60 Bargteheider überlegen bei einer Einwohnerversammlung, wie der CO2-Ausstoß in der Stadt verringert werden kann

Bargteheide. Gradtagszahlenbereinigung. Worte wie diese sorgten zu Beginn der Bargteheider Klimawerkstatt für Fragezeichen auf den Gesichtern. Hatte Marius Lauterbach das verstanden? "Geht so", lautete die Antwort des 14-Jährigen. Entmutigen ließ er sich durch das Fachchinesisch und die trockene Anfangsphase der Einwohnerversammlung aber nicht. Der Schüler des Eckhorst-Gymnasiums blieb bis zum Schluss. Fast drei Stunden hörte er zu, machte Vorschläge und klebte Punkte auf Stellwände, um zu zeigen, welche Themen ihm wichtig sind. "Solarenergie, ganz klar", sagte Marius.

Genauso motiviert waren die anderen, die sich im Ganztagszentrum versammelt hatten. 60 waren gekommen. Und das war ein Erfolg. "Normalerweise kommen höchstens 20, und davon sind auch noch 15 aus der Verwaltung. Die Beteiligung hier ist wirklich erstaunlich", sagte Roland Strauß vom Ingenieurbüro CDM, der mit seinen Kollegen Arnd Lilie und Moritz Wickert die Einwohnerversammlung moderierte.

Alleinerziehende waren gekommen, Rentner, Politiker, Rathaus-Mitarbeiter, Familienväter, Mitglieder der Initiative "Bürger für Klimaschutz in Bargteheide" - und Jugendliche wie Marius. Seit der siebten Klasse ist er Klimawächter am Eckhorst-Gymnasium und kümmert sich darum, dass Lampen ausgemacht und Fenster geschlossen werden. "Die Klasse ist ein bisschen chaotisch. Aber im Prinzip halten sich alle dran", sagte Mathis Flemming, der zweite Klimawächter der 9 d. Auch er wollte am politischen Rad mitdrehen und seinen Beitrag zum Klimaschutzkonzept leisten. "Das Heizungssystem bei uns an der Schule lässt sich nicht abstellen. Das muss man regeln können", forderte er. "Wir brauchen noch mehr Aufklärung in den Schulen", meinte Marius.

Um den Bürgern etwas an die Hand zu geben, erläuterten die Ingenieure zunächst, wie ein Klimaschutzkonzept entsteht. Der erste Schritt sei schon getan: die Bestandsaufnahme. Der zweite Schritt, die Auswertung und das Erstellen einer CO2-Bilanz, habe begonnen - "mit dem Ziel, die Emissions-Schwerpunkte zu erkennen und eine Defizit-Analyse zu erstellen", sagte Strauß. Anders ausgedrückt: Die entscheidende Frage ist: Wo wird am meisten CO2 in die Luft gepustet? Erste Erkenntnis: Städtische Einrichtungen sind mit vier Prozent am CO2-Ausstoß beteiligt, private Haushalte mit fast 50 Prozent.

"Leider gibt es nur über die kommunalen Einrichtungen frisch erhobene Daten. Für den privaten Bereich waren wir auf Statistiken angewiesen", musste der Projektingenieur gestehen. Das gefiel nicht allen. "Das ist doch viel zu unkonkret", warf eine Dame aus dem Publikum ein. Sie wartete darauf, konkret werden zu können, Vorschläge für ein klimafreundliches Bargteheide zu machen und zu hören, welche Ideen und Wünsche die Bürger mitgebracht hatten. Und das waren viele: Das Einrichten eines Klima-Infozentrums wurde vorgeschlagen und ein Ideen-Wettbewerb an Schulen für das Erstellen eines Klima-Logos - als Jugendbildung und um über eine Klimabewegung Verhaltensänderungen in der Bevölkerung voranzutreiben. Gewünscht wurden mehr Busse, das Anbieten von Elektro-Rädern, das Organisieren von Carsharing und von Eltern-Sammeltaxis. Erneuerbare Energien sollten gefördert werden, allen voran die Sonnenenergie. Und schließlich wurde die Übernahme der Energieversorgung durch die Kommune gewünscht, um die Abhängigkeit von den Großkonzernen zu beenden.

Die Bürger hatten sich auf drei Workshops verteilt. Es ging um "Private Haushalte und Wohnungsbau" und um "Erneuerbare Energien". Marius und Mathis hatten die dritte Arbeitsgruppe gewählt: "Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung", ebenso wie die Klimawächterinnen Caroline Claussen, 14, und Canan Righini, 15. Canan klebte nicht nur den Zettel "Vegane Woche" an die Stelltafel, als Hinweis darauf, doch hin und wieder auf Fleisch und damit auf energieraubende Futterherstellung zu verzichten. Canan überraschte auch mit dem Vorschlag, einen CO2-Filter in Autos einzubauen. "Wir haben das am Projekttag in der Schule besprochen. Wie das technisch gehen könnte, wissen wir nicht. Aber vielleicht können sich ja Fachleute darüber Gedanken machen", ergänzte Caroline.

"Es ist toll, dass so viele Jugendliche gekommen sind. Die sind mit so viel Fantasie an die Sache herangegangen", sagte Ruth Kastner, Vorsitzende der Bargteheider Grünen. Zufrieden mit dem Verlauf waren auch Bargteheides Klimaschutzbeauftragte Ulrike Lenz, Hans-Werner Harmuth (CDU), Sprecher der Lenkungsgruppe Klimaschutz, und die Lehrerin Claudia Vogel vom Eckhorst-Gymnasium: "Die Schüler haben erlebt, was politische Arbeit ist und dass sie wirklich Mitbürger sind."