Zahl der Geburten im Reinbeker Krankenhaus so hoch wie lange nicht. Immer mehr Eltern entscheiden sich für das Krankenhaus

Reinbek. Die Zeiten des Babybooms in den 50er- und 60er-Jahren sind zwar auch in Reinbek längst vorbei. Damals kamen im St. Adolf-Stift täglich drei bis fünf Babys zur Welt. Dennoch können sich die neuen Zahlen des Krankenhauses sehen lassen. Seit etwa vier Jahren zählt das St. Adolf-Stift zunehmend mehr Babys. Waren es 2007 noch 629 Geburten pro Jahr, zählte die Klinik im vergangenen Jahr bereits 715. Bis Ende dieses Jahres rechnet das St. Adolf-Stift sogar mit 770 Babys. In der ersten Dezemberwoche kamen 16 Kinder zur Welt. Als Grund für die Zunahme sieht das Krankenhaus nicht etwa eine gestiegene Geburtenrate in der Region - die nämlich stagniert. Vielmehr entschieden sich werdende Eltern für das Reinbeker Krankenhaus der familiären Atmosphäre wegen.

"Heute gibt es geradezu einen Geburtstourismus", sagt die leitende Hebamme Christiane Schwarz, "vor der Entbindung sehen sich die Mütter und auch Väter infrage kommende Geburtshäuser und Kliniken ganz genau an." Viele wünschten sich dabei die sehr individuelle Atmosphäre eines Geburtshauses, wollten aber gleichzeitig die Sicherheit, die ein Krankenhaus bietet.

Beides verbinde das St. Adolf-Stift - vor allem seit der Modernisierung der Geburtshilfe-Abteilung. 2008 hatte das Krankenhaus 2,5 Millionen Euro in die Umbauten investiert: drei Kreißsäle, ein OP-Raum für Kaiserschnitte mit einer Kinder-Reanimationsstation und eine gesamte Mutter-Kind-Station entstanden im zweiten Obergeschoss des Krankenhauses. "Nach dem Umbau kamen zunehmend mehr werdende Mütter zu uns als vorher", sagt Schwarz. Selbst aus Hamburg kämen immer mehr Frauen, um in Reinbek ihre Kinder zur Welt zu bringen. "Werdende Mütter sind heute durchschnittlich älter als in früheren Jahrzehnten. Wenn sie mit Mitte 30 ihr erstes Kind bekommen, soll alles perfekt sein. Große Krankenhäuser wie in Hamburg mit 2000 Geburten im Jahr bieten vielen nicht die gewünschte Individualität."

Auch die Wentorferin Nicole Prahs hatte sich bewusst für das Krankenhaus in Reinbek entschieden. "Ich habe mir so viele Krankenhäuser angesehen. Aber richtig begeistert war ich nur von Reinbek. Die Atmosphäre, die Rundumbetreuung, die Freundlichkeit des Personals", zählt sie lobend auf und lässt sich von Kinderkrankenschwester Susanne Wulf beim Wickeln ihres drei Tage alten Bennet unter die Arme greifen. "Vor allem aber das Wehenzimmer, in dem auch mein Mann bei mir liegen konnte, ist eine Einrichtung, die ich bisher nicht kannte", sagt die 36 Jahre alte Nicole Prahs.

Das Wehenzimmer, das einem Hotelzimmer gleicht - mit Badezimmer, Fernseher und hübschen Bildern an der Wand -, ist Teil des Konzeptes einer familienorientierten Geburt. Außerdem können sich Paare für einen Aufpreis für ein Familienzimmer entscheiden, damit auch nach der Geburt die junge Familie für sich sein kann. "Die werdenden Eltern sollen sich hier wohl fühlen. Der Partner ist auch sehr wichtig, er übernimmt heute einen zentralen Part bei den Geburten, hilft intensiv mit, massiert, spricht gut zu. Das gehört heute dazu", sagt Schwarz. Bis Anfang der 80er-Jahres sei dies noch unüblich gewesen.

"Da waren Geburten insgesamt ganz anders. Es gab noch gekachelte Kreißsäle mit hässlich kaltem Licht", erinnert sich Schwarz, die ihren Traumberuf Hebamme seit 30 Jahren ausübt und mehr als 8000 Babys auf die Welt geholfen hat. Sie war es auch, die entscheidend an der Gestaltung mitgeholfen hat, Farben mit einer Farbberaterin für die Kreißsäle auswählte, Bilder und Kinderfotografien organisierte, kühle Deckenbeleuchtung gegen Stimmungslicht austauschte, Radios einbauen ließ.

"Jeder der Kreißsäle ist anders gestaltet, nicht nur farblich, jeder hat auch eine andere individuellen Entbindungslandschaft - so heißen heute die Entbindungsbetten", sagt Schwarz, die über einen Bildschirm im Stationszimmer via Cardiotokografie (CTG) die Wehen von Janina Zabel überwacht. Die 28-Jährige bekommt bereits ihr zweites Kind im Reinbeker Krankenhaus. "Ich war schon beim ersten rundum zufrieden", sagt die Kröppelshagenerin.

Neben baulichen Verbesserungen sieht Chefarzt Dr. Knut Schirrmacher das Zusatzprogramm der Geburtshilfe als großen Pluspunkt: "Mit unserem Programm der Elternschule kümmern wir uns weit vor und auch viele Monate nach der Geburt mit Beratung, körperlichen Aktivitäten und Kursen um werdende Eltern." So haben neben Susanne Wulf vier weitere Kinderkrankenschwestern eine Zusatzausbildung zur Stillberaterin absolviert.