Bürger fordern eine deutliche Ausweitung der Fragestunde bei Gremiensitzungen. Politiker befürchten jedoch Endlosdiskussionen.

Ahrensburg. Ahrensburger Bürger fordern deutlich mehr Mitspracherecht in den politischen Gremien. Eine Redezeit von maximal 30 Minuten zu Beginn einer jeden Sitzung, wie es heute in der Schlossstadt und in vielen weiteren Kommunen Gang und Gäbe ist, reicht ihnen nicht aus. Am kommenden Montag befasst sich nun eines dieser Gremien, der Hauptausschuss, mit dem Thema. Zur Diskussion steht eine Änderung der Geschäftsordnung der Stadt, in deren Paragraf 27 die Einwohnerfragestunde in ihrer derzeit gültigen Ausgestaltung geregelt ist. Dass die Politiker ihm folgen werden, erscheint schon zum jetzigen Zeitpunkt unwahrscheinlich. Der Widerstand ist offenbar quer durch alle Fraktionen groß.

Die Initiative geht auf die Einwohnerversammlung im Sommer zurück, auf einen Antrag von Brigitte Krogmann aus dem Stadtteil Hagen; er hatte eine Mehrheit in den Reihen der seinerzeit knapp 50 anwesenden Ahrensburger gefunden. Krogmann fordert: Nicht nur zu Beginn einer Sitzung, sondern auch vor jedem einzelnen Tagesordnungspunkt sollen sich Bürger äußern können. Als Zeitrahmen dafür schlägt sie 15 bis 30 Minuten vor, auf Antrag und nach Beschluss des Gremiums solle die Zeit um weitere 15 oder 30 Minuten verlängert werden.

Krogmann ist überzeugt davon, dass eine derartige Regelung das Verständnis der Bürger für politische Entscheidungen erhöhen würde: "In der Vergangenheit hat sich häufig gezeigt, dass nach Präsentationen von Experten und Fachleuten einfache Verständnisfragen oder Fragen zum Inhalt von Bürgern nicht gestellt werden durften", heißt es in ihrem Antrag. Und: "Somit wurde die große Chance vertan, Missverständnisse und dergleichen sofort auszuräumen und folglich Frontenverhärtungen zu vermeiden."

Verwaltung und Politik stehen dem Vorstoß nicht sehr aufgeschlossen gegenüber. "Die bisherige Regelung in Paragraf 27 der Geschäftsordnung wird beibehalten" - so die Handlungsempfehlung aus dem Rathaus an die Politik. Eine Prüfung der Rechtslage hat zwar ergeben, dass die Gemeindeordnung eine Ausweitung der Einwohnerfragestunde zulassen würde. Dennoch warnt Bürgermeister Michael Sarach in seiner Vorlage: "Die Stadtverordneten haben die Gesamtinteressen - und nicht nur die der anwesenden Bürgerinnen und Bürger - zu berücksichtigen und zu vertreten." Der reibungslose Ablauf der Sitzungen müsse gewährleistet werden, außerdem sei eine übermäßige Einflussnahme auf die Willensbildung der Stadtverordneten auszuschließen.

Überflüssig und allein schon aus Zeitgründen nicht praktikabel: die Hauptargumente derer, um deren ehrenamtliche Arbeit es geht - die Politiker. "Das Problem ist die Zeit", sagt etwa SPD-Fraktionschefin Petra Wilmer. "Ich möchte auch irgendwann mal nach Hause, ich muss schließlich am nächsten Tag wieder arbeiten." Schon heute gelinge es oft kaum, als Sitzungsschluss die 23-Uhr-Marke zu halten. "Wie lange sollen wir denn dann tagen?", fragt Grünen-Fraktionschefin Monja Löwer. Ähnlich äußert sich Thomas Bellizzi, Fraktionschef der FDP: "Wenn dieser Vorschlag auch nur teilweise so umgesetzt würde, müssten wir künftig jede Woche tagen. Oder bis weit nach Mitternacht."

In Stunden ausgedrückt, könnte Brigitte Krogmanns Vorschlag bedeuten: Stünden bei einer Sitzung beispielsweise zehn Punkte auf der Tagesordnung, und hätten Bürger zu jedem davon etwas beizutragen, so verlängerte das die Sitzung im günstigsten Fall (15 Minuten Fragestunde vor jedem Tagesordnungspunkt) um zweieinhalb Stunden, im ungünstigsten (zweimal 30 Minuten) um zehn Stunden.

Das gehe nicht, meint auch Bürgervorsteher Werner Bandick (CDU): "Die meisten von uns sind berufstätig", sagt er, "spät abends ist irgendwann die Konzentration zu Ende. Dann können wir nicht mehr." Er befürchtet, dass irgendwann die Entscheidungsfindung zum Stillstand kommen könnte, wenn stundenlang diskutiert werde. Auch Thomas Bellizzi sagt: "Wenn wir nicht nur innerhalb der Gremien diskutieren, sondern auch noch mit den Bürgern, kämen wir zu gar keinen Entscheidungen mehr."

Bellizzi betont, dass alle Fragen der Bürger auch außerhalb einer Fragestunde geklärt werden könnten. Er sagt: "Jeder kann sich an die Verwaltung oder an die Fraktionen wenden." Auch Monja Löwer und Werner Bandick betonen, dass sich jeder Ahrensburger jederzeit an die politischen Parteien wenden könne.

Hinrich Schmick, Fraktionschef der Wählergemeinschaft WAB, würde sich wünschen, dass sich mehr Menschen aktiv in der Politik engagierten. "Aber die Bürgerfragestunde", sagt er, "das ist ja nur ein Frage-Antwort-Spiel einiger weniger." Bürgervorsteher Bandick: "Es sind meistens immer dieselben, die sich melden, um ihre persönlichen Interessen vorzubringen." Das Gros der Ahrensburger, da ist er sich sicher, vertraue der Arbeit von Verwaltung und ehrenamtlicher Politik.