Die Polizei nimmt 20 Männer ins Visier, die der Speichelprobe ferngeblieben sind. Ist einer von ihnen der Mörder der 15-Jährigen Silke B. ?

Reinfeld. Bei der Suche nach dem Mörder der vor mehr als 26 Jahren getöteten Reinfelder Schülerin Silke B. zwingt die Polizei jetzt 20 Männer per Gerichtsbeschluss zur Abgabe einer Speichelprobe. "Es sind die Männer, die sich nicht an der vorangegangenen freiwilligen DNA-Untersuchung beteiligt haben", sagt der Lübecker Polizeisprecher Stefan Muhtz. Fünf dieser Männer haben inzwischen eine Probe abgegeben. Aber ihr genetischer Fingerabdruck stimmt nicht mit dem des Mörders überein.

Wie berichtet, startete die Lübecker Mordkommission im Herbst vergangenen Jahres die größte DNA-Reihenuntersuchung in der Geschichte Schleswig-Holsteins. Circa 2200 Männer, darunter etwa 1400 Stormarner, wurden damals gebeten, eine Speichelprobe abzugeben. Sie kamen nach einer Fallanalyse des Landeskriminalamtes (LKA) in Kiel als mögliche Täter infrage. Denn die Ermittler gehen davon aus, dass der Mörder im Jahr 1985 zwischen 18 und 25 Jahre alt gewesen ist, einen Führerschein besessen hat und entweder maximal 15 Kilometer vom Tatort entfernt gewohnt oder eine allgemeinbildende, weiterführende oder berufsbildende Schule in Reinfeld oder Bad Oldesloe besucht hat.

98 Prozent der Männer, die in dieses Raster passen, beteiligten sich freiwillig an der DNA-Massenuntersuchung. Auch von jenen 40 unter ihnen, die mittlerweile im Ausland leben, gab gut die Hälfte eine Speichelprobe ab. "Als die Männer in Deutschland zu Besuch waren, gaben sie eine Probe ab", sagt Muhtz, der hofft, dass sich auch die restlichen Männer, die beispielsweise nach Australien, Neuseeland und sogar Japan ausgewandert sind, bei einem Besuch in der Heimat an der Reihenuntersuchung beteiligen. Die zuständige Sachbearbeiterin habe mit den Auswanderern bereits Kontakt aufgenommen.

Richter kann nur eine DNA-Probe zurzeit anordnen

Fünf der 2200 Männern sind bereits verstorben. "Hier müssen wir prüfen, ob es noch DNA-Material gibt, das untersucht werden könnte", sagt der Lübecker Oberstaatsanwalt Klaus-Dieter Schultz und fügt hinzu: "Exhumierungen wird es aber nicht geben." Parallel werden die Männer überprüft, die nicht ausgewandert sind, aber nicht freiwillig eine Speichelprobe abgegeben haben. "Wir werden nacheinander Argumente suchen, die über das Täterprofil hinausgehen und die eine DNA-Untersuchung rechtfertigen", sagt Polizeisprecher Muhtz. Mit diesen Erkenntnissen möchten die Fahnder dann richterliche Beschlüsse erwirken.

In fünf Fällen ist es bereits geschehen. Für die restlichen 15 Männer gleichzeitig eine DNA-Probe anzuordnen sei nicht möglich. "Das müssen wir nacheinander machen, und deswegen kann sich dieser Prozess über mehrere Jahre erstrecken", sagt der Polizeihauptkommissar. Doch Mord verjährt nicht, und so hoffen die Ermittler, unter den restlichen Männern den Mörder von Silke B. zu finden.

Zuletzt war die Reinfelder Schülerin am Abend des 1. Juni 1985 in Bad Oldesloe gesehen worden. Die 15-Jährige wollte zur Schulparty "Spektakel 85" in der Schule am Masurenweg. Dort kam Silke nie an. Ihre Leiche wurde am nächsten Tag in den Travewiesen zwischen den Dörfern Schlamersdorf und Sühlen gefunden. Silke B. war mit mehreren Messerstichen getötet worden.

Vater der Ermordeten hofft, dass der Mörder seines Kindes gefunden wird

Seinerzeit sicherten Polizeibeamte umfangreiches Beweismaterial. Jedoch war die Kriminaltechnik damals noch nicht so weit, DNA-Spuren auswerten oder gar einen Täter damit überführen zu können. Deshalb lagen die sichergestellten Gegenstände 24 Jahre in der Asservatenkammer der Kriminalpolizei. Im Sommer 2009 nahmen Kriminaltechniker diese Beweisstücke erneut unter die Lupe. Die Experten des LKA fanden eine männliche DNA-Spur, die mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Täter zuzuordnen ist. Mit diesem genetischen Fingerabdruck sucht die Polizei seitdem den Mörder. Sollte der gesuchte Täter nicht unter den 2200 Männer sein, überlegt die Polizei, den Personenkreis auszuweiten.

Jens B., Vater der ermordeten Reinfelder Schülerin, ist inzwischen 71 Jahre alt. Er hofft, dass der Mörder seines einzigen Kindes nach so vielen Jahren nun doch noch gefasst wird. Er sagte vor einem Jahr gegenüber der Regionalausgabe Stormarn des Hamburger Abendblatts: "Wenn Silkes Mörder gefunden wird, kommt sicherlich noch mal ordentlich was auf uns zu. Andererseits werde ich niemals zur Ruhe kommen. So etwas verfolgt einen ewig."