Der Oststeinbeker Bürgervorsteher tritt zurück. Kritik an Martina Denecke und ihrer Amtsführung kommt auch von Vereinen und der Wehr.

Oststeinbek. Oststeinbeks neuer Bürgermeisterin weht nach rund 150 Tagen im Amt ein scharfer Wind entgegen. Mit harscher Kritik an der Amtsführung von Martina Denecke trat am Montag im Gemeinderat überraschend Bürgervorsteher Gerhard Bülow zurück. Der 74-jährige führte zwar auch gesundheitliche Gründe für seine Entscheidung an, ließ aber keinen Zweifel daran, dass die Zusammenarbeit mit der neuen Verwaltungschefin ausschlaggebend war. "Ich vermisse bei Martina Denecke menschliches Geschick, Fingerspitzengefühl und Führungsqualitäten. Zu einem Bürgermeisteramt gehört mehr", sagte er.

Auch aus den Reihen der Vereine und Interessengruppen häuft sich die Kritik. So klagten zuletzt nicht nur viele Eltern, sondern auch die Feuerwehr, der Oststeinbeker Sportverein und der Kulturring über zu viele Reglementierungen durch das Rathaus. Der Kulturring habe seine Plakate nicht mehr aufhängen dürfen, die Feuerwehr sei gerügt worden, weil sie ihren teuren Einsatzwagen für ein Kinderfest nutzen wollte, und der OSV muss mit neuen Hallenschließzeiten zurechtkommen. Von vielen Seiten ist hinter vorgehaltener Hand zu hören: Martina Denecke handele stur nach Paragrafen und stoße die Menschen vor den Kopf. Auch die Stimmung im Rathaus soll sich deutlich verschlechtert haben, weil die Bürgermeisterin alles kontrollieren und selbst entscheiden wolle.

Eine solche Situation habe er in den letzten 40 Jahren und bei vier Bürgermeistern noch nicht erlebt, sagte Gerhard Bülow am Montag. Ständig habe er "die Leute an der Strippe" gehabt - aus den Vereinen, der Wehr und aus der Verwaltung. "Ich bin jetzt 74 Jahre alt und muss es mir nicht mehr antun, mich zu ärgern", sagte der CDU-Politiker unter dem Applaus der Zuhörer. Er warnte vor einer Überregulierung Oststeinbeks. Bülow war elf Jahre lang Bürgervorsteher und hat die Geschicke des Ortes seit 40 Jahre mitbestimmt. "Ich will nicht verhehlen, dass es zwischen mir und der Bürgermeisterin unterschiedliche Auffassungen gegeben hat", sagte er.

Martina Denecke erwiderte, sie bedauere seinen Rückzug. Sie habe auf die Zusammenarbeit mit Bülow gebaut. Auf die Frage eines Einwohners, ob sie wisse, dass im Ort schon Wetten abgeschlossen würden, wann sie ihren Stuhl räumen werde, sagte sie: "Mein Name ist Denecke und nicht Mentzel. Ich mache Dinge anders als mein Amtsvorgänger." In Oststeinbek seien bisher viele Dinge passiert, die keine Grundlage gehabt hätten. Deshalb hätten auch die Hallenöffnungszeiten für den OSV überarbeitet werden müssen. "Die Bürgermeisterin ist dazu da, um zu widersprechen, wenn übergeordnete Vorschriften verletzt werden", sagte sie.

Die OSV-Volleyballer, die sonnabends ihre Punktspiele veranstalten, müssen jetzt die Sporthalle um 21.30 Uhr räumen, damit ab 22 Uhr Ruhe auf den Parkplatz herrscht. Der Vorsitzende des Bauausschusses, Axel Soltysiak (CDU), sprang Martina Denecke bei. Würde die Gemeinde die Hallenzeiten nicht einschränken, müsste sie per Lärmschutzgutachten nachweisen, dass niemand gestört werde, sagte er.

Die gehäufte Kritik an der Verwaltungschefin hatte in den vergangenen Wochen bereits zu mehreren Krisensitzung der Fraktionsvorsitzenden mit der neuen Bürgermeisterin geführt. Auch die CDU, die Martina Denecke bei der Wahl unterstützte, tut sich mittlerweile schwer mit ihr. In Parteikreisen heißt es, sachlich sei Denecke zwar nichts vorzuwerfen, aber es mangele ihr an Diplomatie und kommunikativen Fähigkeiten. "Wir sind an einem Punkt, wo wir alle sagen: Das kann so nicht weitergehen", sagt CDU-Ortschef Hans-Joachim Winter. Dennoch will er die Hoffnung auf eine Wende zum Besseren noch nicht aufgegeben: "Wir müssen miteinander auskommen, und wir wollen auch miteinander auskommen."

Ähnlich sieht es auch SPD-Fraktionschefin Irene Kastner: "Wir alle bemühen uns sehr, die Balance zu halten, und wir haben alle das gleiche Bestreben. Es soll für den Ort eine Zufriedenheit erhalten bleiben." Es sei an sich nichts Schlechtes, Dinge zu verändern, dies sollte jedoch im Dialog mit den Betroffenen passieren. So habe Denecke zum Beispiel über die Sporthallen-Schließungszeiten ganz viel recherchiert, aber eben nicht mit dem Leiter der Volleyball-Abteilung gesprochen.

Der Nachfolger von Gerhard Bülow soll im November neu gewählt werden. Das Vorschlagsrecht hat die CDU-Fraktion. Als aussichtsreicher Kandidat gilt Hendrik Maier. Der 29-jährige Soldat und Gemeindevertreter ist Vorsitzender des Finanz- und Wirtschaftsausschuss und Mitglied im Bau- und Umweltausschuss. Als Gemeindevertreter rückt Sebastian Bünger für Gerhard Bülow nach.