die Brandursache ist, werden Sachverständige, etwa für elektrische Geräte, hinzugezogen. "Viele Brände haben eine technische oder chemische Ursache, die sind dann vielleicht spektakulär oder mit hohen Schäden verbunden, aber strafrechtlich nicht relevant", sagt Kriminalpolizist Metzler. Als Beispiel nennt er den Brand im Ahrensburger Einkaufszentrum CCA am 7. Juli dieses Jahres, der dazu führte, dass rund 1000 Menschen das Gebäude und seine Umgebung verlassen mussten. Später hatte sich dann herausgestellt, dass sich durch eine chemische Reaktion Reinigungsmittel entzündet hatten. Metzler hofft, auch die Brände in Ahrensburgs Nordosten noch aufklären zu können. "Wir führen die Ermittlungen sehr akribisch", sagt er.