Wir möchten uns lieber nicht ausmalen, wie uns zumute ist, wenn wir in höchster Not die 110 wählen - und dann eine Automatenstimme sagt: "Polizeinotruf - bitte legen Sie nicht auf". "Bitte nehmen Sie doch ab" wäre die freundliche Formulierung eines Gefühls, das sich auch viel drastischer ausdrücken könnte. Denn im schlimmsten Fall wird die Warteschleife zur Schleife, mit der sich der tödliche Strick schließt. 120 Sekunden sind eine verdammt lange Zeit, in der ein soeben überfallener und verletzter Anrufer ohnmächtig werden kann, in der ein eben noch nur verbal aggressiver Mensch zuschlagen kann, in der sich ein eigentlich schon überwältigter Einbrecher befreien kann.

Wenn bei der Leitstelle "Südwind" 15 Prozent der Anrufer zwischen 20 und 120 Sekunden warten müssen, bis man sich ihrer annimmt, dann ist das eine katastrophale Bilanz. Dennoch gibt es Anlass zu Hoffnung. Erstens hat die Polizei in bemerkenswerter Offenheit die Probleme selbst eingestanden. Zweitens soll nun die Technik verbessert und Personal eingestellt werden. Ob das ausreicht, um die angestrebte Wartezeit von maximal neun Sekunden einzuhalten, bleibt abzuwarten. Hat "Südwind" weiter Probleme, könnte es einen Orkan der Entrüstung geben. Und den bekäme dann auch der Innenminister Klaus Schlie (CDU) zu spüren, der gestern abgetaucht war.