Die beiden 13 Jahre alten Ahrensburger Schüler Ole und Jonas fahren mit dem Verein Copilul nach Rumänien, um Kindern zu helfen.

Ahrensburg. Och, nee, aufgeregt sind sie nicht, denn sie sind 13 Jahre alt und mit 13 ist man nicht aufgeregt, sondern schon ziemlich erwachsen. Dabei fahren Ole und Jonas für zehn Tage nach Rumänien, ohne Eltern, ohne Großeltern, ohne Klassenlehrer, ohne Rumänischkenntnisse. "Das Wort Prost heißt irgendwas schlimmes", sagt Ole. Das hätte jemand gesagt, den er kennengelernt hatte auf einer Fahrradtour mit seiner Familie von Prag nach Magdeburg. Was es genau heißt, weiß er nicht. Aber dafür ist ja Achim Keßler-Binder dabei. Er ist Vorsitzender und Mitbegründer des Vereins Copilul, das ist - Achtung, Ole und Jonas - ein rumänisches Wort und bedeutet " Kind".

Copilul unterstützt seit 1994 Kinder in Fogarasch, einer rumänischen Kleinstadt in Siebenbürgen. Mindestens einmal im Jahr fahren Mitglieder des Vereins nach Fogarasch. So auch am heutigen Freitag. Und dieses Mal sind Ole und Jonas dabei. Die beiden Jungs sind Schüler der Heimgartenschule Ahrensburg, einer Unesco-Projektschule. An diesen werden Themen wie Menschenrechte, Umweltschutz und Toleranz im Unterricht behandelt und durch Projekte vermittelt.

Die Heimgartenschüler sammeln in jedem Jahr Geld beim Unesco-Lauf, jeder Schüler sucht sich Sponsoren, die pro gelaufener Runde einen bestimmten Betrag zahlen. Was mit dem Geld geschieht, entscheiden die Schüler. So wurden bislang etwa die Äthiopienhilfe Menschen für Menschen und ein Ronald-McDonald-Haus für krebskranke Kinder unterstützt. Auch an Copilul gehen Spenden.

Jedes Jahr entscheiden die Schülervertreter wieder neu, für wen die Runden gelaufen werden. Schülerbotschafter stellen die möglichen Projekte und Vereine den anderen Schülern vor. Und dafür informieren sie sich vor Ort, in Japan oder Nairobi.

Oder, so wie Ole und Jonas in den kommenden zehn Tagen, in Rumänien. "Wenn wir den Leuten erzählen, wie es da wirklich ist, bekommen wir vielleicht mehr Geld. Man kann das dann besser rüber bringen", sagt Ole. Eine PowerPoint-Präsentation soll beim Rüberbringen helfen. Ole wird Fotos machen und Jonas will während der Fahrt die Erlebnisse aufschreiben. "Außerdem wird die Reise bestimmt lustig." Das wünschen sich beide.

Die Unesco-Koordinatorin der Gemeinschaftsschule Am Heimgarten, Kathrin Peters, findet die beiden "mutig". Denn immerhin kennen sie die sechs anderen Mitfahrer nicht besonders gut. "Aber es haben sich alle getroffen, um Fragen zu klären: Eltern, das Team von Copilul, Jonas und Ole. Außerdem sind schon einmal Zwölftklässler mit nach Rumänien gefahren, um sich umzuschauen", sagt Peters. Gerade haben dort 23 Schüler einer Hamburger Fachschule für Sozialpädagogik Spielplätze gebaut. "Auf der Seilbahn könnt ihr fahren", sagt Achim Keßler-Binder.

Wenn man das denn mit 13 noch tut. Aber erst mal wird ohnehin Auto gefahren, drei Tage lang, etwa 2000 Kilometer, mit Übernachtungen in Österreich und Ungarn. Die Gruppe fährt mit zwei Autos, beide sind Leihgaben von "Auto Bild". Eines davon besichtigt sozusagen die Heimat, es ist ein Dacia, ein rumänisches Fabrikat. In diesem werden Ole und Jonas sitzen, Achim Keßler-Binder und zwei Frauen. Die eine hat sieben, die andere zwei eigene Kinder. "Das werden die Reisemütter", sagt Keßler-Binder. Zusätzlich haben die Leute von Copilul je eine kleine Kladde für Ole und Jonas vorbereitet, da stehen rumänische Worte drin, "Copilul" wahrscheinlich, "Prost" wahrscheinlich nicht. Wer trotzdem wissen möchte, was es heißt: Es bedeutet soviel wie blöd, schlecht.

In die Kladde ist noch eine Karte geklebt und ziemlich viel Platz für Notizen. Denn festzuhalten gibt es sicherlich viel. "So eine Reise kann lebensverändernd sein", sagt Kathrin Peters. Inwieweit das für Ole und Jonas zutrifft, werden sie dann wohl in zehn Tagen zumindest vermuten können.

Für Achim Keßler-Binder stimmt die Aussage. Er wurde durch Berichte im Fernsehen auf das Elend der Kinder in rumänischen Heimen aufmerksam. Als er dann 1990 selbst dort hin reiste, lernte er ein behindertes Kind in einer Klinik in Fogarasch kennen. Achim Keßler-Binder und seine Frau Renate Binder haben den heute 22 Jahre alten Benjamin Mugurel Binder adoptiert.