Norderstedter KBA stellt Betrieb des Notarzteinsatzhubschraubers vorläufig ein und wirft den Krankenkassen “arrogante Ignoranz“ vor

Bad Oldesloe. Auf der Internetseite der Norderstedter Hilfsorganisation KBA ist zu lesen, der Notarzteinsatzhubschrauber (NEH) sei täglich von 8 Uhr bis Sonnenuntergang im Einsatz. Tatsächlich steht die Maschine seit mehreren Tagen am Boden. Nach rund 60 Einsätzen hat der KBA den für drei Monate geplanten Probebetrieb beendet. "Sozusagen ein Luftholpause", sagt KBA-Geschäftsführer Michael Vollmer. Zwar hält er den Einsatz des fliegenden Notarztteams von Kuno SH 01 für einen Erfolg. Doch den Hubschrauber allein für den Kreis Segeberg bereitzuhalten, mache keinen Sinn, sagt Vollmer.

"Wir wollen das bestehende System ergänzen", sagt der KBA-Chef

Doch nur dort ist Kuno zum Einsatz gekommen. Eigentlich war er als schneller Notarztzubringer für Schleswig-Holstein, das nördliche Niedersachsen und das westliche Mecklenburg-Vorpommern gedacht. Er sollte bei lebensbedrohlichen Erkrankungen und Verletzungen immer dann einspringen, wenn die notärztliche Versorgung per Zubringer mit einem Auto nicht rechtzeitig gewährleistet war (wir berichteten). Kuno war der erste NEH in Schleswig-Holstein und der zweite bundesweit. "Wir wollen das bestehende System ergänzen", sagt Vollmer.

Dass Kuno nicht wie geplant eingesetzt werden kann, wirft Vollmer den Krankenkassen vor. Mit "arroganter Ignoranz" hätten sie sich allen Gesprächen über den Notarztflieger verweigert. Bislang habe der KBA die Einsätze mithilfe von Sponsoren vorfinanziert und keinen einzigen Flug mit den Kassen abgerechnet. Doch das will der KBA-Chef jetzt nachholen.

Außerdem sei dem Hubschrauber zum Verhängnis geworden, dass sämtliche Rettungsleitstellen im Norden eine Alarmierung konsequent verweigert hätten. Die Rettungsleitstelle Süd in Bad Oldesloe allerdings rief Kuno einmal - nach Siek (wir berichteten). Der Einsatz wurde allerdings vorzeitig abgebrochen, als wieder ein Notarztauto zur Verfügung stand; im Endeffekt wurde gar kein Notarzt benötigt.

Einzig die Leitstelle Holstein in Norderstedt, die für den Kreis Segeberg die 112-Notrufe entgegennimmt, alarmierte den Helikopter regelmäßig. Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote hatte diese Regelung gegen den Widerstand der Kreisverwaltung durchgesetzt. "Kuno hat die Spitzen abgedeckt, die wir in jedem Rettungsdienst haben", sagt Norderstedts Leitstellen- und Feuerwehrchef Joachim Seyferth. "Ich halte das für eine sinnvolle Ergänzung." Der NEH sei immer dann gerufen worden, wenn er schneller am Einsatzort eintreffen konnte als der Notarzt, der mit einem Auto anrückt, oder wenn keiner in der Nähe verfügbar war.

Wie schnell ein Notarzt am Unglücksort eintreffen muss, ist gesetzlich nicht festgelegt. Rettungsfachleute sind sich jedoch einig, dass der Mediziner möglichst umgehend dem Patienten helfen muss, um den Erfolg der Behandlung zu gewährleisten und um Spätfolgen zu vermeiden.

Die AOK Nordwest hält das bestehende Rettungssystem in Schleswig-Holstein für ausreichend und den KBA-Hubschrauber für überflüssig. "Die vorhandenen Strukturen entsprechen den vorhandenen Normen und sind vollkommen ausreichend", sagt AOK-Sprecher Jens Kuschel. "Es kann und darf nicht sein, dass sich Betreiber von Notarzt-Hubschraubern oder anderen Rettungsmitteln ohne vertragliche Grundlage und ohne vorhandenen Bedarf niederlassen." Damit würden Fakten geschaffen und in der Konsequenz Kosten ausgelöst, die am Ende allein vom Steuer- oder Beitragszahler getragen werden sollen. Auch der Verband der Ersatzkassen (vdek) lehnt den Einsatz ab.

Dreimonatiger Probebetrieb soll wissenschaftlich ausgewertet werden

Vollmer fordert jetzt politische Entscheidungen. Dass Kuno in einem vergleichsweise gut versorgten Gebiet wie Segeberg 60-mal gerufen worden sei, belege den Bedarf, der in Flächenkreisen wie Dithmarschen und Nordfriesland vermutlich noch größer sei.

Der KBA-Chef will den dreimonatigen Einsatz von einem Wissenschaftler auswerten lassen und Gespräche mit dem Land führen. Sein Ziel: Kuno soll ein Jahr landesweit fliegen. "Danach kann jeder mit Gewissheit sagen, ob das Projekt gut oder schlecht ist."