Eine Studie der DAK zeigt, dass fast jeder fünfte Lehrer mit der Frühpensionierung rechnet. Schulleiter beklagt fehlende Wertschätzung.

Ahrensburg. Sind Deutschlands Lehrer ausgebrannt? Eine Studie der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) hat jetzt ergeben: "Fast jeder Fünfte" glaubt, dass er wegen seiner angeschlagenen Gesundheit vorzeitig in den Ruhestand gehen muss. Rund 1300 Pädagogen hat die Leuphana-Universität in Lüneburg im Auftrag der DAK über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg befragt. Ergebnis: Nur 41 Prozent waren sich sicher, bis zur Pensionsgrenze arbeiten zu können, 44 Prozent hatten in diesem Punkt Zweifel. 16 Prozent sagten: Nein, das schaffe ich nicht.

Hartmut Johann, 60, ist einer von denen, die Zweifel haben. Weniger wegen der Arbeitsbelastung als vielmehr wegen seines Alters. Da ist Gesundheit nicht immer selbstverständlich, und wie lange was noch möglich ist, ist einer Fülle von Zufällen unterworfen. Also wird man vorsichtig mit Prognosen.

Seit mehr als 40 Jahren versucht Johann, Schüler klüger zu machen. 15 Jahre lang hat er an der Otto-Hahn-Schule in Hamburg-Jenfeld gearbeitet, dann wurde er Gründungsschulleiter der Barsbütteler Gesamtschule, die mittlerweile Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule heißt. Spaß macht es ihm immer noch. Aber acht Stunden pro Woche Unterricht, dazu die Schulleiteraufgaben: Das kann schon schlauchen.

Johann, der mit der Gabe eines gesundheitsfördernden Humors ausgestattet ist, nervt vor allem eines: "Die Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte in Schleswig-Holstein haben sich in den vergangenen Jahren stetig verschlechtert, es fehlt einfach an der Wertschätzung durch den Arbeitgeber." Weihnachtsgeld gestrichen, Stunden erhöht, immer neue Erlasse und Bestimmungen, mit denen das Ministerium die Schulen überflutet: Die Arbeitszufriedenheit ist massiv gesunken, findet Hartmut Johann.

In den Chor derer, die finden, dass die Schüler immer schwerer zu unterrichten seien, mag er nicht einstimmen. "Ich glaube jedenfalls nicht, dass sich da an unserer Schule so viel verändert hat", sagt er. Gestiegen seien allerdings die Ansprüche an die Pädagogen. Frontalunterricht gebe es nicht mehr, der Lehrer müsse nun "Lerncoach" sein, der den Schülern beibringe, sich selbstständig Wissen anzueignen.

Es ist schon ein Unterschied, ob man sein Wissen ausbreitet oder andere fürs Lernen zu begeistern vermag. Und offenbar haben Gesamt- oder Gemeinschaftsschullehrer diese Wende besonders gut geschafft. Jedenfalls zeigt die DAK-Studie auch, dass gerade sie besonders großes Vertrauen in ihre Gesundheit haben. 50,3 Prozent glauben, bis zur Pensionsgrenze arbeiten zu können. Grundschullehrer sind laut Studie besonders stark überarbeitet. Hier rechnen nur 17,9 Prozent der Befragten damit, die Pensionsgrenze zu erreichen.

Nun ist die Selbsteinschätzung der Pädagogen eine Sache, die Realität aber eine andere. Das Statistische Bundesamt berichtet, dass die Zahl der Beamtenpensionierungen wegen Dienstunfähigkeit stark rückläufig ist. In einer Veröffentlichung aus dem vergangenen Jahr heißt es: "Während im Jahr 2000 noch 64 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand gingen, waren es 2009 nur noch 22 Prozent".

Damit liegt die Zahl auch nicht viel höher als in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes, zum Beispiel bei den Verwaltungsbeamten der Gemeinden. Tatsächlich erreichen verbeamtete Lehrer immer öfter die Regelaltersgrenze von 65 Jahren. 2001 waren es nur 9 Prozent, 2009 schon 41 Prozent.

Also alles gar nicht so schlimm? Es hängt wohl vieles von der persönlichen Einordnung ab. "Manche Lehrer stecken den Stress weg, andere nehmen ihn mit nach Hause", sagt Hartmut Johann. Laut DAK-Studie sind es insbesondere die Frauen, die schlecht abschalten können. Johann glaubt, dass die Unterrichtsgestaltung helfen könnte, den Stress zu reduzieren. An seiner Schule läuft gerade ein zweijähriges didaktisches Training, welches das staatliche Institut für Lehrerfortbildung anbietet. Gemeinsam mit drei Trainern wird analysiert, wie man den Unterricht verbessern kann. Da geht es auch um ganz einfache Dinge, die üblicherweise jeder Lehrer allein für sich am Schreibtisch erledigt - zum Beispiel darum, ob die Aufgabenstellung verständlich und widerspruchsfrei formuliert ist. "Ich verspreche mir von dem Training mehr Arbeitszufriedenheit. Das erste Jahr ist um, wir sind jetzt gewissermaßen im zweiten Lehrjahr", sagt Hartmut Johann - und lacht.