Alte Gotteshäuser in Stormarn müssen repariert werden. Gemeinde in Zarpen machte Schulden, Klein Wesenberg gründet Förderverein.

Klein Wesenberg. Kaputte Fenster, lose Dachplatten, veraltete Heizungen und elektrische Anlagen sowie Wasserschäden am Mauerwerk: An immer mehr Kirchen in Stormarn treten solche oder ähnliche Missstände auf. Doch viele Gemeinden haben nicht das Geld, um die oft mehrere Hunderttausend Euro teuren Sanierungen vornehmen zu lassen.

"In der Vergangenheit, als es den Kirchen finanziell noch gut ging, wurden nicht ausreichend Rücklagen gebildet. Das Geld wurde immer großzügig für soziale Projekte sowie die Kinder- und Jugendarbeit ausgegeben", sagt Erhard Graf, Pastor der Kirchengemeinden Klein Wesenberg und Hamberge. "An eine demnächst anstehende Sanierung hat dabei niemand gedacht."

In seinem Zuständigkeitsbereich hat Graf gleich zwei Gotteshäuser, die bereits seit längerer Zeit dringend saniert werden müssten. An der Klein Wesenberger Kirche herrscht sogar Lebensgefahr, weil sich die Schieferplatten, die das Dach seit 1884 bedecken, durch die Witterungseinflüsse gelockert haben und bei Wind zu tödlichen Geschossen werden können.

Jeweils rund eine halbe Million Euro wären nötig, um die Schäden zu beheben. Geld, das beide Kirchengemeinden nicht haben und in nächster Zeit wohl auch nicht hereinbekommen werden. Weil immer mehr Menschen aus der Kirche austreten, sinken die Kirchensteuereinnahmen.

Also bleibt den Gemeinden nichts anderes übrig, als Stiftungen anzuschreiben und auf private Spender zu hoffen. "Wir klappern alle Institutionen ab und schreiben Bettelbriefe, um dann die einen oder anderen 1000 Euro zu bekommen", sagt der Pastor. Das Problem sei jedoch, dass bei Fördergeldern meist Eigenleistungen in Höhe von 20 bis 30 Prozent gefordert seien. Graf: "Bei Sanierungskosten von einer halben Million Euro wären das mindestens 100.000 Euro. So viel Geld ist aber einfach nicht da."

Zudem seien Förderzusagen oft zeitlich gebunden. Es werde erwartet, dass das Geld auch zügig ausgegeben werde. Graf: "Aber wenn wir zum Beispiel 5000 Euro zugesagt bekommen, reicht das nicht, um mit der Sanierung zu beginnen." Auch Kredite aufzunehmen sei schwierig. Denn dafür müsse die Kirche Sicherheiten bieten und gewährleisten können, das Geld in einem bestimmten Zeitraum zurückzuzahlen.

"Wir können nicht wie der Staat mit neuen Krediten unsere Kredite bedienen", sagt Erhard Graf. Deshalb sei man vor allem auf Spenden aus der Bevölkerung angewiesen. Doch auch das gestalte sich schwierig.

"Bei uns gibt es, anders als im Hamburger Speckgürtel, keine Millionäre, die große Summen spenden könnten", sagt der Pastor. Auch seien die wohlhabenden Menschen deutlich weniger als früher daran interessiert, der Kirche Geld zu geben. Der Pastor sagt: "In alten Zeiten gehörte es zum Status eines Wohlhabenden, etwas in der Kirche bezahlt zu haben." So wurde der Altar der Hamberger Kirche einst von einem Geschäftsmann gesponsert. Heute seien ein zweites großes Auto oder Häuser solche Statussymbole.

Früher wurde die Kirche in Klein Wesenberg von einem Gutsherrn unterhalten. Hamberge wurde jahrhundertelang vom Lübecker Dom aus geleitet und bekam von dort Unterstützung. Doch beides ist Vergangenheit. Graf: "Die historischen Geldgeber sind weggefallen." Lübeck habe genug eigene Kirchen, die Geld benötigten, und das Gut in Klein Wesenberg sei verkauft.

"Als Erben der historischen Gebäude sind wir in einer unglücklichen Situation. Auf Dauer lassen sie sich nicht unterhalten", sagt Graf. "Wir brauchen Lösungen." Eine Möglichkeit sei die Einführung einer Kultursteuer wie in Spanien oder Italien. Mit dem Geld werden sowohl Einrichtungen wie Museen als auch Kirchen unterstützt. Graf: "Da kann sich niemand mehr durch Austreten aus der Kirche den Gebühren entziehen." Finanzielle Probleme gebe es jedoch nicht nur in Deutschland. In den Niederlanden sei es sogar schon so weit, dass einige Kirchen verkauft und zu Gaststätten umgebaut worden seien.

Welche finanziellen Probleme eine Sanierung mit sich bringt, ist auch in Zarpen bekannt. In den vergangenen beiden Jahren hat die Kirchengemeinde ihr Gotteshaus für rund 530.000 Euro erneuern lassen. Dabei waren ursprünglich nur 240.000 Euro für das Auswechseln der alten Eichenholz-Schindeln einkalkuliert worden. Doch während der Renovierungsarbeiten waren immer mehr Mängel festgestellt worden.

"Die Sanierung war ein ganz schöner Akt. Wir sind froh, dass wir es geschafft haben", sagt der Kirchenvorstandsvorsitzende Jörg Hauke, der die Arbeiten begleitete. Der Architekt kann sich noch gut an die Bauzeit erinnern: "Ich konnte nächtelang nicht schlafen, weil mir die unaufhörlich steigenden Kosten Sorgen bereiteten."

Um das Geld zusammenzubekommen, schrieb Hauke 40 bis 50 Stiftungen an. Meistens kamen Absagen zurück, denn es gibt sehr viele marode Kirchen in Deutschland, die auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind. Häufig habe er tagelang mit Pastorin Martina Ulrich für das Ausfüllen eines Antrags auf Fördergelder gebraucht. Hauke: "Das ist alles sehr kompliziert."

Die Kirchengemeinde sei in einer sehr schwierigen Situation gewesen. Denn sie konnte auch nicht einfach mal alle ihre Ersparnisse aufbrauchen. Hauke: "Wir haben zwei Kindergärten, die unterhalten werden müssen. Und wenn plötzlich die Heizung im Pastorat kaputt geht, müssen wir genug Geld in der Hinterhand haben, um sie sofort reparieren zu können."

Etwa 150.000 Euro nahm die Kirchengemeinde für die Sanierung auf. Die Raten müssen nun abbezahlt werden. Deshalb ist die Sanierung baulich gesehen zwar abgeschlossen, doch die Finanzierung beschäftigt die Zarpener noch lange. Und so sammeln sie weiter Spenden, organisieren Benefizkonzerte und verkaufen Andenken wie eine DVD über die Sanierung, kleine Glocken und Postkarten. Hauke: "Wir sind auf jeden Cent angewiesen."