Seltene Chance für die Feuerwehren, denn ausrangierte Busse stehen nur in Ausnahmefällen für Großeinsatz-Übungen zur Verfügung.

Bargteheide. Menschen klopfen von innen an die Scheiben des großen Reisebusses und rufen laut um Hilfe. Von draußen versuchen Rettungskräfte, die Türen aufzustemmen, um sich Zugang zu dem doppelstöckigen Bus zu verschaffen. Ein Auto hatte den Reisebus gerammt, der daraufhin ins Schleudern geriet und einen Fahrradfahrer erfasste, bevor er schließlich zum Stehen kam.

An diesem Übungsszenario trainierten Feuerwehren und zahlreiche Hilfsorganisationen aus Stormarn am Sonnabend den Ernstfall. 150 Rettungskräfte waren unter Anleitung der Freiwilligen Feuerwehr Bargteheide im Einsatz. "36 Personen mussten bei der Übung versorgt werden, einige waren schwer verletzt und mussten aus dem Wrack befreit werden", sagte Otto Heydasch, Sprecher des Kreisfeuerwehrverbandes.

Um möglichst praxisnah vorzugehen, schnitten die Einsatzkräfte den ausrangierten Reisebus teilweise auf. "Es passiert äußerst selten, dass man diese Möglichkeit hat. Hier in Stormarn konnten wir heute zum ersten Mal einen Busunfall so praxisnah üben und das Fahrzeug auseinander schneiden", sagte Heydasch. Am Vormittag hatten die Helfer ein Busdepot besucht, um sich die Fahrzeuge genaue anzusehen und sich auf das spätere Training vorzubereiten. Den Doppeldecker hatte ein Entsorgungsunternehmen gestellt.

Der stellvertretende Wehrführer der Bargteheider Feuerwehr, Sven-Arne Werner, hatte die Übung seit März dieses Jahres federführend vorbereitet. Während des Einsatzes tauschten die Helfer immer wieder ihre Positionen, um an jeder Stelle mitarbeiten zu können. "Es ist wichtig, dass jeder die Möglichkeit hat, das Erlernte zu üben", sagte Sven-Arne Werner.

Außer den Wehren aus dem ganzen Kreis nahmen unter anderem auch die Schnelleinsatzgruppe Stormarn (SEG), ein Krisen-Interventions-Team (KIT) und ein leitender Notarzt (LNA) an der Übung teil. "Heute haben wir eine organisatorische Meisterleistung zu vollbringen", sagte Werner vor dem Einsatz. Mitglieder der Jugendwehren und andere Freiwillige stellten die Opfer des Unglücks dar. "Die Komparsen wurden bereits zwei Stunden vor Beginn des Trainings geschminkt", sagte Otto Heydasch. "Der Unfall sollte so realistisch wie möglich aussehen." Die Betroffenen wurden an einer sogenannten Verletztensammelstelle von den Rettungskräften versorgt. Mitwirken durften auch Céline und Veronika. Die beiden Zehnjährigen waren mit ihrer Befreiung aus dem Fahrzeug zufrieden. "Die Übung hat mir gut gefallen", sagte Céline, die sich zusammen mit ihrer Freundin in eine goldfarbene Wärmefolie kuschelte. Veronika ergänzte: "Die Helfer haben uns ganz schnell aus dem Bus gerettet."

Nicht alle an dem fiktiven Unfall Beteiligten hatten so viel Glück wie die beiden Mädchen. "Zwei Personen, die von Puppen dargestellt wurden, sind verstorben", sagte Heydasch. "Das gehört leider auch dazu." Sven-Arne Werner erklärte: "Wir simulieren bei dieser Übung eine außergewöhnliche Lage. Dabei muss man manchmal Entscheidungen treffen, die nicht leicht sind." Dazu gehöre auch, festzulegen, welcher der Verletzten zuerst zu versorgen sei. Werner: "Todesfälle können in solchen Situationen leider nicht immer verhindert werden."

Bis 18 Uhr dauerte die Übung. Bei der anschließenden Besprechung waren der Einsatzleiter und Wehrführer der Bargteheider Feuerwehr, Wolfgang Schramm, und alle Beteiligten zufrieden mit dem Verlauf des simulierten Einsatzes. "Die Übung hat alle Erwartungen in den Schatten gestellt", sagte Otto Heydasch. Die Rettungskräfte seien gut aufgestellt gewesen und hätten die Situation sehr professionell gemeistert. "Zwar sind einige kleinere Fehler unterlaufen, aber dafür üben wir schließlich." Die Übung sei eine bisher einzigartige Gelegenheit gewesen, einen solchen Einsatz nachzustellen. Das sei in Stormarn besonders wichtig, da einige der Wehren, wie zum Beispiel die Freiwillige Feuerwehr Hammoor, auch für Teile der Autobahn mit verantwortlich sind. Heydasch:"Insbesondere auf den Autobahnen kann so ein gestelltes Szenario schnell mal zur Wirklichkeit werden."