Es ist ein bitterer Moment für die Befürworter des Neritzer Glockenturms: Sie müssen ein Vorhaben aufgeben, für das sie fünf Jahre lang erbittert gekämpft haben. Der Streit über den Bau des Turms hat die 320-Seelen-Gemeinde gespalten. Aus Freunden und Nachbarn sind plötzlich Gegner geworden, die bei Seniorennachmittagen nicht mehr an einem Tisch sitzen wollen.

Vor einem Jahr war die Kirche als vermeintlicher Sieger aus dem Streit hervorgegangen. Beim Bürgerentscheid hatte sich eine Mehrheit, wenn auch eine äußerst knappe, für den Turmbau ausgesprochen. Ein Jahr später haben dennoch die Gegner obsiegt. Die Kirche verzichtet nun aus finanziellen Gründen auf den Bau. Die Vorstandsmitglieder wollen glaubhaft bleiben und zur Finanzierung nicht auf Steuergelder zurückgreifen. Mit dieser Entscheidung werden sie viele Neritzer enttäuschen. Doch wenn sie anders entschieden hätten, dann hätten sie den Gegnern neue Angriffsmöglichkeiten geboten, neuer Streit wäre wohl unvermeidlich gewesen.

Dass jetzt endlich wieder Ruhe in Neritz einkehrt, wie es sich Bürgermeister Dabelstein erhofft, wäre der Gemeinde zu wünschen. Wahrscheinlich ist es nicht. Im Gegenteil: Denn jetzt gibt es in Neritz nicht mehr nur die Befürworter und die Gegner des Glockenturms, sondern unter den Befürwortern auch noch diejenigen, die die Entscheidung über das Aus des Glockenturms zu verantworten haben und die anderen, die das Projekt trotz allem gern durchgezogen hätten.