Leer in den Büros, voll in den Straßen: Es regiert die Muße bis zum 2. Januar. Wir haben uns auf die Suche nach der Andersartigkeit gemacht.

Hamburg. Während einige noch die Reste des Weihnachtsessens aufwärmen, verspäteten Feiertags-Besuchern Kaffee und Kuchen auftischen oder einfach faul auf der Couch liegen, führt für andere der erste Weg nach einem festlichen Wochenende direkt ins Fitnessstudio. Nicht nur Erwachsene, die zwischen den Jahren frei haben, besuchen das Fitnessstudio. Vor allem auch viele Schüler nutzen die Weihnachtsferien, um vormittags zu trainieren.

Im Parador im Ahrensburger Gewerbegebiet Nord sind an diesem Vormittag schon wieder viele der Fitnessgeräte besetzt. In den Kursen bringen Trainer die Besucher ins Schwitzen, und auch die Mitarbeiterin an der Rezeption hat einiges zu tun. Zwischen Telefonanrufen weist sie die eintreffenden Gäste ein. "Heute sind wir gut besucht", sagt Inhaberin Susanne Greve. "Insbesondere für die Mittagszeit sind viele Gäste hier." Doch der Ansturm geht nicht erst nach Weihnachten los. Greve: "Selbst am ersten und zweiten Feiertag war es voll."

Susanne Greve ist überzeugt, dass viele Besucher schon jetzt gute Vorsätze für das neue Jahr gefasst haben und motiviert sind, diese auch einzuhalten. "In der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr haben viele Leute frei. Das nutzen sie gern dafür, etwas für ihre Gesundheit zu tun." Viele Besucher würden in dieser Zeit auch den Wellnessbereich des Fitnessstudios nutzen, sagt Greve. Bei einem Feuer im Mai 2010 wurde dieser komplett zerstört. "Nach der Renovierung ist nun aber alles wieder ganz toll geworden", sagt die Inhaberin. In der Sauna, im Whirlpool oder bei einer Massage entspannen die Gäste hier. Susanne Greve: "Die Menschen lassen sich gerade in dieser Zeit gern verwöhnen."

Vor allem in den Monaten Januar und Februar - die gerade gefassten Vorsätze sind so früh im Jahr noch nicht wieder in Vergessenheit geraten - ist es im Parador laut Susanne Greve immer besonders voll. "Unsere Besucher tun mit dem Sport ja vor allem etwas für sich, und das soll auch Freude bereiten. Deshalb bieten wir auch viele 'Spaßkurse' an, wie zum Beispiel Zumba." Das ist eine Mischung aus Tanz und Fitnessübungen.

Auch Nina Michahelles nutzt die Schulferien, um Sport zu treiben. An einer Butterfly-Maschine trainiert sie ihre Brustmuskulatur. Seit Anfang Dezember ist die 17-Jährige Mitglied in dem Ahrensburger Fitnessstudio. Seitdem kommt sie dreimal pro Woche in das Studio, um die Geräte zu nutzen. Bis zum 6. Januar hat die Schülerin des Gymnasiums am Heimgarten noch frei, zum Sport geht sie während dieser Zeit weiterhin. "Während der Weihnachtsfeiertage habe ich mir ein bisschen trainingsfreie Zeit gegönnt, aber jetzt mache ich natürlich weiter", sagt Nina Michahelles.

Dreimal pro Woche ist auch Peer Schleifenbaum im Parador. Der Ahrensburger trainiert dann an den Fitnessgeräten vor allem seine Ausdauer und Muskulatur. Eine Auszeit nimmt der 18-Jährige sich während seiner Schulferien nicht. Nur am Heiligabend ließ er das Trainieren lieber bleiben. Grund dafür sei natürlich das Weihnachtsmenü gewesen. "Danach konnte ich einfach keinen Sport mehr machen", sagt Peer Schleifenbaum, deutet vielsagend auf seinen Bauch und ergänzt: "Wegen des vielen Essens."

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Viele Schreibtische in der AOK-Geschäftsstelle in Ahrensburg sind in dieser Woche leer. Zahlreiche Computer bleiben heruntergefahren, die Bildschirme sind schwarz. "Knapp die Hälfte unserer 80 Mitarbeiter hat zwischen den Jahren Urlaub", sagt AOK-Bezirksdirektor Gunar Schlage, der die besondere Situation bereits am morgen bei der Fahrt in die Tiefgarage bemerkte.

"Normalerweise ist dort immer alles voll, wenn ich komme", sagt er. "Aber heute waren noch Parkplätze frei." Diejenigen Mitarbeiter, die arbeiten müssen oder wollen, haben deshalb diese Woche etwas mehr zu tun. Sie müssen die Aufgaben ihrer Kollegen zum Teil mit übernehmen, denn die Kundenbetreuung müsse in jedem Fall sichergestellt werden, sagt Schlage. Auch zwischen den Jahren kommen Kunden in die Geschäftsstelle und wollen beraten werden, Telefone klingeln.

"Es ist genauso viel los wie sonst auch", sagt Wolfgang Wehner, der Leiter des Kundenservices. "Viele Menschen haben über Weihnachten mit ihrer Familie über wichtige Themen gesprochen, wie zum Beispiel über die Anschaffung von Hilfsmitteln wie einer Toilettensitzerhöhung oder das Anbringen von Haltegriffen." Nun würden sie wissen wollen, ob ihre Krankenkasse die Leistungen übernehme. Andere hätten Fragen zur Pflegeversicherung, zum Zahnersatz oder zur Erstattung der Zuzahlung zu Medikamenten. "Die ganz normale Bandbreite an Themen haben wir auch zwischen den Jahren", sagt der 51-Jährige. Zwei von fünf Kundenberatern durften dennoch Urlaub nehmen. Wehner: "Wir haben im Team abgesprochen, wer freimachen darf."

So lief es auch bei Nicole Bartsch. "Ich hatte im vergangenen Jahr zwischen den Jahren frei, deshalb arbeite ich dieses Mal", sagt die Krankengeldfallmanagerin. "2012 bin ich dann wieder mit Urlaub an der Reihe." In ihrer Abteilung lasse sich vieles im Voraus planen. Bartsch: "Wir legen die Termine dann einfach entweder vor Weihnachten oder zu Beginn des neuen Jahres."

Im Außendienst arbeiten normalerweise neun Mitarbeiter. Doch zurzeit ist Rabea Kühn die einzige, die in der Abteilung am Schreibtisch sitzt. Ihre Kollegen haben alle bis Jahresende frei. "Ich halte hier die Stellung, falls etwas reinkommt", sagt die 25-Jährige. Sie habe es sich selbst ausgesucht, zu arbeiten. Kühn: "Ich hatte dafür in der vergangenen Woche frei." Dass um sie herum viele Arbeitsplätze unbesetzt sind, sei sie jedoch gewohnt. "Im Außendienst kommt es häufiger vor, dass die Kollegen auf Terminen unterwegs sind oder dass ich selbst weg bin", sagt sie.

Die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr wolle sie auch nutzen, um die E-Mails, die während ihres Urlaubs eingegangen sind, zu beantworten und einen Jahresübersicht über die neuen Mitglieder zu erstellen. Doch bisher sei sie dazu noch nicht gekommen, denn es gebe auch so genug Arbeit. Kühn: "Viele Selbstständige rufen an, weil sie noch kurzfristig zum 1. Januar eine Versicherung benötigen."

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Auf Socken rennen Kinder durch die 3500 Quadratmeter große Halle, klettern durch nachgebaute Segelschiffe, rutschen um die Wette und spielen in einer Hüpfburg. Dazwischen sind Tischtennisplatten, ein Minigolf-Parcours und eine Kartbahn aufgebaut. Von den hohen Wänden hallen Kinderstimmen wider, dazwischen auch die von Müttern und Vätern, die versuchen, ein wenig Ordnung in das Chaos zu bringen.

Wenn die Weihnachtsgeschenke wenige Tage nach Heiligabend nicht mehr spannend genug sind, wenn die Schulen und Kindergärten noch geschlossen haben, suchen viele Eltern in dem Indoor-Erlebnisspielplatz Indoo in Ahrensburg Abwechslung für ihre Kleinen. "Für einen Vormittag ist es heute noch verhältnismäßig ruhig bei uns", sagt eine Mitarbeiterin. "Richtig voll wird es erst nach dem Mittagessen." Der Hallen-Spielplatz hat das ganze Jahr über geöffnet, so auch nach den Weihnachtsfeiertagen.

Die Wände der Halle sind bunt bemalt, Segelschiffe aus vergangenen Jahrhunderten, Comic-Helden, karibische Landschaften, Dinosaurier, Delfine und Wale sind zu sehen.

In dem angrenzenden Bistro stärken sich einige Erwachsene mit einem Kaffee. Reine Erholung ist der Ausflug zwischen den Jahren für Dimitri Schander allerdings nicht. Seine Tochter hat Geburtstag, die Party findet im Indoo statt. Dafür ist Dimitri Schander mit neun Kindern von Hamburg-Bergedorf nach Ahrensburg gefahren. "Wir waren vorher noch nie hier", sagt der Vater. "Ich hatte vom Indoo gehört, und wir wollten in diesem Jahr gern einmal etwas Neues ausprobieren." Offensichtlich ein voller Erfolg für die Geburtstagsgäste.

Während Dimitri Schander versucht, den Kindern etwas zuzurufen, sind die schon wieder blitzschnell im Inneren eines riesigen rot und schwarz bemalten Drachen verschwunden. Das meterhohe Tier ist aus Plastik und aufblasbar. Aus seinem Körper ragen verschiedene Rutschbahnen. Der "Drache von Avangar" ist die neueste Attraktion in dem Erlebnispark. "Ich weiß noch nicht genau, womit die Kinder am liebsten spielen, wir sind noch nicht lange hier", sagt Dimitri Schander, während er versucht, den Überblick über die auf dem Drachen tobenden Kinder zu behalten. Ohne Zweifel liegt die neue Rutsche in Tierform bei den ihm anvertrauten Kindern ganz hoch im Kurs.

Der zweijährige Jannes und die zehn Jahre alte Lena spielen "überall" gern. Vor allem haben sie den Kletterberg in der Mitte der Halle in Beschlag genommen. In Begleitung von Jannes' Mutter Brigitte Trettow haben die Kinder Tageskarten für den Indoor-Spielplatz gelöst. Die Weihnachtsgeschenke sind nach einigen Tagen nicht mehr spannend genug, etwas Neues muss her. "Deshalb haben wir beschlossen, hierher zu fahren", sagt Brigitte Trettow.

Lena ist die Tochter einer ihrer Freundinnen. "Sie besucht uns während der Schulferien. Deshalb wollten wir etwas Besonderes machen und nicht nur zu Hause sitzen", sagt die 40-Jährige. Brigitte Trettow, die im Steinburger Ortsteil Sprenge wohnt, besucht mit den Kindern zum ersten Mal den Indoor-Spielplatz. Die Mutter sagt: "Das Wetter bietet sich zurzeit nicht gerade zum draußen Spielen an, da ist so ein Indoor-Spielplatz sehr praktisch."

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Zu klein oder zu groß, doppelt, die falsche Farbe, oder einfach nicht den Geschmack getroffen. Viele Geschenke wandern nach dem Fest wieder zurück in die Geschäfte und werden gegen etwas Schöneres, Bunteres oder Größeres umgetauscht. Zahlreiche Stormarner nutzen dafür gleich den ersten verkaufsoffenen Tag nach Weihnachten. So auch Kirsten Grill aus Hamburg-Volksdorf. "Die Sachen sollen gar nicht erst zu Hause herumliegen", sagt die 47-Jährige. "Sonst geraten sie nur in Vergessenheit."

In der Hand hält sie eine Tüte mit zwei Pullovern und zwei Hemden, die Weihnachtsgeschenke für ihre Söhne Aaron, 24, und Max, 22. "Sie gefallen ihnen, sind aber leider zu groß", sagt Kirsten Grill und holt den Kassenbon aus ihrer Tasche. "Ich hoffe, dass ich sie eine Nummer kleiner bekomme."

Keinen Grund zum Umtausch gab es dagegen bei Familie Hauschildt aus Ahrensburg. "Mit den Geschenken hat alles gut gepasst", sagt Mutter Andrea. Tochter Nele nickt bestätigend. "Ich habe eine Kinderkamera bekommen, mit der ich Fotos machen und Spiele spielen kann", sagt die Neunjährige und strahlt. Umtauschen kommt da ganz offensichtlich nicht in Frage. Und dennoch hat es die Familie ins Ahrensburger Kaufhaus Nessler gezogen. "Ich habe einen Gutschein von meinem Schwiegervater bekommen", sagt Andrea Hauschildt. "Den habe ich eingelöst." Erstanden hat die 42-Jährige eine pink-weiß karierte Bluse. Sie sagt: "Das war eigentlich gar nicht geplant, aber ich habe die Bluse an einer Stange gesehen, und sie gefiel mir."

Weitere Geschenke statt umtauschen heißt es auch bei Familie Rambow aus Bargteheide. "Mit den Weihnachtsgeschenken waren beide Kinder sehr zufrieden", sagt Mutter Conny. "Die Wunschzettel wurden bereits im Oktober geschrieben. Da konnten wir nicht viel falsch machen." Gestern wurde deshalb auch nur das Weihnachtsgeld ausgegeben. "Ich habe von meiner Oma und meinen beiden Tanten 100 Euro bekommen", sagt Sohn John Vincent. Für das Geld hat sich der Elfjährige ein Buch sowie einen Sammelordner und eine Box mit "Yu-Gi-Oh"-Karten gekauft. Zufrieden hält er die Einkaufstüten in die Höhe. "Ich habe zu Hause schon etwa 500 Sammelkarten", sagt er. "Nun habe ich 70 weitere." Der Vorschlag, sich gleich am ersten Tag nach Weihnachten von dem Geld etwas zu kaufen, kam von seinen Eltern. "Mein Mann und ich haben beide Urlaub und deshalb mehr Zeit", sagt Conny Rambow. "Da passte es heute gut." Auch für Tochter Lilly Rose, 3, hat die Familie noch etwas erstanden: ein Buch und das Spiel Affenalarm.

(abendblatt.de)