Die Einwohner in Elmenhorst stimmen am Sonntag ab, ob die Straßenlaternen im Dorf künftig auch zwischen 1 und 5 Uhr leuchten werden.

Elmenhorst. Ein Lichtspieltheater gibt es in Elmenhorst nicht. Aber an diesem Sonntag wird eine Ausnahme gemacht: 2049 Dorfbewohner dürfen über die Frage abstimmen, ob die Straßen nachts durchgehend beleuchtet werden sollen. Denn schon seit Jahrzehnten herrscht im Ort Finsternis - jedenfalls zwischen ein und fünf Uhr nachts. Einige Dorfbewohner sind damit nicht einverstanden. Sie haben Unterschriften gesammelt und einen Bürgerentscheid herbeigeführt. An diesem Sonntag ist es so weit: Showdown im Elmenhorster "Lichtspieltheater".

Die Rollen sind verteilt. Auf der einen Seite die Unterschriftensammler, die die Dunkelheit vertreiben wollen. Auf der anderen Seite die Mehrzahl der Gemeindevertreter um Bürgermeisterin Karen Rinas, die Energie sparen wollen. Manche Elmenhorster sagen, es sei auch ein Streit zwischen Alteingesessenen und Neubürgern. Denn die Initiatoren der Unterschriftensammlung wohnen im kleinen Neubaugebiet zwischen der Bargfelder Straße und der Sülfelder Straße.

Bürgermeisterin Rinas sagt: "Wir hatten dort während der Bauphase nachts das Licht brennen lassen, um Diebe abzuschrecken, die vielleicht Interesse an den Baumaterialien oder Geräten haben könnten." Die Häuser sind längst fertig, vier Jahre ist das schon her. Im alten, finsteren Teil des Dorfs fiel irgendwann auf, dass im neuen Teil verschwenderisch mit der Beleuchtung umgegangen wurde. Im Frühjahr ließ Rinas daraufhin auch dort die Laternen abschalten. Schwarze Nacht senkte sich über die Straßen Heisch und Bargkoppel. Bald darauf hob sich der Vorhang für den Bürgerentscheid.

Empörte Neubürger gründeten die Initiative "Nachtlicht für Elmenhorst". 214 Unterschriften wurden gesammelt, damit die 273 Straßenlaternen im Dorf nachtaktiv werden. Wohlformulierte Begründung der Initiative: "In den Wohngebieten ist durch die Nachtabschaltung eine soziale Kontrolle nicht mehr möglich. In der Dunkelheit ist sowohl die objektive Sicherheit als auch das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger stark beeinträchtigt. Eine Orientierung ist ohne Hilfsmittel kaum möglich. Licht ist Sicherheit und ermöglicht soziale Kommunikation!"

Ist denn in Elmenhorst zwischen eins und fünf kommunikativ noch so viel los? "Nein, nachts ist kein Mensch mehr unterwegs", sagt Marlen Böge vom Gemischten Chor. "Wir sind keine Nachtbummler, ich habe im Chor rumgefragt." Außerdem: "Jeder Mensch hat einen Bewegungsmelder, der sorgt für Licht." Böges knappes Urteil: "Nachtlicht ist doch wohl das Letzte."

Auch Heidi Witte vom Plattdeutschen Theaterverein glaubt nicht, dass nachts viele Leute auf den Beinen sind. "Aber ich bin trotzdem dafür, dass die Laternen brennen", sagt sie. "Es ist ja um die Uhrzeit stockfinster draußen." Außerdem seien "Jugendliche auf den Straßen, die dummes Zeug machen, und das geht in der Dunkelheit natürlich besser". Wer Energie sparen wolle, solle dafür sorgen, dass die Laternen besser geschaltet würden. "Die brennen ja schon, wenn es draußen noch hell ist."

Jörn Burmester ist Mitbegründer der Bürgerinitiative "Nachtlicht für Elmenhorst". Er sagt: "Es entspricht absolut nicht dem Leben in der Siedlung, nachts das Licht abzuschalten." Für seine Position habe er auch viel Zustimmung von Alteingesessenen bekommen. "Die hatten teilweise schon resigniert, weil die Politiker einfach nichts tun."

Die Gemeindevertretung ist dennoch hart geblieben - und hat das Nachtlicht im August bei nur einer Gegenstimme abgelehnt. "Es würde jährlich rund 9000 Euro kosten, die Laternen durchgehend brennen zu lassen", sagt Karen Rinas, die der Wählergemeinschaft UBE angehört. "Ich finde, dass wir Ausgaben, die nicht zwingend notwendig sind, vermeiden sollten." Außerdem, so Rinas, gehe es angesichts des Atomausstiegs auch um Energieeinsparung. "Da sind wir ja in der Verantwortung."

Reiner Solvie, der Chef des Karnevalsvereins, findet die Sache gar nicht komisch. "Das ist rausgeschmissenes Geld", sagt der alteingesessene Elmenhorster. "Alle wissen, dass hier um eins die Laternen ausgehen. Dann nimmt man eben eine Taschenlampe mit." Er komme auch ohne klar. "Ich gehe seit 35 Jahren von Elmenhorst nach Fischbek, um Freunde zu besuchen. Da ist noch nie was passiert."

Auch Emil Wolgast vom Elmenhorster Blasorchester sieht keine direkte Notwendigkeit für die Vertreibung der dörflichen Finsternis. "Man braucht eben eine Taschenlampe, dann kommt man gut zurecht", sagt er. "Uns genügt das." Wolgast genügt es nicht, diese Ansicht nur privat zu äußern. Am Sonntag geht er ins Gemeindezentrum und gibt dort seine Stimme ab. "Da müssen wir uns ja mal sehen lassen", sagt er.

Das Elmenhorster "Lichtspieltheater" hat von 8 bis 18 Uhr geöffnet - zum Glück brennen am Abend des Bürgerentscheids die Laternen noch.