20 Jahre war Rolf Heise Bäckermeister der Hoisbütteler Mühle. Nun übernimmt die Großbäckerei von Allwörden den Betrieb und weitere Filialen.

Ammersbek. Noch liegt ein feiner Mehlsstaub in der Luft und der Duft frischer Brötchen. Bäckermeister Rolf Heise geht durch die dunklen Räume an der Lübecker Straße 34 im Ammersbeker Ortsteil Hoisbüttel. Doch der Geruch trügt. Denn gebacken wird in Heises Stube seit einigen Tagen nicht mehr. Die beiden großen Öfen mit einer Backfläche von je 20 Quadratmetern sind kalt. Ein weiterer wurde bereits abmontiert. Der 51-Jährige deutet auf eine weiße Maschine, die einsam in der Ecke steht. In blauen Lettern steht das Wort "Fortuna" an der Seite, das lateinische Wort für "Glück". Doch richtig glücklich wirkt Heise nicht. "1999 habe ich für die Schnittbrötchenanlage 198 000 Mark bezahlt. Jetzt bekomme ich noch 5000 Euro dafür", sagt er und lacht kurz auf wie über einen schlechten Scherz.

"Es tut schon ein bisschen weh, diesen Traditionsbetrieb nach fast 125 Jahren nicht mehr weiterführen zu können", sagt Heise. "Aber es geht nicht. Wir wollen uns nicht verheizen lassen." Seit 1995 hätten seine Frau Heike und er Sieben-Tage-Wochen gehabt, so Heise. "Nur an den fünf Feiertagen des Jahres haben wir verschnaufen können." Zudem sei es immer schwieriger, Verkaufspersonal zu finden. Zuletzt beschäftigte Heise etwa 40 Mitarbeiter. "Im April habe ich ihnen gekündigt. Aber ich konnte alle in anderen Betrieben unterbringen", sagt er. Das Verkaufspersonal übernimmt der Nachfolger von Heise, die Großbäckerei Heinrich von Allwörden GmbH aus Mölln, die mehr als 240 Filialen in Norddeutschland betreibt. Für die Möllner passen die Standorte gut in das Konzept. "Wir sichern durch die Übernahme dieser Filialen die dort vorhandenen Arbeitsplätze und setzen unsere Strategie einer moderaten Filialexpansion an gut positionierten Standorten fort", sagt ein Unternehmenssprecher. Der Großbäcker befindet sich weiter auf Expansionskurs und ist auf der Suche nach weiteren Standorten in guter Lage.

Von Heise hat von Allwörden die Zentrale an der Lübecker Straße sowie seine acht Filialen im Umkreis von rund 20 Kilometern übernommen. Gebacken hat Heise an der Lübecker Straße. Von dort wurden auch die anderen Filialen beliefert. Ab sofort kommt das Brot aus einer riesigen Backstube in Mölln.

"Die Produktion wird hier nicht weitergeführt", so Heise. "Diese Mitarbeiter habe ich bei Kollegen unterbringen können. So hat ein Bäcker aus Hamburg vier Leute übernommen unter anderem meinen Teigmacher", so der Ammersbeker Bäcker. Er sei stolz auf seinen Betrieb und wie er ihn organisiert hatte, so Heise. Bis zuletzt hätten sie Geld verdient mit ihrem Handwerk. Zweimal in der Woche verkaufte er seine Brötchen auch auf den Wochenmärkten in Ahrensburg und Hamburg-Ohlstedt. Morgens klingelte der Wecker zwischen 3 und 4 Uhr. "Zuletzt hat meine Frau 70 Stunden in der Woche im Verkauf gearbeitet", sagt der Bäckermeister. Abends habe dann noch der Papierkram im Büro auf sie gewartet. Sie hätten zunächst überlegt, die Produktion herunterzufahren. "Doch ob der Ofen nun halb voll oder ganz voll ist, die Kosten bleiben gleich", sagt Heise. Also gab er nach 20 Jahren auf. Am 1. August 1992 hatte Heise die Traditionsbäckerei an der Lübecker Straße 34 übernommen. Zuvor hatte der gebürtige Hamburger mehr als vier Jahre ebenfalls an der Lübecker Straße eine Bäckerei geführt. Die Heises übernahmen die Traditionsbäckerei, die dort seit mehr als 100 Jahren bestand. "Sie war eine Institution in Ammersbek. Auch ich habe mir dort meine Brötchen gekauft", sagt Bürgermeister Horst Ansén. Und er fügt hinzu: "Ich finde es schön, wenn hinten in der Backstube noch jemand steht und den Teig knetet."

Wie es für Rolf Heise nun weitergeht, wisse er noch nicht. "Noch bin ich mit dem Ausbau der Anlagen beschäftigt. Aber ich will auf jeden Fall noch weiter arbeiten. Meine Frau und ich müssen uns beschäftigen", sagt der Bäckermeister. Doch lasse er sich dabei Zeit. Derzeit wollen etliche Kollegen wissen, warum er aufgehört hat. "Die fragen am Telefon: 'Spinnst du?'. Doch dann bestätigen sie mir, dass meine Entscheidung richtig sei", so Heise. Das Geschäft verändere sich mehr und mehr. "Die Kleinen verschwinden", sagt Heise. Bundesweit gebe es noch 14 500 backende Betriebe. "Jährlich werden es drei, vier Prozent weniger", so der Ammersbeker.

Seit seiner Lehrzeit vor rund 35 Jahren habe sich das Sortiment verzehnfacht. "Das Weißbrot ist fast ganz vom Markt. Heute gibt es Ciabatta, Dinkelbrot hell und dunkel, Walnussbrot mit Honig oder ohne", zählt Heise auf. Die Folge: "Die Teige werden immer kleiner. Das lohnt sich bald nicht mehr." Zudem würden Rohstoffe wie Sonnenblumenkerne oder Leinsamen immer teurer. Die Entwicklung hin zu Aufbackware aus dem Supermarkt sei für das Handwerk eine Katastrophe, meint Heise. "Ich hoffe, dass sich die Leute irgendwann wieder auf ihren Geschmack besinnen."